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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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Verfasst am:
14.10.2004, 01:16 |
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| [NETZ]KULTUR | | Aktuell | 14. Oktober 2004 |
| | | RESIDENT EVIL: APOKALYPSE Warum hat Milla keinen Sex?Von Burkhard Schröder |
Ein geheimes Experiment. Ein tödliches Virus. Ein fataler Fehler. Das Übliche eben. Mein Name ist Burks und ich erinnere mich an alles. Heute nacht war ich, in angenehmer weiblicher Begleitung, in Resident Evil: Apocalypse. Starring: Milla Jovovitch, die Jeanne d'arc des Science Fiction-Films und des dazugehörigen Computerspiels.
Die Kinokritik reduziert den Plot und das Ambiente zutreffend: Explosionen, Munitionshagel, sprühender Glasregen, Unterbeleuchtung, Schnellschnitt, Nahaufnahmen, Techno-Wummern und verwackelte Bilder. Dazu jede Menge Zombies, ein paar blutige Bluthunde, die sich wohl aus der ersten Version in die zweite verlaufen haben, die obligatorische leichte Bekleidung bei den Damen. Wer keinen Minirock trägt, wird schnell aufgefressen. Ein Mädchen, das gerettet werden muss (die Alien-Saga und Sigurney Weaver lassen grüßen), ein genialer Wissenschaftler im Rollstuhl (Steven Hawking lässt grüßen).
Charaktere wie im Comic. Quod erat demonstrandum. Nicht der Film zum Buch, sondern zum Spiel. Merchandising verspricht mehr als die Einnahmen aus den Kinokassen. Somit wäre die Sinnfrage geklärt, wozu das alle gut sei und was uns der Künstler damit sagen will. Milla hat keinen Sex, weil das im Computerspiel nicht jugendfrei wäre. Der Künstler will Kommerz, und alles andere ist im Kapitalismus nur unnützes Brimborium.
Worauf sollte der zynische Intellektuelle mit humanistischer Vorbildung achten? Auf die Gender-Frage, ungeachtet der sexuellen Orientierung des Rezipienten. Ergo: warum ist Milla so, wie sie ist - und nicht anders? Starke Frauen mit männlichen Attributen (Muskeln, Waffen) haben im Film selten Sex. Vergleiche Linda Hamilton alias Sarah Connor in Terminator II und zahlreiche andere Beispiele - wie Lara Croft. Es ist wie im wirklichen Leben: die Herren trauen sich nicht so recht. Oder, falls die Heldin wie Carrie-Anne Moss in Matrix gleichberechtig herumballert: es gibt immer noch einen Mann, der noch besser mit Muskeln und Waffen umgehen kann.
Der Körper ist selbstredend sozialer Code. Das war er immer. Der muskulöse Körper panzert den Charakter in einer Welt, in der sich soziale Grenzen nicht mehr glaubhaft als dauerhaft darstellen lassen. Es gibt nichts unerotischeres als Cheerleader. Der rhythmische und halb nackte Tanz alias Love Parade als protestantisches und dementsprechend verschämtes Zitat der dionysischen Orgie.
Johanna von Orleans, passend wieder mit Milla, ist konsequenter: starke Heldinnen sind am besten, wenn sie am Schluss leiden müssen. Alexander Kluge: "Im dritten Akt wird immer eine Frau geopfert." Dem Publikum soll schließlich nichts Ungewohntes oder Irritierendes begegnen. Das kommt von das, würde Wilhelm Busch hinzufügen.
Man wundert sich über die mangelnde Phantasie der Filmemacher. Die Emanze kommt über den Girlie-Status einfach nicht hinaus. Immerhin guckt Milla anders aus der wenigen Wäsche als Heike Makatsch. Wenn Blicke töten könnten. Aber das ist auch schlecht für die Herren: dann gäbe es schon wieder keinen Sex.
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BURKS ONLINE 14.10.2004 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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