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Verfasst am:
05.08.2004, 14:09 |
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| [NETZ]KULTUR | | Aktuell | 05. August 2004 |
| | | DAS DENIC IN DER KRITIK sieg-heil.de, DENICVon Burkhard Schröder |
Dieser Artikel erschien in kürzerer Form am am 29.07.2004 bei Telepolis unter der Überschrift "Sieg-heil.de, DENIC und shoa.de". Mittlerweile haben sich neue Erkenntnisse ergeben, die ein Update erfordern.
Der Gruß "Sieg Heil" ist verboten. Die gleichnamige Domain auch, es sei denn, sie steht in einem Ambiente, das der staatsbürgerlichen Aufklärung dient. In einer Pressemeldung von jugendschutz.net heisst es, die zentrale Registrierungsstelle DENIC sei gegen die "unzulässige Website" sieg-heil.de vorgegangen "und leitet Besucher inzwischen auf das Aufklärungsangebot von shoa.de um." An dieser Meldung ist vieles strittig. Das DENIC gibt offenbar bestimmte Domains an einen Verein weiter, dessen Reputation zumindest angezweifelt wird.
Die Domain "sieg-heil.de" gehörte der linken Schweriner Initiative "FuFa Network", die auch nazis-raus.de besitzt. FuFa steht für "Fuck Fascism" Die Gruppe informiert online über Rechtsextremismus. Das Fufa schreibt in einer Stellungnahme: "Wichtig ist hierbei die Betrachtung der Vorgeschichte der Internet-Adresse www.sieg-heil.de, welche, zusammen mit www.nazis-raus.de, auf das Online-Projekt "nazis raus", eine Informations- und Aufklärungsseite zum Thema Rechtsextremismus, bis Anfang des Jahres 2004 leitete. Nachdem von den ehemaligen Administratoren schon zuvor vergeblich versucht worden war, jene Domains separat über das Auktionshaus eBay.de zu verkaufen, da kein Interesse mehr an einer Fortführung der Webseiten bestand, meldeten wir uns vom Schweriner Netzwerk FuFa als Interessenten an einer günstigen Übernahme der Adresse www.nazis-raus.de, die dann auch erfolgreich stattfinden konnte. Was jedoch mit der sieg-heil.de zu dieser Zeit geschah, ist uns nicht bekannt; allein sicher ist, dass wir diese nicht zusammen mit der anderen gekauft haben.
Offenbar auch zum Erstaunen des Domain-Inhabers, dem die sieg-heil.de damals noch gehörte, leitete diese plötzlich und unerwartet auf das Projekt shoa.de um, ohne dass darüber ein Wort verloren worden war. Näheres ist jedoch über uns nicht zu erfahren, da nicht bekannt. Mittlerweile taucht der Name des Ex-Besitzers beider Web-Adressen auch in keiner DENIC-Eintragung mehr auf."
Eine etwas aufwändigere Recherche hat ergeben: Im Jahr 2003 hat der Inhaber der Domain sieg-heil.de versucht, diese zu verkaufen. Das gelang: Käufer wurde Tobias Huch von erodata.de. Huch schreibt, er habe damals einen KK-Antrag gestellt. "Jedoch hat der Provider den nicht durchgeführt. Ziemlich ärgerliche Angelegenheit."
Demnach ist der Besitzwechsel nicht vollzogen worden, und der alte Inhaber besaß die Domain immer noch. Sieg-heil.de wurde bei Freecity kostenlos gehostet. Als man dort plötzlich Geld für die Domain verlangte, hat die Inhaber gekündigt. Sieg-heil.de war also damen- bzw. herrenlos. Bei archive.org stammt der letzte Eintrag vom 09. Juli 2003.
Die DENIC hat die Domain dann nach einem Hinweis von jugendschutz.net "gekündigt", will aber nicht verraten, wer sie vorher besessen hat. Laut Auskunft Dr. Klaus Herzigs, des Pressesprechers der DENIC, habe die Rechtsabteilung die Website überprüft. Dort seien keine Inhalte zu finden gewesen, die es gerechtfertigt hätten, trotz des verbotenen Namens von "Aufklärung" zu sprechen.
Herzig wandte sich im Juni an Stefan Mannes, den Vereinsvorsitzenden von shoa.de und fragte an, ob der Verein die Domain übernehmen wollen. Die Domain ist also nicht "umgeleitet", sondern normal vergeben worden. Der Inhalt die Pressemeldung von jugendschutz.net ist daher teilweise schlicht falsch, wenn nicht gar frei erfunden.
Das ist offenbar langjährige Praxis: der Kontakt zwischen dem DENIC und der Verein shoa.de wurde vor vier Jahren geknüpft, als der Provider Strato die Domain adolf-hitler.de auf Initiative des DENIC vom Netz nehmen musste. Auch damals argumentierte man, die Domain sei "offensichtlich strafrechtswidrig". Adolf-hitler.de gehört heute ebenfalls shoa.de.
Das Gebaren des DENIC, nach eigenem Ermessen Domains anzubieten, befremdet einige Mitglieder der Genossenschaft. Karsten Leipold vom Deutschen Forschungsnetz (DFN) weiß davon nichts: "Das würde mich sehr wundern." Auch Eva Fennemann, die Pressesprecherin von web.de, ist erstaunt. Konsens aller Befragten: wenn das DENIC gegen eine Domain etwas einzuwenden hätte, brauchte sie diese nur einfach nicht zu vergeben oder zu sperren.
In den Statuten des DENIC ist die Weitergabe von Domains nicht ausdrücklich vorgesehen. Das DENIC weist selbst darauf hin, dass man sich bei Inhalten, die "rechtswidrig oder jugendgefährdend" sind, an die "zuständigen Stellen" der Polizei oder an die Beschwerdestelle der Freiwillige Selbstkontrolle der Multimedia-Diensteanbieter FSM wenden solle. Warum der Verein shoa.de gegenüber anderen Projekten bevorzugt behandelt wird, kann heute niemand erklären. Klaus Herzig meint dazu: es habe kein Anlass bestanden die Seriösität zu überprüfen.
Wer steckt hinter shoa.de? Vor fünf Jahren suchte Stefan Mannes im Usenet Usenet nach "Mitstreitern" und Ideen für ein Projekt mit "einschlägigen" Domains wie der-ewige-jude.de. Mannes gehört zu einer Gruppe ehemaliger Studenten aus Freiburg, die heute noch den Kern des Vereins ausmachen: zusammen mit Jörg Georgi forschte Mannes über Geomorphologie und "Agrarwirtschaft in Südfrankreich" Mannes' Examensarbeit im Fach Geschichte handelt von "Antisemitismus im nationalsozialistischen Propagandafilm - der ewige Jude und Jud Süß".
Mannes selbst beschrieb seine damalige Website als "'wilde' Sammlung von Texten, die keinem wissenschaftlichen Anspruch genügen." Das hat sich zwar geändert, die Qualität von shoa.de und deren Autoren ist dennoch umstritten. Kritiker im Forum Geschichtswissenschaft sprachen von einer "pseudowissenschaftlichen Lachnummer" und vermissten die historische Kompetenz". "Die Geschichte von shoa.de, die Herr Mannes nun bis in das Jahr 1996 als eine Initiative von Historikern zurückführen will, ist eine hochpeinliche Story von Fehlern, Mißdeutungen, Dilettantismus, Aufschneiderei, Wichtigtuerei usw., usw. Zur Zeit versucht dieser liebenswerte Herr aus öffentlichen Kassen Geld einzuwerben, in dem er seinen "Kremersladen" als bürgerschaftliche Vereinigung verkauft." Der Flamewar in dem zitierten Forum entzündete sich an einem Verriss der Inhalte von shoa.de im "Internet-Handbuch-Geschichte". Die Beiträge wurden nach Erscheinen des Telepolis-Artikels entfernt; über die Seriösität der Aussagen eines Flamewars darf man ohnehin geteilter Meinung sein. Stefan Mannes zu diesem Thema: "Das Zitierte fand sich als Privatmeinung in einem alten Flamewar in einem NHF Forum. Aber bereits dort distanzierten sich die Moderatoren vom NHF ausdrücklich von derart diffamierenden Anschuldigungen."
Shoa.de ist ein Verein, der ausschliesslich von Mitgiedsbeiträgen und Spenden lebt. Auf der Website wurden "Partner und Sponsoren" genannt, die aber offiziell davon gar nichts wussten, zum Beispiel das Deutsche Historische Museum und das Haus für Geschichte. Die "Partnerschaft" besteht darin, dass Artikel übernommen werden dürfen. Auf Nachfrage korrigiert Stefan Mannes den "falschen Eindruck": "Die entsprechenden Kontakte gab es aber durchweg überwiegend 'nur' auf Abteilungsebene. Ich weiss deshalb nicht, ob z.B. die Pressestelle des DHM in Berlin darüber informiert ist." Den Link zum umstrittenen Zensur-Befürworter und Ex-Psychiatriepfleger Samuel Althof und seiner so genannten "Aktion Kinder des Holocaust" (AKdH) hat Mannes inzwischen entfernt. Auf den ersten Blick erscheint dass shoa.de nur als Anhängsel der Werbeagentur Kakoii, um dem entsprechenden Zweck - der Werbung - zu dienen. Mannes streitet das jedoch alles ab und betont die gute Absicht und das gut Gemeinte. Der Verein Kakoii war auch an dem Entwurf des umstrittenen Plakats beteiligt, mit dem für das Mahnmal in Berlin geworben wurde: "Den Holocaust hat es nie gegeben." Motto der Firma: "Es gilt die Ökonomie der Aufmerksamkeit!"
Das hat Stefan Mannes schon früh beherzigt - von Werbefuzzys lernen heißt eben siegen lernen alias: beachtet werden. Vor fünf Jahren war er Webmaster der Suchmaschine alphasearch.org, heute ist er immer noch der Inhaber der Domain. Anfragen wurden bis vor wenigen Tagen aber auf ein Reseller-Programm in Indonesien umgeleitet.
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