POLITIK | | Aktuell | 04. März 2004 |
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GESCHACHERE UM DAS AMT DES BUNDESPRÄSIDENTEN Wer ist eigentlich der Neue?Von Burkhard Schröder |
Köhler wird's. Nachdem das Amt des Bundespräsidenten nun doch nicht versteigert wird, wie Norbert Blüm hämisch vermutete, kann man davon ausgehen, dass der Kandidat des "bürgerlichen" Lagers der neue Bundespräsident werden wird. CDU und FDP haben im Wahlgremium die Mehrheit. Eins ist jedoch merkwürdig: alle Medien sind des Lobes voll über den in Deutschland so gut wie unbekannten Mann. Unbekannt? Stimmt nicht: er hat sich einen Namen gemacht, aber nur bei denen, die wissen, für was der Internationale Weltwährungsfonds steht und welche Politik diese Organisation macht.
Die fast 300 Medienberichte bei news.google.de berichten darüber reichlich unkritisch. (Wer etws über die Biografie Köhlers wissen will, lese die FAZ.) Der Tagesspiegel lobt Köhlers fachliche Kompetenz und andere persönliche Qualitäten. Laut der Welt möchte Horst Köhler sich in der "Reformdiskussion" einbringen.
Das machen wir in diesem kleinen Familienforum auch. Wir legen den wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern nahe, sich mit der Rolle Köhlers im Internationalen Weltwährungsfonds zu beschäftigen. Proteste gab es schon bei seiner Antrittsvorlesung als Honorarprofessor an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Tübingen. Die Stuttgarter Zeitung berichtet, das Horst Köhler sich jedoch souverän gezeigt habe. Protest gehörten zu seinem Alltag. Immerhin gab der Bundespräsident in spe zu, dass "sein" IWF einige Arme noch ärmer gemacht habe. Die berüchtigten "Strukturanpassungsprogramme", die den verschuldeten Ländern vom IWF aufoktroyiert werden, sind Kapitalismus pur - nicht der Mensch zählt, sondern der Profit. Köhler hat sich aber dafür stark gemacht, die Kriterien für diese Programme öffentlich zu machen - vorher waren sie ausgemauschelt worden.
Der IWF ist eine der so genannten Bretton Woods-Institutionen. Dazu gehören auch die Weltbank, der Weltwährungsfond und die Welthandelsorganisation. Worum es geht, beschreiben Jerry Mander und Debi Barker vom International Forum on Globalisation in einem Artikel: "Everyone should please back off and leave it to corporations, bankers and global bureaucracies to do the planning, and solve the world's problems." Der Markt alias der Kapitalismus wird es schon richten, egal wie.
Die Fakten sehen anders aus: "Clearly, poverty and inequality are rapidly accelerating everywhere on earth. A report by the United Nations (UNDP,1999) found that inequalities between rich and poor within countries, and among countries, are quickly expanding, and that the global trading and finance system is one of the primary causes."
Mehr zum IWF findet man bei Indymedia zu den Protesten igegen die IWF- und Weltbank-Tagung in Ottawa und Prag. Ob Köhler, wie Spiegel online Merkel zitiert, " Reformen und soziale Globalisierung" verkörpert, darf getrost bezweifelt werden. Er unterscheidet sich vermutlich inhaltlich nur wenig von seinem Vorgänger Rau, der viel sprach und wenig sagte. Aber eines wird sicher besser: Köhler wird nicht versuchen, die "Segnungen" des Kapitalismus für die Armen mit Bibelsprüchen abzumildern.
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