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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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BeitragVerfasst am: 03.06.2003, 00:45 Antworten mit ZitatNach oben



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Der wilde Fluss

Von Burkhard Schröder


Am 16. September 1535 schrieb der deutsche Konquistador Philipp von Hutten: "Zohen über ain grosse Refier [Fluss], Wannawanain genandt, darinnen vns ain Christ ertrunken. Den 2. Tag im Feld. Schickt der Gubernator [Gouverneur von Venezuela, hier: Georg Hohermuth von Speyer] Steffan Martin mit sechtzig zue Fueß vnd zehen Pferden, Weg zu suechen, vnd bliben wir hie ligen. Den 16. embot Steffan Martin dem Gubernator, er wartet sein ain Tagraiß von hinnen inn ainem gueten Flecken mit vil Prouiant, het 26 Indier gefangen. Fertigt der Gubernator viertzig Pferd ab, embot seinem Statthalter, so in Hacke Rigua [Acarigua] lag, er solt mit dem anderen Volck hernachkommen. Zoch er gedachten Flecken, Moßpaw [Masparro] genannt, wurden fast alle Christen krank. wie nun die Indier sahen, das vnser wenig waren, auch fast kranck, vnderstunden sy sich, vns mit Gewallt auß jrem Land zu schlahen. Kamen auff ain Morgen biß in fünff- oder sechstausent Indianer mit Geschray..."(3)

Der Bus fuhr in der Nacht von Quibor über Acarigua nach Barinas. In der staubigen Provinzstadt - es war Trockenzeit - suchte ich mir ein billiges Hotel (Bild obere Reihe, 3.v.l., im Vordergrund mein Kaffeekessel) direkt am kleinen Busbahnhof. In Barinas gab es nichts von touristischem Interesse: eine kleine Plaza (Bild obere Reihe, 2.v.l.), Geschäfte, deren Inhaber arabischer Herkunft zu sein schienen wie so oft im Westen Venezuelas. Und ein paar Banken. Ich brauchte drei Tage, um meine Dollars in venezolanischen Geld zu tauschen, weil sich die Banken weigerten, das zu tun. Man wird geduldig, wenn man in Schlangen vor südamerikanischen Bankschaltern steht... Ich musste mich erst durchfragen, eine hilfsbereite Dame in einem Reisebüro vermittelte mir eine Frau, die wohl häufig private Geldgeschäfte machte...

In der Region um Barinas wollte ich mir den Fluss Masparro ansehen, der sich aus den Anden in die weiten Ebenen, die Llanos, ergiesst und im Osten in den Apure mündet. Die Konquistadoren blieben damals am den Ausläufern der Berge stecken, viele wurden fieberkrank und starben. Doch wo war der historische "Flecken Moßpaw" alias Masparro?

Weite Teile der venezolanischen Llanos sind in der Regenzeit überschwemmt. Die historischen Orte Itabana, Moßpaw und Tharobeia, die in den Papieren des Konquistadors Philipp von Hutten erwähnt werden und die auch in meinem Roman die Konquistadoren Schauplätze des Geschehens sind, können heute nicht mehr exakt lokalisiert werden. Der Masparro war der grösste und in der Regenzeit wohl auch der gefährlichste Fluss der Region. Der auf historischen Karten noch eingezeichnete Ort lag im Dreieck Sabaneta-Barinas-Obispo. Die Konquistadoren unter Hohermuth folgten ungefähr der heutigen Eisenbahnlinie von Guanare über Barinas nach Südwesten und brauchten vier Monate - von März bis Juni 1536 - um Rio Apure, Rio Arauca und den Casanare - im heutigen Kolumbien - zu passieren.

Auf der heutigen Karte (links unten) des Bundesstaats Barinas sucht sich der Fluss zwischen Sabaneta im Norden und Barinas seinen Weg. Ein Ort Maspara östlich von Barinas, der auf historischen Karten (rechts) eingezeichnet ist, existiert heute nicht. Die Augenzeugen der Konquista wie Nikolaus Federmann und Philipp von Hutten überlieferten die Namen der Orte nur lautmalerisch. Man kann davon ausgehen, dass die historische Bezeichnung Masparro sowohl den Ort als auch den Fluss oder gar die ganze Region meinte. Eine Karte der heutigen indianischen Völker Venezuelas gibt keine Informationen darüber, ob es sich um ein Wort aus dem Arawak handelt. Vielleicht waren die kriegerischen "Indier", von denen Hutten berichtete, die Vorfahren der Guahibos, die sich heute in das Grenzgebiet zu Kolumbien zurückgezogen haben.

Ich nahm einen klapperigen Lokalbus, meine detaillierte Karte zur Hand und sagte dem Busfahrer, er möge mich an einer Brücke über den Masparro absetzen. Doch der gefährliche und reissende Fluss, in dem um 1536 mehrere Soldaten ertrunken waren, entpuppte sich als harmloses Rinnsal (Bild linke Reihe, 2.v.o.). In Sabaneta (Bild obere Reihe, 4.v.l.) redete ich mit den Taxifahrern, die sich im Zentrum des Dorfes langweilten. Der Älteste von ihnen erbot sich, für sehr wenig Geld mit mir in der Gegend herumzufahren und das Rätsel um den Masparro zu lüften. Wir tuckerten in der glühenden Hitze gemütlich in Richtung der Berge im Westen, und der alte Herr redete unentwegt auf mich ein, erzählte von seinen Kindern in den USA und welche Sorten Fische es im Masparro gebe. Und dann wurde mir klar, warum der Fluss heute keine Gefahr mehr ist: ein Staudamm! (Bild obere Reihe, rechts) Das Wasser donnerte in einem mehrere Meter dicken Strahl in die Tiefe - und das in der Trockenzeit, in der der Fluss extrem wenig Wasser führt. Man kann sich vorstellen, wie es aussehen könnte, wenn es mehrere Monate lang geregnet hat: Die Ebene östlich der Berge - der venezolanischen Anden - verwandelt sich in einen See. Und das erklärt auch, warum die Konquistadoren damals meinten, sie wären am Ufer des indischen "Südmeers" und die Molukken fast in Reichweite...

1) Martin, Estéban: Spanischer Konquistador und Hauptmann unter Ambrosius Dalfinger, war der Chronist dessen erster Entrada und unter Hohermuth. Ab 1527 in Venezuela. Sprach mehrere Sprachen der Indios. Starb Ende 1537 während der Entrada Hohermuths 1537 bei dem Versuch, einen Pass über die kolumbianische Kordilleren zu finden.
2) Acarigua: Stadt im Westen Venezuelas (Provinz Portuguesa). Bei Hutten: Hacernigua. Vor der Conquista Siedlung der Aruak-Indianer mit mehr als 20000 Einwohnern.
3) Das Gold der Neuen Welt - die Papiere des Welser Konquistadors und Generalkapitäns von Venezuela Philipp von Hutten 1534-1541 / hrsg. von Eberhard Schmitt und Friedrich Karl von Hutten, Hildburghausen 1996 

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