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 [Latinoblog 2:] Panzer, Vulkane, Marktfrauen und Schlangen Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 25.05.2003, 00:19 Antworten mit ZitatNach oben

Panzer, Vulkane, Marktfrauen und Schlangen - was wollen uns diese Fotos sagen?

So ungeordnet aus der Kiste, querbeet, wie der schriftstellerisch Ungebildete metaphorisch zu sagen pflegt. Dumm an Fotos ist es, dass sie Gefühle auslösen, die niemand sonst teilen kann. Wie bei psychotrophen Substanzen: Wird das setting wiederholt, stellen sich auch die dazu passenden Emotionen ein. Das Interesse, einige Fotos online zu stellen, ist also ein rein egoistisches: nur ich weiss, was sie wirklich bedeuten. Hier also ein ungeordnetes Latinoblog zu den ebenso ungeordneten Themen: Panzer in Nicaragua, die Würde der Marktfrau, Gewerkschaft in Mexico, Schlangen in Ecuador und Feuer und Schwefel.

[Foto obere Reihe, 1.v.l.:] Panama City - irgendwann kurz vor Silvester 1982. Ein verloren scheinender Vogel, der sich gegen den Wind nach oben treiben lässt, vor dem Regen, der am Horizont sich schon ins Meer ergiesst. Die einsamen Lampen gegen die geschwungenen Wolken - ein sehr schönes Foto, das beinahe düster wirkte, wenn da nicht der Vogel wäre und die Lampen, die hoffen lassen, dass es wieder hell wird.

[Foto obere Reihe, 2.v.l.:] Nord-Mexico - auf der Bahnstrecke von Chihuahua nach Los Mochis am Pazifik, 1982. Drei Tarahumaras, über die man ganze Bibliotheken schreiben könnte und die schon Antonin Artaud inspiriert haben. Was ist an diesem Foto so aussergewöhnlich? Wer die Tarahumara nicht kennt, kann das nicht wissen: Die Raramuri, wie sie sich selbst nennen ("die Menschen, die laufen"), gelten als die besten Langstreckenläufer der Welt, nur weigern sie sich, bei irgendwelchen Wettkämpfen nach den Regeln der "Zivilisation" teilzunehmen. Die Tarahumara, die unmittelbaren Nachbarn der Apachen, gehen immer im Gänsemarsch - hintereinander, wie es die schmalen Bergpfade Nordmexikos verlangen. Auch wenn, wie hier auf dem Foto, eigentlich Platz genug wäre, nebeneinander her zu laufen. Die Tarahumara, so jammerten die Jesuiten, seien starrsinnige Anarchisten, die von Gott nichts wissen wollten und böse psychotrophe Substanzen wie Peyotl und Mecalin zu sich nähmen. Ein sympathisches Völkchen also, das sich seitdem gar nicht viel geändert hat.

[Foto obere Reihe, 3.v.l.:] Ajijic am Lago Chapala, südlich von Guadelajara, Mexiko, im Herbst 1982. Eine winzige Persion, ein winziges Zimmer im ersten Stock, eine winzige Terasse, aber ein grandioser Ausblick auf den Abendhimmel. Ein Zen-Mönch hätte seine wahre Freude an der friedlichen Atmosphäre gehabt.

[Foto obere Reihe, 4.v.l.:] Irgendwo in Zentralmexiko: democracia sindical hat jemand auf die Wand gepinselt. Ein schöner Kontrast gegen das hochherrschaftliche Haus, das sich gegen die Strasse und die mittägliche Hitze abschottet.

[Foto obere Reihe, 5. u. 6. v.l.:] Markt in Acambaro, Zentralmexiko, wenn ich mich recht erinnere. Eines der schönsten Frauenfotos, das ich je in Lateinamerika gemacht habe. Ich frage die Marktfrau, ob ich sie fotografieren dürfe, mitsamt ihren Fischen. Sie nickte schweigend und würdevoll und setzte sich zurecht. Wenn ich ein kleiner Junge gewesen wäre, hätte ich sie für die Mutter Winnetous gehalten.

[Foto obere Reihe, 7.v.l.:] Vulkan in Masaya, Nicaragua, 1982. Auch das Gefühl, in einen tätigen Vulkan zu blicken, ist schwer zu vermitteln. Ich bin ein paar hundert Meter in den Krater hinabgestiegen - der Boden wurde wärmer und weicher, es stank entsetzlich nach Schwefel und mir wurde es mulmig zumute. Ein ideales Ambiete für Dantes La Divina Commedia.

[Foto linke Reihe, 2.v.o.:] Managua, Nicaragua - kein Foto, sondern ein Postkarte, die ich dort zwei Jahre nach der Revolution gekauft habe. Ein Panzer der Frente Sandinista de Liberación Nacional rollt in die vom Diktator Somoza befreite Hautpstadt ein. Lateinamerika, die Projektionsfläche enttäuschter deutscher "RevolutionärInnen". Während ich die Revolution besuchte, besetzten andere in Berlin die Häuser... Es fragt sich natürlich, was sinnvoller war. Ich bin immer noch überzeugt, dass ich damals die richtige Wahl getroffen habe....

[Foto linke Reihe, 3.v.o.:] Rio Madre de Dios, Pando, Bolivien, 1984. Eine der abenteuerlichsten Touren, die ich jemals erlebt habe. Vier Wochen brauchten wir allein, um vom Altiplano, dem Hochland, in die feucht-schwülen Yungas und von dort nach Norden in den Pando-Dschungel zu kommen. Es gab nirgendwo reguläre Verbindungen, weil damals ohnehin immer und überall huelga general - Generalstreik - angesagt war. Mit Militärmaschinen auf Umwegen nach Riberalta - und dann wurde es wirklich schwierig: 800 Kilometer den Rio Madre de Dios aufwärts in Richtung Peru. Und vor Beginn der Trockenzeit, der Fluss wurde flacher, aber die Strömung reissender. Kaum ein Schiff fuhr noch hinauf. Und wir landeten mit einem Seelenverkäufer irgendwo kurz vor der Grenze in einem gottverlassenen Nest von Kautschuksammlern. Das Foto habe ich gemacht, als - zum Glück! - nach einer Woche ein "fliegender Händler" mit seinem Schiff anlegte, der uns mitnahm - sonst hätten wir dort unfreiwillig noch eine lange Zeit verbracht....Doch davon ein anders Mal mehr.

[Foto linke Reihe, 4.v.o.:] Tena, Ecuador, 1979, damals noch ein verschlafenes Nest mit nur zwei billigen Pensionen. Startpunkt in den Osten des Urwaldes. Das Hochwasser hatte eine junge Anakonda in ein Haus gespült, und der Besitzer sperrte sie in eine Kiste, um die wenigen Gringos zu provozieren: sie trauten sich doch nicht, die Schlange herauszuholen, grinste er. Eine Probe der Männlichkeit, der Mann sich nicht versagen konnte. Die Anakonda ist zu kurz und jung, um eine Gefahr zu sein. Sie beisst nur wie ein Hund - wenn man sie lässt. Ausgewachsene Anakondas können neun Meter lang werden und machen sogar mit Krokodilen kurzen Prozess.

[Foto linke Reihe, 5.v.o.:] Tarabuco, Bolivien, 1984. Einer der berühmtesten Märkte des Altiplano, jedoch schon vor zwanzig Jahren eine Touristenattraktion wegen der verwegenen Trachten. Je nach Dorf tragen die Männer und Frauen unterschiedliche Hüte. Die originellste Version ist jedoch die, die den Helmen der spanischen Konquistadoren nachempfunden wurde - aber nicht aus Metall, sondern aus Leder.

[Foto linke Reihe, 6.v.o.:] Rio Guivare, Venezuela, bei San Fernando de Atabapo, 1998. Nichts besonderes zu sehen, aber das stimmt nicht. Der Blick geht nach Osten: der Rio Guaviare fliesst hier mit dem Rio Atabapo zusammen, der von Süden, vom Amazonas kommt. Der Rio Guaviare entspringt 1000 Kilometer entfernt in den kolumbianischen Anden. Als ich das Foto machte, erinnerte ich mich daran, dass ich vor vierzehn Jahren in Kolumbien am Quellgebiet des Flusses war, dessen Mündung ist jetzt sah. Ein paar Kilometer weiter nördlich fliessen beide in den grossen Orinoco. Diese drei Flüsse waren immer die Quelle vieler Mythen, weil kaum jemand sich bis dorthin vorwagte. Erst Alexander von Humboldt lüftete Anfang des 19. Jahrhunderts das einzigartige Geheimnis: Der Orinoco steht über den Rio Atabapo mit dem Amazonas in Verbindung! Ein Foto, das viele Erinnerungen und Gefühle auslöst. Es war der letzte Abend in San Fernando de Atabapo, und ich fragte mich traurig, wann ich jemals wieder dorthin kommen würde....Fünf Jahre ist das schon her.

[Latinoblog Venezuela 1] Die Mädchen von Coro

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25.05.2003
©BurkS


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