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 Opfer spürt Vergewaltiger mit Boolscher Algebra auf Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 23.04.2003, 23:02 Antworten mit ZitatNach oben

Ich bin der Geist der stets verneint, der Böses will und Gutes meint.1 Das muss ich erklären, weil mit philosophischem Hintersinn wie vieles in Goethes "Faust": Wir beobachten, wie die Kollegen mittels des so genannten Online-Journalismus oder dem, was sie darunter verstehen, ihre Websites vollkriegen. Wir wollen das Böse, also schlechte Recherchen oder andere Sünden aufdecken, und meinen das Gute, das pädagogisch Wertvolle: beim Leser Medienkompetenz erzeugen, die feste Überzeugung, dass überall nur mit Wasser gekocht wird und hochqualifizierte Journalisten mit betonhartem beruflichem Ethos und Abermilllionen Page-Impressions oft einfach und gnadenlos abschreiben, weil es ihnen an Content fehlt, im Kopf und auch im Internet, und um das zu verbergen, nicht scheuen, die Quelle, die mit einer Suchmaschine leicht zu eruieren wäre, zu verschweigen.

Opfer spürt Vergewaltiger mit Suchmaschine auf. Das meldet die Großmutter aller journalistischen Websites, Spiegel online. 2: "Interpol suchte ihn seit langem - erfolglos. Sieben Jahre nach ihrer Vergewaltigung tippte eine 19-jährige Österreicherin den Namen ihres Peinigers kurzerhand in eine Suchmaschine. Und siehe da: Der Gesuchte entpuppte sich als Direktor eines Erlebnishotels im Sauerland."

Eigentlich würde eine Story jetzt erst beginnen, denn Fragen über Fragen türmen sich auf: Welche Suchmaschine? Welche Boolsche Algebra? Hat Spiegel online das allein herausgefunden? Nein, denn ein verschämter Halbsatz heisst: "...nach einem Bericht der "Kleinen Zeitung" aus Österreich". Da wir diesen hübschen Artikel online lesen, suchen wir nach einem Link dieser Quelle: Fehlanzeige. Wozu Links? Die stören doch nur, wird sich der Kollege oder die Kollegin gedacht haben, der/die anonym bleiben will, da nach alter Spiegel-Tradition, die jedoch meines Wissens außer Kraft gesetzt worden ist, der Verfasser fehlt. Das ist aber ehrlich, denn der ganze Artikel ist komplett abgeschrieben, die schöpferische Eigenhöhe, die den Verfassernamen rechtfertigte, nicht zu erkennen. Dennoch: Warum nur, ach warum! schreit der Surfer, der sich unverstanden fühlt: warum zum Henker gebt ihr keine Links an?! Ohne Links ist das Wörld Weit Wepp wie Papier, also langweilig. Irgendwie habt ihr das mit dem Internet und dem Online-Journalismus noch nicht richtig verstanden.

Da müssen wir nachbessern. Die Kleine Zeitung3 berichtet etwas detaillierter: "In eine Suchmaschine [Den originellen Satzbau man beachte!] gab Evelyn St. den Namen des Hoteldirektors ein. So stieß sie bald nicht nur auf dessen Homepage, die allerdings keinen Wohnort nannte." Ein Online-Journalist würde sich jetzt den Hinweis auf eine Whois-Datenbank nicht verkneifen können, denn ob ein "Wohnort" auf einer Website steht, ist wurscht. Anonyme Websites gibt es nicht. Die Lokalzeitung ergänzt, dass die österreichische Polizei "Homepage und E-Mail-Adresse" (mehr nicht?) an die deutschen Kollegen weitergegeben habe - die reagierten offenbar aber nicht. Und das wäre eine aus onlinejournalistischer Sicht interessante Meldung: kennt die österreichische Polizeistreife im Internet keine Whois-Datenbank? Nutzte sie PGP, oder schrieb sie den deutschen Kollegen eine elektronische Postkarte? Fragen über Fragen....

Der Standard4 online bringt die identische Geschichte. Wir ahnen es: ohne einen einzigen Link, dafür aber unter dem irreführenden Logo "Webmix". Und mit einer ganz anderen Quelle: APA. Die Boolsche Algebra, derer wir uns ähnlich elegant bedienen können wir der deutschen Sprache, beantwortet unser drängendes Fragen schnell und präzise: Austria Presse Agentur5 Da drängt sich sogleich eine Meldung in Werbefuzzy-Neusprech über die [räusper] CoreMedia Content Application Platform (CAP) auf: 6

Zitat:
Das System ermöglicht der APA [www.apa.at], Nachrichten in Text, Bild, Ton und Video aus elf APA-Ressorts automatisch und maßgeschneidert an Internet Portale auszuliefern. Aufgrund der medienneutralen Haltung der Daten können die Kunden dieses Services die Nachrichten-Elemente dabei automatisiert in das Layout ihrer Webseiten übernehmen.
Aha. Jetzt haben wir einen ungerechtfertigen, aber dafür um so böseren Verdacht, der gut gemeint ist: Lässt sich Spiegel online den Content - alias medien- und journalismusneutrale Daten - per Software automatisch auf die eigene Website beamen, ohne selbst zu recherchieren? Das würde erklären, warum die geschätzten KollegInnen emotional immer noch gehemmt sind, "externe Internet-Seiten" (gemeint sind: Websites) zu verlinken.

Ich kann das irgendwie verstehen. Alle Medien kriseln, und es wäre ja noch schöner, wenn man die Kunden auf andere, womöglich konkurrierende Produkte aufmerksam machen würde. Aber wäre es dann nicht besser, onlinejournalistische Websites gleich auf Papier zu drucken und das mit den bösen Links und dem noch böseren Internet ganz zu lassen?

1) www.tanzwut.com/de/music/lyrics/lds/13-goetterfunken.htm
2) www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,245884,00.html
3) www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/artikel/_523158/index.jsp
4) [url]derstandard.at/standard.asp?id=1278592[/url]
5) www.apa.co.at/ - apa.at hat eine Oberpfeife von Webdesigner: "Um die Homepage der APA besuchen zu können, bedarf es einer aktuellen Browserversion und aktiviertem JavaScript." Au weia. Cookie-Bombardement. Die Seite ist mit professionellen Browsern nicht lesbar - das erinnert mich an einen längst vergangenen Usenet-Thread mit dem Betreff "Prügelstrafe für Webdesigner?" - aber hochbezahlte Dilettanten sind ein ganz anderes Thema.
6) www.coremedia.com/de/Customers/__Medien/Stories/APA.html


24.04.2003
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