www.burks.de Foren-Übersicht www.burks.de
Burkhard Schr�ders [Burks] Forum - f�r Kosmopoliten und Kaltduscher
burks.de: Forum für Kosmopoliten und Kaltduscher
burksblog.de: ab 01.01.2008 geht es hier weiter!
privacyfoundation.de: German Privacy Foundation
 FAQ  •  Suchen  •  Mitgliederliste  •  Benutzergruppen   •  Registrieren  •  Profil  •  Einloggen, um private Nachrichten zu lesen  •  Login
 Gastkolumne Karl May: "Die Todeskarawane" Nächstes Thema anzeigen
Vorheriges Thema anzeigen
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen
Autor Nachricht
burks
Webmaster
Webmaster


Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 22.04.2003, 23:22 Antworten mit ZitatNach oben

Die Deutschen haben den Amerikanern eines voraus: zwischen Bagdad und Stambul kannten sie sich schon immer aus. "Karl May, der sich sehr gewissenhaft mit dem Orient befasst hatte, schilderte die Leichenkarawanen aus Persien, die durch die Wüste nach Kerbela zogen" schreibt Peter Scholl-Latour in "Allah ist mit den Standhaften": "Der Kult des Todes, dem sich die Schiia verschrieben hatte, legte sich dem Besucher auf die Brust." Die Medien sprechen jetzt von "Iran-nahen Islamisten", die in Kerbela "die explosive Stimmung anheizen". Blödsinn: die waren schon immer so. Grund genug, unserem Orient-Experten Karl May zur aktuellen Situation im Irak eine Gastkolumne zu gewähren.

"Die Schiiten widmen Ali und seinen Nachkommen, besonders aber seinen Söhnen Hassan und Hussein, eine so übertriebene und dabei leidenschaftliche Verehrung, daß er und alle zu seiner Nachfolge berechtigten Nachkömmlinge von einigen extremen Parteien sogar für Inkarnationen Gottes gehalten werden. Sie haben, obgleich sie das nicht zugeben, die ursprüngliche Lehre durch mystische und pantheistische Hineinlegungen verfälscht und stellen die Behauptung auf, daß die Sunniten zu vernichten oder doch noch viel mehr als die Juden, Christen und Heiden zu hassen und zu verfolgen seien. Daher die Jahrhunderte alten, erbitterten und blutigen Kämpfe zwischen diesen beiden Richtungen. Es ist Blut, sehr viel Blut geflossen; es sind Grausamkeiten verübt worden, welche niederzuschreiben sich die Feder sträubt, und noch heut ist dieser Haß nicht verlöscht. Er glimmt fort und fort und bricht bei jeder Veranlassung in helle, vernichtende Flammen aus. Es versteht sich ganz von selbst, daß diese Erbitterung ihre meisten Opfer in den Gegenden sucht und findet, wo Sunniten und Schiiten vermischt wohnen oder aber öfters aufeinander stoßen, und das findet ganz besonders statt in der Grenzprovinz Irak Arabi mit den beiden nicht weit von Bagdad liegenden heiligen schiitischen Städten Nedschef Ali und Kerbela.

Die erstere Stadt hat ihren Namen von dem in der Nähe liegenden Nedschef-See erhalten und wird auch Meschhed Ali, d. h. Grabmal Alis, genannt, weil dieser da begraben worden ist. Sie ist ungefähr fünfzig Kilometer südlich von den Ruinen von Babylon gelegen, auf welchem Wege man auch über das Dorf Kefil kommt, wo sich die Ruhestätte des Propheten Hesekiel befindet. Kerbela, auch Meschhed Husseïn, d. i. Grabmal Husseïns, genannt, ist die Hauptstadt eines Sandschäk, zählt über sechzigtausend Einwohner und soll an Reichtum Bagdad weit übertreffen. Sie wird durch einen Kanal mit dem rechten Euphratufer verbunden und bildet den hervorragendsten Wallfahrtsort der Schiiten, von denen es noch heiliger als Nedschef Ali gehalten wird. [...]

Der Schiit glaubt, dass ein jeder Moslem, dessen Leiche in Kerbela oder Nedschef begraben wird, ohne alle weiteren Hindernisse sofort ins Paradies komme. Darum ist es der heisseste Wunsch eines jeden, an einem dieser beiden Orte begraben zu sein. Da der Transport der Leichen per Karawane sehr kostspielig ist, kann sich nur der Reiche dergleichen leisten; der Arme aber, wenn er an so heiliger Stätte begraben sein will, nimmt Abschied von den Seinen und bettelt sich durch weite Länderstrecken bis zu der Grabstelle Alis oder Husseijns, um dort seinen Tod zu erwarten.

Jahr für Jahr schlagen Hunderttausende von Pilgern den Weg nach jenen Stätten ein, aber diese Zuzüge sind am stärksten, wenn einer der Hauptgedenktage der Schia naht. Dann steigen die Leichenkarawanen der schiitischen Perser, Afghanen, Beludschen, Inder usw. vom iranischen Tafelland herab; von allen Seiten werden Tote herbeigeschleppt, und sogar auf Schiffen führt man sie auf dem Euphrat herbei. Die Leichen liegen oft schon monatelang vor dem Aufbruch bereit; der Weg der Karawane ist weit und höchst langsam; die Hitze des Südens brütet mit fürchterlicher Glut auf die Strecke nieder, die durchzogen werden muss, und so gehört keine übermaßige Anstrengung der Phantasie dazu, sich den entsetzlichen Geruch zu denken, den eine solche Karawane verbreitet. Die Toten liegen in leichten Särgen, die in der Hitze zerspringen, oder sie sind in Filzdecken gehüllt, die von den Stoffen der Verwesung zerstört oder doch durchdrungen werden; und so ist es kein Wunder, dass das hohläugigie Gespenst der Pest auf hagerem Klepper jenen Todeszügen auf dem Fuß folgt. Wer ihnen begegnet, weicht weit zur Seite aus, und nur der Schakal und der Beduine schleichen herbei, der eine angezogen vom Geruch der Verwesung, und der andere herbeigelockt von den Schätzen, die die Karawane mit sich führt, um sie am Ende der Wallfahrt den Händen der Grabeshüter zu übergeben. Diamantenbesetze Gefäße, perlenbesetzte Stoffe, kostbare Waffen und Geräte, unschätzbare Amulette und anderes mehr werden nach Kerbela und Nedschef gebracht, wo sie in den unterirdischen Schatzkellern verschwinden. Diese Schätze werden, um die beduinischen Räuber zu täuschen, in sargähnliche Verpackung verborgen, aber die Erfahrung hat die unternehmenden arabischen Stämme gelehrt, diese Vorsicht unnütz zu machen. Sie öffnen bei einem Überfall sämtliche Särge und kommen so ganz sicher zu den Schätzen, die sie suchen. Der Kampfplatz bietet danach ein wüstes Bild von gefällten Tieren, getöteten Menschen, zerstreuten Leichenresten und zerschmetterten Sargtrümmern, und der einsame Wanderer lenkt sein Pferd von ihnen ab, um dem Hauch der Pest und Ansteckung zu entgehen.

Es versteht sich von selbst, dass die Todeskarawane während ihrer Reise keine eng bewohnte Stadt berühren darf. Früher freilich durfte sie ihren Weg mitten durch Bagdad nehmen. Sie zog durch Schedt Omer, das östliche Tor, ein; kaum jedoch hatte sie im Westen die Stadt verlassen, so verbreitete sich der Pesthauch über die Kalifenstadt; die Seuche begann zu wüten, und Tausende fielen ihnen zum Opfer. In neuerer Zeit ist vieles anders geworden, und besonders hat der so viel bewunderte und ebenso viel angefochtene Midhat Pascha unter den alten Vorurteilen und Herkömmlichkeiten aufgeräumt. Die Leichenkarawane darf jetzt nur die nördliche Grenze des Stadtbezirks berühren, um dann auf der oberen Schiffbrücke über den Tigris zu gehen. Und dort war es, wo wir sie trafen.

Ein unerträglicher Pesthauch wehte uns entgegen, als wir uns der Stelle näherten. Der Kopf des langen Zuges war bereits angekommen, als wir uns der Stelle näherten und traf Anstalten, sich zu lagern. Eine hohe Fahne mit dem persischen Wappen (ein Löwe mit der hinter ihm aufsteigenden Sonne) war in die Erde gesteckt; sie sollte den Mittelpunkt des Lagers bilden. Die Fußgänger saßen auf der Erde; die Reiter hatten ihre Pferde und Kamele verlassen; aber die mit den Särgen beladenen Maultiere blieben bepackt, zum Zeichen, dass der Aufenthalt nur vorübergehend sein sollte. Nach ihnen zog sich der lange, unabsehbare Zug wie eine Schnecke herbei, welche in gerader Richtung über den Boden kriecht. Es waren braune, von der Sonnenglut eingedörrte Gestalten, die in müder Haltung auf ihren Tieren hingen oder mit abgematteten Füßen sich über den Boden schoben; aber in ihren dunklen Augen glühte der Fanatismus, und unbeirrt durch die zahlreich anwesenden Zuschauer sangen sie ihren monotonen Pilgergesang:
Allah, hesti dschihandar, [Allah, du bist weltbesitzend,]
Allah, hestem asman pejwend, [Allah, ich bin den Himmel erreichend,]
Hosseïn, hesti chun alud, [Hussejn, du bist blutbespritzt,]
Hosseïn, hestem eschk riz! [Hussejn, ich bin Tränen vergießend.]
"

[url]gutenberg.spiegel.de/may/siloewe2/siloew21.htm[/url] - Karl May: "In den Trümmern von Babylon"
[url]gutenberg.spiegel.de/may/bagdad/bagdad4.htm[/url]- Karl May: "Von Bagdad nach Stambul - in Bagdad"
[url]gutenberg.spiegel.de/may/bagdad/bagdad5.htm[/url] - Karl May: "Von Bagdad nach Stambul - die Todeskarawane"
www.jaduland.de/wdi1/diashow/Seiten/I230_jpg.htm - Große Pilgerkarawanen ziehen mit halbverwesten Leichen nach den heiligen Stätten von Kerbela und Nedschef
[url]mitglied.lycos.de/somuru/kaynakca/gestaendnisse/kerbela.html[/url] - Städte Kerbela und Nedschef, aus: "Geständnisse von Hempher, einem britischen Spion und Britische Feindschaft gegen den Islam"


23.04.2003
© BurkS

Benutzer-Profile anzeigenPrivate Nachricht sendenE-Mail sendenWebsite dieses Benutzers besuchen
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:      
Neues Thema eröffnenNeue Antwort erstellen


 Gehe zu:   



Nächstes Thema anzeigen
Vorheriges Thema anzeigen
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Powered by phpBB © 2001, 2002 phpBB Group :: FI Theme :: Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde