Wer ist Karfreitag online? Nur Agnostiker, und dazu gehören (hoffentlich!) alle Programmierer. Die wiederum haben keine Zeit für lange bildungsbürgerliche Traktate. Ich erkläre daher in fünf Minuten, was Karfreitag in Wahrheit bedeutet - jenseits aller frommen Märchen, die sich auf religiösen Websites als historische Tatsachen verkleiden. Die Christen haben an diesem Tag zwei Dinge zu tun: die Juden zu beleidigen und Fische zu essen. Und beides hängt miteinander zusammen.

Der Legende nach ist der Sohn des höheren Wesens, wie es die Christen anbeten, "am 15. Nisan mittags um die neunte Stunde am Kreuz auf dem Kalvarienberg gestorben." ¹ Deshalb trauern sie am Karfreitag. Und immer schon beteten sie an diesem Tag für die heimtückischen Juden. Stanislaw Musial, polnischer Jesuit, zitiert das römische Messbuch aus dem Jahr 1931: "Lasst uns auch für die treubrüchigen Juden beten: unser Gott und Herr soll den Vorhang von ihren Herzen reißen, damit sie zusammen mit uns unseren Herren Jesu Christi kennen lernen. Allmächtiger, ewiger Gott, der in seiner Gnade keinem, selbst den treubrüchigen Juden das Verzeihen ablehnt, höre unsere Gebete für das unwissende Volk, damit es endlich das Licht der Wahrheit, das Jesu Christi ist, erkennt und aus der Dunkelheit gerettet wird."

1970 wurde dieser Passus noch verschlimmbessert - die perfiden Juden ( perfidis Iudaeis) tauchten so nicht mehr auf, dafür sprach man aus, dass die Juden die Sache mit dem "auserwählten Volk" irgendwie vermasselt hatten: "Lasst uns für Juden beten, zu deren Vorfahren der Herr sprach .... damit das Volk, das ehemals ein auserwähltes Volk war, völlige Erlösung erlangen könnte." ² Klar, am besten wäre, die Juden würden sich taufen lassen.

Karfreitag ohne Ostern wäre kein Happy-End. Dass die Christen Ostern von dem Pessach-Fest der Juden abgeschrieben haben, ist unstrittig. Aber auch der Fisch stammt von den Juden, obwohl die gar nichts mehr davon wissen. Angeblich essen orthodoxe Christen Karfreitags Fisch, "...weil der Fisch eines der ältesten Symbole ist, mit dem sie sich zu erkennen geben. Das Wort Fisch heisst auf griechisch Ichthys. Das sind die Anfangsbuchstaben von Iesus Christos Theos Yos Soter. Auf deutsch: Jesus Christus, Gottes Sohn, Retter. ³ Auch das ist alles nicht wahr und noch nicht einmal gut erfunden. Der heilige Fisch ⁴ diskutiert in mythischer Sprache das Frühlingssternbild Fische vor 2000 Jahren. Und auf die "Frühlingsvollmond-Nacht, in der Nacht zum 15. Nissan" bezieht sich auch das jüdische Pessach-Fest und keineswegs auf den Auszug aus Ägypten, der historisch ohnehin nie stattgefunden hat. Wer suchen kann, der suche im Usenet und wird dort interessante Threads finden. ⁵

Das Thema dieser religiösen - in Wahrheit astronomischen - Feste war immer eine rätselhafte Sache für Menschen, die zwar genau beobachten konnten, aber nicht die astronomischen Geräte und Theorien hatten, um das, was sie über Jahrtausende sahen und überlieferten, korrekt zu interpretieren: die Präzession der Äquinoktien (Google: Precession of the Equinoxes). Darum drehen sich alle christlichen ⁶ und alle jüdischen ⁷ Feiertage. Den Verehrern höherer Wesen darf man damit aber nicht kommen, die sind resistent sowohl gegen astronomische Tatsachen als auch gegen rationale Argumente.

Karfreitag kann man als vernünftiger Mensch eigentlich nur im Internet surfen, Hertha von Dechends Die Mühle des Hamlet ⁸ lesen oder Frank Krojers Erwägungen gegen die "Zeitenhopser" studieren ⁹. Man kann sich aber auch über dieses Weblog amüsieren. Wer Programmierer ist, darf jetzt auf Parties mit Religionssoziologen plaudern und die argumentativ ausbremsen. Man muss nur "Fische" und "Pessach" noch mit mathematischen Formeln würzen. ¹⁰. Wer aber von religiösem Quatsch noch immer nicht kuriert ist, der muss jetzt zur Buße am Karfreitag stundenlang christliche Predigt-Textbausteine zusammensetzen. ¹¹

1) www.german-easter-holiday.com/ostern-osterfest/karwoche/karfreitag/
2) [url]israel-live.de/judentum-net/europa/polen.htm[/url]
3) www.theology.de/karfreitag.htm
4) www.newadvent.org/cathen/06083a.htm
5)[url]groups.google.com/groups?selm=3aa5f201$1@netnews.web.de[/url]
6) www.calendersign.ric.at/de/kalenderkunde/marienfeiertage/
7) www.geocities.com/Athens/1584/ - Hebrew Calendar Science and Myths
8) [url]milloftime.homestead.com/[/url]
9) www.dbs.informatik.uni-muenchen.de/~krojer/praezess.html
10) [url]scienceworld.wolfram.com/physics/PrecessionoftheEquinoxes.html[/url]
11) www.predigten.de/kirchenjahr3.php3?kj=064




18.04.2003
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