Die Nacht der fusionierenden Leichen
Nein, es gibt nicht von Bedeutung zu berichten über den DJV, obwohl es schon wieder Presseberichte hagelt: "DJV-Landesverbände aus Berlin und Brandenburg fusionieren". Da waren's nur noch drei.
Doch der Reihe nach: Wie die fanatischen Stammleserinnen und die beharrlich hier mitlesenden Stammleser schon wissen, leistete sich der DJV in Berlin und Brandenburg - bei insgesamt gut 4500 Mitgliedern - vier Geschäftsstellen, vier Vorsitzende, acht stellvertretende Vorsitzende, vier Geschäftsführer und zahllose Ehrenamtliche, die auf ihren Posten verharren wie mit Sekundenkleber angepappt, auch wenn sie schwere "gesundheitliche" Probleme haben wie einer der Schatzmeister, der bald abgewählt werden wird, oder sich ihre journalistische Laufbahn zusammenphantasiert haben wie eine gewisse Fachauschussvositzende.
Das kam so (ja, ich mache es kurz!):
1. Vor gut vier Jahren formierte sich eine Oppostion im DJV Berlin gegen den damaligen Vorsitzenden Alexander Kulpok. Anlass: Der Vorstand hatte beschlossen, keinen Presseball mehr zu veranstalten, weil dessen finanziellen Risiken zu groß seien. Kulpok hatte die für ihn günstigeren Mehrheitsverhältnisse bei der (mittlerweile abgewickelten) Sozialfonds GmbH des DJV Berlin - dem Veranstalter des Presseballs - ausgenutzt, um den Vorstandsbeschluss zu kippen. Danach stellte ich bei der nächsten Mitgliederversammlung ein Misstrauensvortum gegen den Vorsitzenden, das - überraschend knapp - scheiterte.
2. Danach folgte eine beispiellose Schmutzkampagne gegen mich, die ich mit Strafanzeigen und einstweiligen Verfügungen erfolgreich abwehren konnte und denen der Gesamtvorstand des Bundesverbands taten- und wortlos zusah. Die innerverbandliche Opposition in Berlin wurde um so stärker und das "Recherchegruppe-Blog", das ich damals startete, die wichtigste Informationsquelle für DJV-Interna.
3. Im Juni 2004 musste sich Kulpok einer Kampfabstimmung mit einem Gegenkandidaten stellen, den wir - zu fünft - ausgesucht hatte: Gerhard Kothy. Mittlerweile hatte aber im Nachbarverband DJV Brandenburg eine Truppe um Torsten Witt die Macht übernommen; ein Teil dieser Leute wechselte in den DJV Berlin, um Kulpok die Macht zu sichern (Codename: "Operation Weißer Ritter"), ein Teil wurde von Kulpok mit dem Versprechen in den Verband gelockt, es gebe eine "Schnuppermitgliedschaft". Diese Herrschaften sicherten am 5. Juni 2004 Kulpok die Wiederwahl, obwohl es zweifelhaft ist, ob überhaupt alle berechtigt waren abzustimmen. Leider ließ sich die Mehrheit der Opposition, aufgestachelt von selbst ernannten "Politprofis", dazu verleiten, mit der Attitude der beleidigten Leberwurst nach der Niederlage den Saal zu verlassen, was dazu führte, dass der Vorstand fast komplett mit Kulpoks Groupies besetzt wurde..
4. Kothy rief die Opposition noch zunächst dazu auf, im DJV Berlin zu bleiben. Der Bundesverband jedoch bestärkte die Auszügler darin, einen neuen Verband zu gründen. Im DJV Brandenburg hatte sich ebenfalls eine Gruppe von Kolleginnen und Kollegen zusammengefunden, um Witt und seine Leute wieder zu vertreiben. Sogar die erforderliche Anzahl von Unterschriften war schon zusammen, um einen Gewerkschaftstag zu erzwingen. Das Vorhaben wurde aber leider nicht weiter verfolgt, weil der Bundesverband auch in Brandenburg eine Spaltung und Neugründung favorisierte - mit fatalen Folgen.
Hinter der Strategie des DJV-Bundesverbands stand die abwegige Idee, die Mitglieder des DJV Berlin und des DJV Brandenburg würden in Scharen in die neu zu gründenden Verbände überwechseln und die Probleme Kulpok bzw. Witt würde sich von selbst erledigen. Das ist natürlich grober Unfug, weil die Mehrheit der Mitglieder Karteileichen sind, uninformiert und - salopp gesagt - Opportunisten und/oder Schlafmützen, die Vereinsmeierei nicht interessiert und denen auch egal ist, was mit ihren Mitgliedsgeldern geschieht. So geschah es: Kaum jemand wechselte.
5. Der Verein Berliner Journalisten wurde gegründet, ich aber - obwohl der Initiator der Opposition - dazu ausgeladen, weil die öffentlich-rechtlichen Tunnelblicker, die die Opposition mittlerweile dominierten, in jedem eine Gefahr sehen, der in freier Wildbahn aufgewachsen ist, Hierarchien grundsätzlich in Frage stellt und überhaupt immer Widerworte gibt. Das neue Pendant dazu in Brandenburg hieß Brandenburger Journalisten-Verband. Die Wiederwahl Kulpoks im Juni wurde zwar erfolgreich vor Gericht angefochten, als diese aber wiederholt wurde, war ein großer Teil der Opposition dummerweise schon nicht mehr Mitglied und konnte nicht abstimmen.
6. Der Bundesverband versuchte gleich mehrfach, seine beiden "ungeliebten" Verbände DJV Berlin und DJV Brandenburg auszuschließen. Alle Ausschlüsse scheitern kläglich und wurden vor Gericht für nichtig erklärt.
7. Der Bundesverband finanzierte aber, später auf dem Umweg über die Landesverbände, die neuen Verbände. Das Resultat: Der Verein Berliner Journalisten und der Brandenburger Journalisten-Verband haben zusammen rund eine halbe Million Euro Schulden, die aus den Krediten - der "Anschubfinanzierung" - herrühren. Das Landeskriminalamt Berlin ermittelt zur Zeit wegen Insolvenzverschleppung - es liegt eine bilanzielle Überschuldung vor. Auch die Erklärungen des Bundesverbands, er würde auf seine Gelder vorerst verzichten, sind laut eines Gutachtens, das dem LKA vorliegt, gegenstandslos. Wenn der Bundesverband seine Kredite abschriebe, verlagerte sich der Schuldenberg nur: Er müsste eine halbe Million Eure Minus in die Bücher nehmen, was wiederum ihn gefährden würde, weil er kaum noch Geld hat. Schenken kann man es den Landesverbänden auch nicht: Es fielen 29 Prozent Schenkungssteuer an.
8. Der DJV Berlin hat mittlerweile prophylaktisch Insolvenz angemeldet - auch wegen bilanzieller Überschuldung, nicht wegen Zahlungsunfähigkeit. Der aktuelle Stand sieht aber so aus, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vermutlich abgewehrt werden kann. Der zuständige Gutachter Rechtsanwalt Frege hat dem Vorstand des DJV Berlin mitgeteilt: "Ich bitte Sie, Ihre Mitgliedschaft in dem Verein aufrecht zu erhalten, so dass der Verein weiter die Mitgliedsbeiträge als Einnahmen verbuchen kann. Wenn der stetige Zufluss der Mitgliedbeiträge gesichert ist, wird der Verein die Krise aller Voraussicht nach überwinden.“ Der DJV Brandenburg hingegen ist als einziger der vier Verbände finanziell gesund und hat sich sogar vor dem OLG Brandenburg Geld vom Bundesverband als Unterstützung erstritten.
9. Ganz anders sieht es für den Verein Berliner Journalisten und den Brandenburger Journalisten-Verband aus, die gestern fusioniert haben wollen und sich Journalisten-Verband Berlin-Brandenburg nennen. Bei der Mitgliederversammlung, auf der die Fusion verhandelt wurde, erschienen nur knapp 80 von insgesamt rund 1600 Mitgliedern, also rund fünf Prozent. Kothy soll, das sagen Zeugen, angeblich behauptet haben, man habe nur "aus Rücksicht" auf den DJV Berlin nicht das Kürzel DJV mit in den Namen genommen. Das ist wie gewohnt Blödsinn, weil der Erweiterte Vorstand des DJV Berlin entschlossen war, dagegen zu klagen - und auch erfolgreich gewesen wäre. Wie man von den Schulden wegkommen will, wusste niemand. Über die Ermittlungen des LKA wurden die Mitglieder im Unklaren gelassen. Aber die interessierten sich auch nicht dafür.
Ohnehin hat man die Angelegenheit der Fusion nur halbherzig betrieben - alle Domains waren vorher schon weg. Jetzt muss man sich mit jvbb-oline.de behelfen. Der Bundesvorsitzende Konken entblödete sich nicht zu behaupteten, der DJV Berlin würde sich später dem totgeborenen Kind "JVBB" anschließen - als solle der Schwanz mit dem Hund wedeln. Das wird nicht geschehen, eher fließt die Spree in die Donau.
Und ob der fusionierte Verband überhaupt Bestand haben wird, wird sich in den nächsten Wochen entscheiden. Ich tippe auf: JVBB offline. |