Nordschule Holzwickede

Nordschule Holzwickede

Hier bin ich die ersten drei jahre meines Lebens zur Schule gegangen. Hinter den drei Fenstern habe ich in der zweiten Klasse das Kleine Einmaleins gelernt. Nein, zu meiner Zeit fuhren keine Kutschen mehr, das Foto ist älter. (Vielen Dank, edler Spender!) Die Schule wurde in den siebziger Jahren abgerissen. Heute steht da ein Betonklotz.

Bestimmen Sie dieses Holzwickeder Korn!

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Die wohlwollenden Stammleserinnen (gibt es die überhaupt?) und die geneigten Stammleser werden die meisten der heutigen Motive wiederkennen. (Guckst du hier und hier).

Man kann das als Hobby-Ethnologe auch boshaft ausdrücken: Die heutigen deutschen Bewohner einer kleinen Kleinstadt (Unna ist eine große Kleinstadt, mein Geburtsort Holzwickede eine kleine) sind dicker als früher und fahren dickere Autos. Sie kleiden sich ohne Accessoires einer Subkultur, es muss halt „praktisch“ sein. So sieht das dann auch aus. Es muss sich niemand auf dem Single-Markt der Eitelkeiten behaupten: somit entfällt die Kunst des Stylens vollends (oder das Resultat des Bemühens ist mir nicht aufgefallen, dann war es eh ein epic fail).

Kleine Frage am Rande: Wissen alle geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser sofort, um welche Kornsorte (wir sind noch im Ruhrgebiet) es sich bei dem dritten Bild von oben oben handelt? Oder geht der Blog-Lesende Großstädter davon aus, dass Kühe blau und weiß gescheckt sind und die Länge der Ähren mit der Relevanz einer Frisur zu vergleichen sind?

Auf dem zweiten Bild von unten ist der Dortmunder Fernsehtum am Horizont zu erkennen. Der ist rund 20 Kilometer von Holzwickede entfernt. Das untere Foto habe ich von hier aus nach Westen aufgenommen – man sieht im Hintergrund den Emscherquellhof.

Holzwickede: Waldesrauschen (3)

Holzwickede

Ungeachtet der Weltläufte und was es dort zu berichten und zu bloggen sei, widme ich mich dem deutschen Wald, konkret dem Hixterwald aka Sölder Holz.

Der Deutsche an sich hat zum Wald an sich ein besonderes Verhältnis, die meisten Märchen und Mythen spielen dort. Das liegt vermutlich daran, dass Deutschland noch im Mittelalter größtenteils von Wald bedeckt war und alle Geächteten, Outsider, Räuber (bei Schiller auch „Libertiner“ genannt) oder auch nur arme Leute, die sich vor irgendeiner marodierenden Soldateska verstecken mussten, dorthin flohen oder schlicht dort zu überleben versuchten. Der verirrte Wanderer, der im nächtlichen Wald das Licht eines Hauses sieht, ist ein fester Bestandteil vieler Erzählungen. Der Eisenhans („der Wald als märchentypischerm Sitz des Magischen“) war immer mein Lieblingsmärchen, und nicht zufällig ist mein liebster Aufenthaltsort der deutsche Wald im Komparativ – der Dschungel.

Der Hixterwald liegt südwestlich von Holzwickede (das Foto ist von Norden aus aufgenommen worden – also hinten rechts.)

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Mein Großvater ging mit mir oft zum Kellerkopfdenkmal also known as 130er Denkmal. Das liegt südwestlich vom Hixterwald. Da dieser früher aber viel ausgedehnter war, gehörte das kleine Waldstück sicher dazu.

Im Südwesten des Gemeindegebiets befindet sich das 130er Denkmal (auch Kellerkopfdenkmal). Am steilen Abhang des Kellerkopfes zum Ruhrtal hin wurde am 1. September 1929 das Regimentsdenkmal für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen des 1. Lothringisches Infanterie-Regiment Nr. 130 (im Volksmund „130er“) eingeweiht.
Gebaut wurde diese Gedenkstätte nach einem Entwurf des Berliner Bildhauers Fritz Richter-Elsner von 1926 bis 1929 im Geiste der damaligen Zeit zu Ehren und zur Erinnerung an die gefallenen Soldaten des Regiments, unter denen sich viele einheimische Soldaten befanden. Initiator und Stifter des Denkmals war der 130er Soldatenverein, gebildet aus den überlebenden Angehörigen des Regiments.
Der Kellerkopf war für lange Zeit Ausflugsziel und Naherholungsgebiet. Heute findet lediglich zu Pfingsten eine größere Anzahl an Menschen zum Kellerkopf, denn seit 1979 feiert der Förderverein zur Erhaltung und Pflege des Kellerkopfdenkmals jeden Pfingstsonntag dort ein Friedensfest.

Die einheimische Jugend hat ein ganz eigenes Verhältnis zu derartigen Denkmälern, was ich (als ehemaliger Kriegsdienstverweigerer) schmunzelnd zur Kenntnis nehme.

Übrigens: Der Ausblick in das Ruhrtal ist zwar atemberaubend schön, aber wohnen möchte ich auf dem Kellerkopf nicht, da die nahe Autobahn ständig zu hören ist.

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Und nun zum Hixterwald und dazu, dass Wikipedia teilweise auf Agitprop hereinfällt. Der Wald war in der frühen Neuzeit das Kohlerevier der Gegend. Die Zeugnisse der Bergbaus findet man überall: „Pingen, Transportwege und Schachtreste der Zeche Schwarze Adler.“ Die Zeche im Wald wurde kurz vor der deutschen Revolution im 19. Jahrhundert geschlossen.

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Guckst du aber hier, Holzwickeder:

Am Emscherquellhof entsprang während der Bergbautätigkeit die Emscher. Durch den Bergbau im Hixterwald versiegte die ursprünglich dort entspringende Emscher im 19. Jahrhundert und kam hier am Emscherquellhof wieder zu Tage. Heute entspringt die Emscher wieder im Hixterwald.

Quod erat demonstrandum. Die Emscher entspringt mitnichten „südöstlich von Dortmund bei Holzwickede (Kreis Unna) am Haarstrang auf etwa 147 m ü. NN in einem Quellteich“, sondern, wie man verschämt zugibt: „Genau genommen existieren mehrere kleinere Rinnsale, aus denen die Emscher entspringt, die in besagten Quellteich münden“. Die Emscher entspringt im Hixterwald (auf dem 2. Foto von unten ist sie klar zu sehen). Der so genannte Quellteich im Emscherhof ist nur Agitprop, mit der man Besucher dorthinlocken will, also eine Art Holzwickeder Disneyland, inklusive einer Aussichtsplattform auf einen Tümpel, den man uns als Emscherquelle verkaufen will.

Der Selbach im Osten des Hixterwalds (3. Bild von unten) fliesst übrigens nach Norden in die Emscher, die in Holzwickede einen Bogen nach Westen macht, aber die Ureinwohner von Sölde (meine Tante gehört dazu, die habe ich gestern gefragt), nennen den Selbach auch „Emscher“.

Die Emscher liegt östlich der Lichtung, die ich ganz unten fotografiert habe und auf der ich schon vor einem halben Jahrhundert mit meinem Opa gestanden habe, der Selbach westlich davon.

Holzwickede: Träumen vom Hilgenbaum und der Kornmuhme? (2)

Holzwickede

Schön, dass ich ein Blog habe. Die Westfälische Rundschau bringt heute eine halbe Seite ihres Lokalteils Holzwickede über mich, und ich musste bei einigen Sätzen schon heftig schlucken.

Nein, ich träume nicht nur von Holzwickede, wenn ich im Ausland bin (wie es dort steht). Das wäre ja fürchterlich.

Ich hatte dem jungen Kollegen erzählt: Bei langen Auslandsreisen verblassten die Träume von Berlin allmählich, aber es dauerte immer Wochen, bis ich anfing, von der Gegenwart – zum Beispiel in Südamerika – zu träumen. Stattdessen machten meine Träume eine Art Zeitreise, immer weiter zurück in die Kindheit, als sei das Unterbewusstsein noch nicht in der Lage, das real Erlebte zu verarbeiten.

Ich habe auch nicht mit meiner Mutter im Wohnzimmer gesessen und auf den Weltuntergang gewartet, den die Neuapostolischen erwarteten. Aber ganz falsch ist das nicht: Johann Gottfried Bischoff, der Chef der Sekte, genannt „Stammapostel“, hatte Weihnachten 1951 verkündet, dass er der letzte „Stammapostel“ sei. Jesus werde zu seinen Lebzeiten wiederkommen. Das ist natürlich eine klassische millenaristische Botschaft, die den ideologischen Gehalt derjenigen „adventistischen“ religiösen Gruppen ausmachen, die sich so von den christlichen Mainstream-Kirchen absetzen.

Wikipedia: „In der Folgezeit wurde diese Botschaft innerhalb der NAK immer bedeutsamer. Unter anderem wurden Aufnahmen in die NAK, die so genannten Versiegelungen, sowie Berufungen in die neuapostolischen Ämter ab September 1954 von der Annahme der Botschaft abhängig gemacht. Zahlreiche Gemeindeglieder und höchste Amtsträger widersetzten sich dem und wurden daraufhin ausgeschlossen. Von der der NAK wurden sie fortan als ‚Zweifler, Rechthaber und Eigenbrötler‘ bezeichnet. Sie gründeten zum Teil neue Gemeinschaften wie die Vereinigung Apostolischer Gemeinden. Prominenteste deutsche ‚Opfer‘ waren am 23. Januar 1955 der designierte und ordinierte Nachfolger des Stammapostels, der rheinische Bezirksapostel Peter Kuhlen, sowie seine zwei Mitapostel Dehmel und Dunkmann.“ Natürlich starb der Herr irgendwann.Hilgenbaum

In diesem Milieu bin ich groß geworden, und das hat auch meine Kindheit geprägt. Natürlich wissen die heutigen Sekten-Mitglieder davon nichts, zu einer kritischen Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Vergangenheit ist die NAK nicht in der Lage, geschweige denn zu ihrer schrecklichen Rolle im Nationalsozialismus.

Und nun zu uns, Hilgenbaum: „Östlich des alten Ortskernes stand früher eine uralte Eiche, die ihren Namen dadurch bekam, dass dort Nachrichtenzettel (Hilgen) angebracht wurden. Andere Quellen deuten den Namen als heiligen (=hilgen) Baum. Nachdem der historische alte Baum einem Feuer zum Opfer fiel, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts an (fast) gleicher Stelle ein neuer Baum gepflanzt. Er befindet sich auf der SO-Seite der Kreuzung Massener Straße/Goethestraße, während der erste Hilgenbaum den Unterlagen nach ‚auf der Kreuzung‘ stand.“

HolzwickedeHolzwickede

Nein, meine Großeltern hatten keinen Hof in Hengsen-Opherdicke, wie der Hellweger Anzeiger schreibt, sondern wohnten ganz normal in der Hengser Straße (wie ich gestern schon schrieb). Wenn mein Opa mit mir in den Hixterwald ging und wir an den Kornfeldern vorbewanderte, erzählte er mir von der „Kornmuhme„. Das sei eine alte Frau, die es besonders auf kleine Jungen abgesehen hatte, die in die Felder rennen wollten, um das Korn zu zertreten. Ich war damals ziemlich beeindruckt. („Häufig als altes, grauenerregend anzusehendes Weib, seltener in Mann- oder Tiergestalt streichen sie durch Getreidefelder und können unter Umständen dem Menschen gefährlich werden.“)

Die Emscherquelle im Hixterwald habe ich gestern nicht gefunden, obwohl ich als Kind an ihr gespielt habe. Vielleicht ist sie auch verschwunden: „Der Hixterwald beherbergt die historische, ursprüngliche Quelle der Emscher. (…) Besondere Bedeutung hat der Hixterwald als frühes Kohlerevier. Überall sind noch Zeugnisse des primitiven Bergbaus im 18. und 19. Jahrhundert zu erkennen. Im Wald finden sich Pingen, Transportwege und Schachtreste der Zeche Schwarze Adler.“ (Liebe Westfälische Rundschau, Hixterwald schreibt man in einem Wort!)

Update: Ursprünglich stand hier Hellweger Anzeiger. Der Kollege hat mein Blog gelesen und mich um Korrektur gebeten. Jetzt sitze ich in einem Internet-Cafe in Unna und verstelle denen erst einmal alle Browser-Optionen…

Holzwickede: Back to the Roots (1)

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Holzwickede est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Nordseite, aliam Südseite, tertiam Opherdicke et Hengsen appellantur. Zugeben: Holzwickede ist und war, obzwar im Ruhrpott gelegen, immer ein Dorf – zwischen Dortmund und Unna -, und hat selbst andere Dörfer eingemeindet. Da ich dort meine Kindheit verlebt habe, bin ich vermutlich ein Landei.

Heute war ich dort, bin meinen alten Schulweg von meinem Geburtshaus (Nordstrasse 2, 3. Foto, das Fenster im dritten Stock war mein Geburtszimmer) bis zur leider abgerissenen Nordschule gelaufen und habe den Bahnhof gesucht (wurde abgerissen, was dort jetzt steht, kann man beim besten Willen weder Architektur noch Bahnhof nennen). Die Bahngeleise sind auch im Kopf der Holzwickeder: Wer nördlich davon wohnt, geht nicht wirklich gern in den Südteil des Dorfes (durch die Unterführung) und umgekehrt. Das war schon immer so und wird auch so bleiben, auch wenn sich irgendein Bürgermeister mit einer ungemein hässlichen Fußgängerbücke für drei Millionen Euro ein persönliches Denkmal gebaut hat, was ungefähr so sinnvoll war wie der Turmbau von Babel.

Das nichtssagende Foto mit dem Bürgersteig und dem roten Auto wird dann zu einer historischen Aussage, wenn man es mit dem Foto Klein Burks in Holzwickede vergleicht – das wurde aus derselben Perspektive geschossen, nur vor 55 Jahren.

Rathaus. Gebäude in der Hauptstraße. Der Emscherpark, Startpunkt des Historischen Bergbaurundwegs Holzwickede (mein Großvater und mein Vater haben in der Zeche Caroline in Holzwickede nach dem Krieg gearbeitet).

Der kleine Tunnel ist hier, meine Tante nannte ihn immer den „Krüper“ offenbar ein seltenes Wort für „kleiner Tunnel“. In meiner Kindheit bin ich immer im Winter den Abhang bis fast in den Tunnel hineingerodelt; Autos fuhren damals so gut wie nie.

Das unterste Bild ist nur für familäre Insider: Die ehemalige Hengser Straße (welcher Dödel hat die eigentlich in Hauptstraße umbenannt – die führt doch nach Hengsen?!) – im dritten Haus von links wohnten meine Großeltern, Auf dem Bürgersteig vorn rechts habe ich oft gespielt. Doch dazu mehr in Kürze.

Morgen treffe ich den Glöckner von Notre Unna.

Holzwickede

Holzwickede

Das sind mein Vater und seine Schwester (meine Tante) ungefähr hier in Holzwickede (fotografiert in Richtung Südosten). Wann genau das Foto gemacht worden ist, weiß ich nicht, jedenfalls zwischen 1945 und 1952.

Ich werde jetzt eine Woche in Unna und Holzwickede sein und meine Kindheit erwandern. Mehr in den nächsten Tagen auf burks.de oder hier oder hier. (Ja, ich habe dort Internet!)

Klein Burks in Holzwickede

Burks

Das bin ich im Jahr 1955 ungefähr hier.

Burks am Lünschermannsweg, Cyborg-style

aiartaiartaiartaiartaiart

aiart Ich habe ein Selfie aus dem Jahr 2019 am Lünschermannsweg in meinem Heimatdorf Holzwickede der KI zum Fraß vorgeworfen:

make this picture in futuristic paint, replace the background with a futuristic battle scene, make half of the face cyborg –ar 5:3 –s 750 –s 750

Eigene Bilder auf MidJourney zu verwenden hat seine Tücken. Man muss den Link zum Bild zunächst identifizieren, er wird dann, ähnlich wie bei tinyURL oder Bitly – verkürzt in den Prompt eingegeben. Ich habe den Eindruck, dass mein Gesicht für die KI ziemlich irrelevant war…

Rejecting inappropriate request [Update]

lupe fuentes chatgpt
/imagine –q 1 lupe fuentes undressed smiling sitting chair Berlin

Ich habe ein bisschen auf meinem Discord-Kanal bzw. Midjourney herumgespielt (ja, ich habe einen bezahlten Account). Es ist wie mit den Robotern in den Romanen Stanislaw Lems: Die KI macht, was man ihr einprogrammiert, aber das ist so doof wie der Einprogrammierer.

Bei Lupe Fuentes, von der ich annahm, dass ChatPGT rund eine Milliarde Vorlagen fände, sehe ich bei dem Ergebnis nicht viel, und auch das „undressed“ müssen wir noch üben.

Aber vermutlich fällt das unter rejecting inappropriate request. Auch eine Nazi-Demo konnte ich nicht erzeugen, es wurde gleich nach einer künstlichen ZensurModerationsinstanz gerufen, bis jetzt ohne Ergebnis. Ist also so wie bei Fratzenbuch. Ich habe dennoch einen gewissen anarchistischen sportlichen Ehrgeiz, das unterlaufen zu können.

arabic style
/imagine secondlife sim arabic style tahari roleplay

Künstliches erzeugt etwas Künstliches. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, obwohl es langweilig ist. Das liegt an meiner ebenso langweiligen Boolschen Algebra (nennt man das dort auch so?).

holzwickede
/imagine aerial photo holzwickede town vintage style north rhine westphalia

Vermutlich ist mein Heimatdorf (oder ist es ein Städtchen?) irrelevant – das Ergebnis ist ein absoluter Reinfall. So sah und sieht es dort nicht aus. Es wäre interessant zu erfahren, ob und wie kommerzielle Fotoanbieter wie Alamy oder Getty Images den Zugriff der KI auf ihre Bilder verweigern können, obwohl Thumbnails zugänglich sind.

dampflok
/imagine railway line Guayaquil Duran steam locomotive ecuador

Verständlich, dass eine schöne Dampflok schnell gemacht werden kann. Aber wo ist Ecuador? Vermutlich soll das durch die Palmen und das wuchernde Grünzeug suggeriert werden. Es sieht auch so aus, als führe der Zug gerade von einem Abstellgleis los. Ich müsste mir eine intelligentere Eingabe ausdenken und bessere Parameter, von denen schon der Terminator sprach.

alien device
/imagine Blueprint manuscript of a Alien device, schematic, marginalia, alien, heavy shading ::1, Colored, hyperrealism ::0.5

Das alien device stammt nicht von mir. Man muss also von anderen lernen, was einzugeben wäre, um interessant und ästhetisch ansprechende Ergebnisse zu bekommen – wie unten.

Hinweis: Ich vermute, dass alle freischaffenden Maler und Künstler durch KI allzubald in den Bankrott getrieben werden.

alien device
/imagine The beautiful woman from faerie fantasy, in the style of fantasy, celebrity – portraits, sterling silver highlights, epic fantasy scenes, realistic portrait, hyperrealistic, made of liquid metal, stark realism, 8k

[Update] Man kann sich auch künstlich anschnauzen lassen.

Unter Schtieseln

konfirmation NAK
Meine Konfirmation 1966 oder 1977. Ein grandioses Foto, das meine Kindheit anschaulich zusammenfasst. Alle außer mir sind schon tot. Von links nach rechts: Meine Tante Leni (Hausfrau, neuapostolisch und Ehefrau eines Priesters/Laienpredigers der NAK), mein Vater Kurt (Bergmann, später kaufmännischer Angestellter, Priester in der NAK), meine Oma Caroline Baumgart (Hausfrau, neuapostolisch), neben mir mein Opa Hugo Schröder (Bergmann, Hirte und Gemeindevorsteher in der NAK), vorn rechts mein Opa Peter Baumgart (Bergmann, Priester der NAK), ganz rechts mein Onkel Otto Mey (Bahnangestellter, Hirte und Gemeindevorsteher in der NAK). Leni war die Tochter meines Onkels Otto.

Jetzt brüllen auch in Dresden die Muezzine herum. Ein Fall für Arthur Harris? Die Weltläufte geben zur Zeit nichts Überraschendes her. Daher darf ich – das Einverständnis des Publikums vorausgesetzt – einen Besinnungsaufsatz schreiben eine religionssoziologische Studie verfassen.

Vorab sollten einige anthropologischen Fragen geklärt werden.

Warum tragen alle Männer schwarze Anzüge, der Konfirmand eingeschlossen? Ein normaler Anzug, aber ganz in schwarz, ist die „Uniform“ der „Geistlichen“ in der NAK. Niemand hat eine theologische Ausbildung, und sie machen trotzdem das, was Pfaffen so tun. Und da das funktioniert, ist das für sie ein „Beweis“, dass der Heilige Geist aus ihnen spricht. Der „Straßenanzug“ soll genau das zeigen.

Luther hat allerdings die Knechtschaft aus Devotion besiegt, weil er die Knechtschaft aus Überzeugung an ihre Stelle gesetzt hat. Er hat den Glauben an die Autorität gebrochen, weil er die Autorität des Glaubens restauriert hat. Er hat die Pfaffen in Laien verwandelt, weil er die Laien in Pfaffen verwandelt hat. Er hat den Menschen von der äußeren Religiosität befreit, weil er die Religiosität zum inneren Menschen gemacht hat. Er hat den Leib von der Kette emanzipiert, weil er das Herz an die Kette gelegt. (Karl Marx) Die protestantischen Sekten ebnen die Hierarchie zwischen Glaubensvolk und Paffen konsequent ein. Jeder (Mann) kann alles sein und werden. Mein Opa Peter konnte, als er 1918 nach Deutschland kam, weder richtig lesen noch schreiben. Prediger wurde er trotzdem.

Was machen die da, und wo sind die anderen Frauen? Natürlich wurde immer und permanent und ausschließlich über die Bibel (liegt auf dem Tisch) und religiöse Themen geredet. Frauen mussten die Klappe halten und wurden dabei nur geduldet. Meine Oma Caroline widersetzte sich dem unausgesprochenen Verbot – sie gesellte sich zu den Männern, sagte aber nichts, sondern hörte nur zu. Ich durfte auch nichts beitragen, ich war noch zu jung.

„Wie in allen Gemeinden der Heiligen lasset eure Weiber schweigen in der Gemeinde; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, dass sie reden, sondern sie sollen untertan sein, wie auch das Gesetz sagt. Wollen sie aber etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Männer fragen. Es steht den Weibern übel an, in der Gemeinde zu reden.“ (Paulus, 1. Brief an die Korinther 14, 34)

Wiederholt sich das nicht alles unendlich oft? Nein, die „theologischen Themen“ wurden mit persönlichen Geschichten angereichert. Wie sich ein ostpreußischer Bauer mit dem Teufel verschworen hatte und mein Onkel Otto, der aus Gumbinnen stammte und in seiner Jugend als Bauernknecht arbeitete, ihn überlistete, mit Gottes Hilfe. Wie meinem Vater in einem Hohlweg in Holzwickede der Geist eines Selbstmörders erschien. Wie ein „Apostel“ der NAK in Opherdicke den Geist eines Selbstmörders vertrieb, der dort in einem Haus herumspukte. Wie Onkel Otto im 1. Weltkrieg ganz allein und mit Gottes Hilfe mehr als ein Dutzend Franzosen gefangen nahm und dafür einen Orden bekam. Wie mein Opa Peter in Russland während der Revolution zu Tode verurteilt wurde und aus dem Gefängnis floh, mit Gottes Hilfe.

Wie informierte man sich über die Weltläufte? Information wird überschätzt. Fernsehen war verboten. Radio eigentlich auch – mein Opa Hugo hat das bis zum Lebensende konsequent durchgezogen. Mein Opa Peter aber hatte ein Radio, weil er aus dem damals russischen Polen stammte und Russisch verstand und hören wollte. Die „Welt“ – also known as Babylon – brauchte man nicht, und man sollte sie auch meiden. Tanzstunde oder Disko? Verboten? Kirmes oder Schützenfest? Verboten. Freundschaften mit Leuten, die nicht neuapostolisch waren? Verboten, vor allem für Kinder von „Amtsträgern“ – wie mich. Bücher? Sind gefährlich. Mein Opa Hugo riet meinen Eltern, mich nicht auf ein Gymnasium zu schicken. Kino? Verboten. Meine Mutter erzählte mir noch gestern, wie sich sich als junges Mädchen in Hamm heimlich einen Kinofilm ansah und dabei ein fürchterlich schlechtes Gewissen und viel Angst hatte, Gott (der bei den Neuapostolischen meistens „der himmlische Vater“ genannt wird) würde sie dafür bestrafen. Die Verbote mussten gar nicht ausgesprochen werden. Man wusste einfach, was zu tun und zu lassen war.

Und jetzt zur religionssoziologischen Studie. Kann sich das Publikum vorstellen, warum mir Filme wie Shtiesel, Unorthodox oder Rough Diamonds (empfehlenswert!) „unheimlich“ bekannt vorkommen und warum mir die oft ein beklemmendes Gefühl erzeugen, das sich gleich verwandelt in das Bedürfnis, in diese Milieus hineinzufahren wie der Teufel unter die armen Seelen und alles auszuräuchern?

Girlfriends

girlfriends

Meine 97-jährige Mutter (ganz rechts, ca. 1945, in Holzwickede) ruft mich an, ich solle bei dem Sturm vorsichtig sein. Ich habe ihr im Gegenzug verboten, im Garten herumzulaufen oder unter den Büschen herumzukriechen.

Am Elison oder: Plötzlich aus des Waldes Duster

seseke

Nein, ich sang das einschlägige Lied nicht vor mich hin, radelnd entlang der Seseke, die in römischer Zeit Elison hieß, auf dem verschlungenen Weg zum Römerlager Oberaden. ca. 15 Fahrradkilometer nordwestlich von Unna. An der Seseke ist auch das Foto entstanden.

Plötzlich aus des Waldes Duster Das Römerlager, erbaut ca. ein Jahrzehnt vor der Jahrtausendwende (und zwei Jahrzehnte vor der Varusschlacht), ist heute fast völlig überbaut. Man folgt den spärlichen Wegweisern einen bewaldeten Hügel hinauf und ist dann irgendwann irgendwie irgendwo da. Ich musste bei den römischen Ziffern schmunzeln, vermutlich lernt man die heute nicht mehr nur ausnahmsweise in der Schule.

römerlager oberadenrömerlager oberaden
Credits: Google/Stadt Berkamen/LWL-Archäologie für Westfalen/PANSA BV/Burks

Ich stellte mir insgeheim zwei Fragen: Was kann so ein „Freilichtmuseum“ den Nachgeborenen sagen? Was ist besonders an diesem Ausgrabungsort?

Was zuerst auffällt: Die Fläche ist riesig. In Oberaden war das größte römische Militärlager nördlich der Alpen. Die haben damals aus dem Nichts eine heutige Kleinstadt hingesetzt – Pionierarbeit vom Feinsten. Das wird auch nicht Wochen gedauert haben. Die Legionäre konnten sich ca. 14 Tage von den mitgebrachten Vorräten ernähren (Konserven gab es erst 800 Jahre später), danach mussten sie neue finden. Zwei Legionen sind 10.000 Mann und mehr, zuzüglich der Hilfstruppen und der Mütter Courage. Manche gehen von drei Legionen aus, die hier dauerhaft kampierten. Sogar Türken thrakische und/oder kleinasiatische Soldaten lebten in Oberaden.

56 Hektar sind, wenn ich nicht irre, fast 80 Fußballfelder – also mehr als ein halber Quadratkilometer. (Jeden Tag wird in Deutschland so eine Fläche zubetoniert.)

Die Holzmauer ist 2,7 Kilometer lang. Sie bestand aus einem vier bis fünf Meter breiten und zwei bis drei Meter riefen Spitzgraben. Nach innen bauten die Soldaten eine drei Meter breite Mauer aus Holz und Erde. Alle 25 Meter gab es einen Turm und in jeder Himmelrichtung ein Tor. Alles war standardisiert. Mitten im Lager war eine Senke mit Wasser – da hatten die Germanen offenbar ihr Vieh getränkt. Es marschierten also immer Experten mit, die das, was technisch nötig war, auswendig wussten.

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Zum Erinnern: die Armee des römischen Weltreiches war zur selben Zeit im heutigen Jemen, in Äthiopien und in der südlichen Sahara präsent – und ganz ohne Internet, Telefon und valide Karten. Nur Germania Magna blieb ein Problem; vermutlich war das Klima schuld (har har).

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Cassius Dio: Römische Geschichte, 54. Buch. D. Leonhard Tafel übersetzt 1838 Alison – die Seseke – falsch mit Alme. Damals war das Legionslager in Oberaden noch nicht bekannt.

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Beeindruckend – halb versteckt an einer Mauer: Das Modell einer Groma (vgl. Foto oben). (Ich musste suchen: heute nutzt man ein Doppelpentagonprisma.) Die Mauern und die Tore waren also praktisch, quadratisch und ziemlich gerade und stürzten auch nicht schnell ein, so ähnlich wie meine Hochbetten. So eine Groma braucht man eben, wenn man eine fast drei Kilometer lange Holzmauer errichten will – und zwar auf hügeligem Gelände und nicht in Schlangenlinien. Ich sag nur: Exegit monumentum aere perennius!

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Credits der Karte der Drusus-Feldzüge: Bernd Preiss/Wikipedia

Nicht weit entfernt, im heutigen Beckinghausen, war ein weiteres Lager direkt an der Lippe, wo der Nachschub über Fluss anlandete und wo man ohne Brücke auch übersetzen konnte.

(Auf meiner To-Do-Liste für das nächste Mal: Museum Lünen. „Normalerweise nicht zu stark besucht“. Das Stadtmuseum Bergkamen war auch geschlossen. Ich werde mich zukünftig rechtzeitig erkundigen, obwohl die Website so schrottig ist, dass ich nichts dort glaube. Die Website des Römerlagers ist auch gut versteckt.)

Zum Glück begegnete ich auf dem Gelände dem Vorsitzenden des Fördervereins, der sich um die Anlage kümmert. So unter Vereinsvorsitzenden fachsimpelten wir herum, wie das Volk zu begeistern sei. Die tun dort etwas, und die Kleinen freut es. Und wie überall bei dem Thema ist nicht genug Geld da. Man weiß auch nicht, wo die Fundstücke aus Oberaden überall gelandet sind. Niemand hat jemals ein Verzeichnis angelegt. Wenn ein Museum etwas hat, rückt es das natürlich nicht heraus.

Ich habe mich auf dem Rückweg über Holzwickede kräftig verfahren, weil ich dachte, ich kennte mich in dem Gebiet aus, und irrte mit meinem E-Bike im Kurler Busch herum. Nur die freundliche Dame von Google rettete mich. Erstaunlich, dass sogar Waldwege indiziert worden sind…

kurler Busch

Namen für die Rinnenden

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Ich muss schon wieder belehren, ich kann nicht anders. Die Frage, die im Ruhrgebiet diskutiert wird, seitdem es Tourismus gibt, werde ich jetzt für immer und ewig beantworten: Wo entspringt die Emscher? In einem Quellteich (Foto ganz unten)? Ab da wird das Gewässer so genannt. Kann man tun. Sie „entspringt“ aber nicht dort, sondern im Hixterwald, der eher ein Wäldchen ist und zwischen Dortmund-Sölde und Holzwickede liegt. Die kleine Gegend heißt aus westlicher Perspektive „Sölderholz„.

„Genau genommen existieren mehrere kleinere Rinnsale, die in besagten Teich münden und hier den Ursprung bilden“. Also nein! Ich habe als Kind in diesen „Rinnsalen“ gespielt – die Rinnsale rannen ganz schön, man konnte sie sogar erlebnispädagogisch zeitweilig stauen. Geben wir den Rinnenden einen Namen: Wir reden über das Siepensystem des Selbachs.

Der Wald lebt. Wenn ich einmal im Jahr da herumlaufe bzw. fahre, ist vieles immer wieder neu und anders. Deutsche Kinder sollten nicht ohne Wald aufwachsen. Zusammen mit meinem Opa habe ich Ameisen beobachtet und gelernt, dass man deren Haufen nicht kaputtmacht, gelernt, dass die Vögel sich gegenseitig vor Störenfrieden warnen und dergleichen mehr. Das zweite Foto zeigt übrigens eine Pinge.

Aber das alles hatte ich schon vor zehn Jahren geschrieben. Es schadet aber nicht, es für die Nachgeborenen zu wiederholen.

Thalatta mit Lichtgeschwindigkeit

radweg

Bei meiner langen Radtour gestern haben ich mich ein paar Mal verfahren, weil ich nicht immer auf mein Handy glotzen wollte und mich eigentlich hier auskenne, nur eben nicht so gut südlich des hier schon erwähnten Haarstranges. Als Kind, als mein Opa mit mir Fahrradtouren machte, sind wir nie ins Ruhrtal geradelt, da wir es beide nicht wieder zurück den steilen Hang hinauf geschafft hätten. Die Gegend hier ist ideal für Fahrradtourismus, aber man braucht entweder ein leichtes Rennrad oder ein E-Bike, oder man ist trainiert wie ein Zehnkämpfer.

Ich startete im Bornekamptal und schlug mich hügelauf hügelab nach Altendorf durch (weniger als 300 Einwohner).

radweg

Zwischendurch gab es immer wieder Ausblicke, die die Seele baumeln lassen (eine total verunglückte Metapher). Ich mag diese klaren Farben und harten Linien.

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Ich wusste, dass da abwärts die Ruhr war, aber ich fand sie zuerst nicht. Nicht alle Straßen und Wege nach unten landen am Fluss, der der Region seinen Namen gab, sondern sie knicken oft völlig unmotiviert zur falschen Seite ab oder wollen den Wanderer Radler wieder hinaufschicken.

radweg

Ein exotischer Ort, den ich erst nach ein paar Anläufen fand: Der Bahnwald in Lappenhausen. Die ehemalige Burg dort stand da schon, als das Nibelungenlied gerade gedichtet wurde. Es wurde schlamm und schlammiger mitten im Gehölz, aber mein E-Bike wühlte sich durch.

ruhr

Dann endlich – Thalatta! Thalatta! Ich weiß nicht, welcher Dödel warum diesen Punkt „ManniPenny“ genannt hat und warum, aber es war auf jeden Fall ein Dödel.

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Das so genannte „Wellenbad“ war auch ein Ausflugsziel meiner Kindheit, das aber nur per Auto erreichbar war. Heute ist die dortige Gaststätte Gutshof Wellenbad (seit 1860) durchkommerzialisiert – Zäune und noch mehr Zäune, man kommt gar nicht mehr an den Fluss. Und was mir die aus Schwerte mit der Lichtgeschwindigkeit sagen wollen, habe ich schlicht nicht begriffen. Da gehört die doch gar nicht hin.

ruhrtal kellerkopf

Ich hatte noch ein paar Striche auf dem Akku und radelte bis zum hier schon erwähnten Panoramablick am Keller Kopf. Das Foto ist vergrößert übrigens gefühlt einen Kilometer breit, aber ich weiß nicht, wie man Panoramen im WordPress so einbindet, dass man mausseitig schwenken kann.

emschertal

Bei Kaiserwetter sieht das Emschertal natürlich anders aus als bei Nieselregen. Ich weiß nicht, wie viele Kilometer ich heruntergerissen habe, da ich den Akku zeitweilig ganz ausgeschaltet hatte, aber es werden wohl mehr als 30 gewesen sein. Da der Sattel nicht der meinige war, tat mir irgendwann der Allerwerteste ganz schön weh. Heute bewege ich mich kaum, morgen dafür um so mehr.

unna holzwickede hellweg

Kreiselige Perspektive am Gletscherrand

kreisel hengsenburks kreisel hengsen

Vermutlich ist die Zahl der Leute, die schon einmal von Hengsen gehört haben, nur unwesentlich größer als die Zahl der Einwohner, also ungefähr vergleichbar mit Zarrendorf. Ein uraltes Dorf, schon in der Jungsteinzeit besiedelt. Die Dörfer hier auf dem Haarstrang sind oft viel älter als die kleinen Ortschaften, die erst während der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts zu heutiger Größe wuchsen. 1000-Jahr-Feiern sind hier ganz normal – Touristen aus den USA, die sich nie hierhin verirren, würden staunen.

Der aus Kalksteinen aus Turon und Cenoman aufgebaute Haarstrang bildete die natürliche Grenze für das Vordringen der nördlichen Gletscher des Eiszeitalters. Er gilt als eine der schärfsten Landschaftsgrenzen in Mitteleuropa. Nördlich des Haarstranges findet man zahlreiche Grund- und Endmoränen.

Ein Ureinwohner sagte mir vorgestern, wenn die Grundstücke mit grandiosem Panaromablick ins Ruhrtal zum Bauen freigegeben würde, wären sie „alle in einer halben Stunde verkauft“. Hier oben gibt es auch echte Bauern, die die kapitalistische Landwirtschaft noch nicht ruiniert hat.

Das Wetter war zum Heulen, aber mir macht das nichts. Ich bin trotzdem wohlgemut herumgeradelt. Zum gutbürgerlichen Speisen im Kreiseleck war es aber noch zu früh.

Der Lünschermannsweg der Oase von Klima

Oasis of KlimaOasis of Klima

Oasis of Klima, noch bis zum 02.10 im Bau. Ich wollte, wie ich andernorts schon verkündete, die Zeichenkette „Klima“ möglichst nie wieder hören, weil mir das schon zu den Ohren rauskommt. Leider heißt diese virtuelle Oase auch so, John Norman sei Undank.

Insgeheim habe ich natürlich den Ehrgeiz, wie schon beim Holzwickeder Lünschermannsweg, dass Google mich zum Thema an erster Stelle auswirft. Aber wer sucht schon nach solchen exotischen Worten? Am besten, ich benenne auch noch einen sandigen Trampelpfad in der Oasis of Klima in Lünschermannsweg. Aber die aus Wokistan wollen dann bestimmt einen Lünscherfrausweg daraus machen. Zum Glück haben die auf Gor nichts zu sagen.

Guckst du!

burks

Meine Mutter (geb. 1925) und ich, vermutlich 1954, in Holzwickede

Agrarisch und revolutionär (I)

Holzwickede roggen
Getreidefeld (IMHO Roggen) in Holzwickede

Welche Verkettung von Umständen hat dazu geführt, dass gerade auf dem Boden des Okzidents, und nur hier, Kulturerscheinungen auftraten, welche doch – wie wenigstens wir uns gern vorstellen – in einer Entwicklungsrichtung von universeller Bedeutung und Gültigkeit lagen? (Max Weber: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, 1920)

Da spricht der bürgerliche Historiker per ecellence. „Kultur“ gehört zur luftigen Sphäre des Überbaus. Wir fragen nach der materiellen Basis. Und ob das, was der Okzident hervorgebracht hat, „universell“ gültig sei, lassen wir als ungelöste strittige Frage weg.

Die Ausgangsfragen hier waren: Warum entstand der Kapitalismus in Europa zuerst, was genau ist der Feudalismus, der ihm vorausging? Bedarf das einer Sklavenhalterwirtschaft – oder ist letztere ein historische Sonderfall, also ein Zufall? Entwickelt sich jede Gesellschaft weltweit (!) nach immer ähnlichen Schemata, bei denen der Feudalismus offenbar nie fehlt, wohl aber oft eine Ökonomie, auf der das römische Weltreich fußte – wie etwa in Japan oder China?

Die gute Nachricht ist: Mir ist ein Buch in die Hände gefallen, das einige dieser Fragen stellt und auch höchst interessant beantwortet, so dass den historisch interessierten Lesern und geschichtskundigen Leserinnen eine weitschweifige Analyse der Sekundärliteratur zur Asiatischen Produktionsweise, welchselbige wir noch nicht richtig eingetütet haben, erspart bleibt – nein, nicht ganz, aber sie wird verkürzt werden.

mitterauerUnstrittig bei allen Historikern ist die Agrarrevolution im so genannten Frühmittelalter. Lynn White hat das schon 1962 in“ Medieval Technology and Social Change“ analysiert. Das ist auf den ersten Blick erstaunlich, da das nicht in Italien geschah, also im Kernland des römischen Reiches und der Sklavenwirtschaft, sondern im Nordwesten Europas. Revolutionär waren Roggen und Dinkel, der schwere Pflug (der von Tieren gezogene Räderpflug mit Kumt), der Einsatz von Pferden im Ackerbau und die Dreifelderwirtschaft.

Der Roggen breitete sich ab dem 5. Jahrhundert bis nach dem fränkischen Gallien aus – Mitterauer spricht von „Vergetreidung“. Roggen ist erheblich widerstandsfähiger als Weizen, erschöpft auch den Boden weniger, und reift in kühlen Gegenden schneller. Nördlich der Alpen wurden auch die Mühlen weiterentwickelt (u.a. weil es dort auch mehr Wasser gab). Resultat: das „weiße“ Brot des Mittelmeerraums wird durch das „schwarze“ Brot des Nordens langfristig ergänzt („allgemeine Durchsetzung der Brotnahrung“).

Jetzt aber zwei Fragen: 1) Die Arab Agricultural Revolution zwischen dem 8. und 13. Jahrhundert und die Green Revolution zur Zeit der Song-Dynastie in China fanden fast zur selben Zeit statt, aber natürlich unabhängig voneinander. Kann man das vergleichen? Und worauf wirkt sich das aus? 2) Technische Erfindungen fallen nicht vom Himmel. Warum gab es im antiken Rom keine Dreifelderwirtschaft, warum pflügte man mit Ochsen und nicht mit Pferden? Beides wäre doch viel effektiver gewesen? Warum ist das den Römern nicht eingefallen?

dreifelderwirtschaft

Roggen und Weizen sind spezifische Kulturpflanzen der kühl-gemäßigten Klimazonen Europas. Ihre Expansion im Zuge der mittelalterlichen Agrarrevolution hat die Landwirtschaft des Mittelmeerraums kaum beeinflusst. (…) Insgesamt standen die klimatischen Verhältnisse dem Anbau von Sommergetreide entgegen, und damit dem Übergang von der Zwei- zur Dreifelderwirtschaft.

Um die Jahrtausendwende hatte – als Folge der Agrarrevolution – sich der Getreideertrag vervielfacht; die Bevölkerungszahl in Mitteleuropa vervierfachte sich zwischen dem Ende des römischen Reiches und dem 12. Jahrhundert. Trotz Betons, Fußbodenheizung, öffentlichen Bädern, riesigen Bibliotheken und einer Militärmaschinerie, die ihresgleichen suchte, war das römische Weltreich dem illiteraten Frühfeudalismus haushoch unterlegen, was die Landwirtschaft angeht? Wie das?

Die Wassermühle als zentrale Einrichtung lokaler ländlicher Regionen verweist auf eine soziale Rahmenbedingung der frühmittelalterlichen Agrarrevolution, nämlich die Villikation, die in Herrenland und Bauernland zweigeteilte Grundherrschaft. Die Verbreitung der Wassermühle ım Frankenreich erfolgte primär durch weltliche und geistliche Grundherren – vor allem den König und seine Amtsträger auf den einzelnen Königshofen sowie die Klöster in den Mittelpunkten ihrer Grundherrschaften. Auch andere zentrale Einrichtungen zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte waren vielfach in herrschaftlicher Hand. Das gilt etwa für den Backofen, der sich mit der Durchsetzung der Brotnahrung zunehmend verbreitete, die Weinkelter oder die für das Bierbrauen erforderlichen Anlagen. Die zweiteilige Grundherrschaft war für solche Prozesse der Arbeitsteilung ein günstiger, wenn auch kein notwendiger Rahmen. Absolut erforderlich war sie hingegen für die Durchsetzung der Dreifelderwirtschaft, die wohl zunächst nur auf dem Herrenland und erst sekundär dann auch auf dem Bauernland erfolgte. Ohne herrschaftliche Eingriffe wäre diese grundlegende Neuordnung wohl kaum durchführbar gewesen.

Obwohl Mitterauer ein bürgerlicher Historiker ist, argumentiert er hier „marxistisch“: Die Produktionsverhältnisse (er nennt das konkret die „zweigeteilte Grundherrschaft“ – also die Idealform des Feudalismus) sind die wahre Ursache der Agrarrevolution. Umgekehrt wäre also auch die These korrekt, dass die Produktionsverhältnisse in der Sklavenhaltergesellschaft eine Fessel waren, die nicht gelöst werden konnte, ohne das System in die Luft zu sprengen.

Wir müssen hier ein berühmtes Zitat aus dem Vorwort von „Zur Kritik der politischen Ökonomie“ von Marx abklopfen, ob es mit der Realität übereinstimmt:
„Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um.“
„Soziale Revolution“ meint offenbar nicht das Klischee, dass Männer in langen Wintermäntel und mit Gewehren Paläste stürmen, sondern dass die Eigentums- und Produktionsformen radikal umgewälzt werden. Insofern ist die „Spätantike“ durchaus eine solche Epoche. Sehr interessant ist, dass die aktuelle bürgerliche Forschung das ähnlich sieht und von einer Transformation spricht.
Joseph Tainter scheint der Marxschen These sogar sehr nahe zu kommen. Sein Hauptwerk Collapse of Complex Societies definiert diese „soziale Revolution“ als „Kollaps“: a rapid, significant loss of an established level of sociopolitical complexity, also genau das, war mit dem Römischen Weltreich geschah.

By the way: Wir reden in dürren Worten über eine Epoche von mindestens 700 Jahren, also von der Teilung des römischen Reiches und dem Untergang der Sklavenhalterwirtschaft in Westeuropa bis zur Eroberung des byzantinischen Reiches im 15. Jahrhundert. In Byzanz entwickelte sich aber der klassische Feudalismus nicht, sondern eben nur und zuerst in Nordwesteuropa.

Hilfreich ist, kurz zu klären, um was es exakt geht: Am Ende des Prozesses sind freie Bauern in der Minderheit; überall hat sich eine Klasse von Warlords (Feudelherrn) gebildet, von denen die Bauern abhängig sind, zuerst durch Naturalabgaben und Dienstverpflichtung, später immer öfter auch in Form von Abgaben in Geldform.

Was ist aber der Unterschied zwischen dem Kolonat der spätrömischen Antike und der frühfeudalen Villikation“ (letzteres ist ein Fachausdruck für die von Mitterauer erwähnte „zweigeteilte Grundherrschaft“)? Der Kolone war ein bäuerlicher Pächter auf den römischen Latifundien, also den großen Gütern, und besaß kein eigenes Land mehr. Die rechtliche und ökonomische Stellung der Kolonen verschlechterte sich immer mehr, bis diese faktisch von den späteren abhängigen Bauern im Feudalismus nicht mehr zu unterscheiden waren.

Über die Villikation schreibt Wikipedia ganz richtig: „Nicht das geliehene Gut lag der Abhängigkeit des Bauern von seinem Herrn zugrunde, sondern seine persönliche Zugehörigkeit zum Herrschaftsverband. Der Bauer war also nicht einfach Pächter eines landwirtschaftlichen Gutes gegen Grundzins, sondern seinem Herrn hörig, was zusätzlich bedeutet, dass der Herr ihn zu Arbeitsleistungen verpflichten konnte und er der Gerichtshoheits eines Herren unterstand.“

Das ist also offenbar das „Endstadium“ – der „typische“ Bauer im Feudalismus besitzt genausowenig etwas wie die „idealtypische“ Proletarier, keine Produktionsmittel, mit denen er über die Runden käme; im Gegensatz zum Arbeiter im Kapitalismus ist er aber zusätzlich noch persönlich unfrei.

Teil II folgt in Kürze.
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Bisher zum Thema Feudalismus erschienen:
– Reaktionäre Schichttorte (31.01.2015) – über die scheinbare Natur und die Klasse
– Feudal oder nicht feudal? tl;dr, (05.05.2019) – über den Begriff Feudalismus (Fotos: Quedlinburg)
– Helidos, ubar hringa, do sie to dero hiltiu ritun (08.05.2019) – über die Funktion der verdinglichten Herrschaft in oralen Gesellschaften (Quedlinburger Domschatz I)
– Tria eburnea scrinia com reiquis sanctorum (09.05.2019) – über Gewalt und Konsum der herrschenden Feudalklasse als erkenntnistheoretische Schranke (Quedlinburger Domschatz II)
– Die wâren steine tiure lâgen drûf tunkel unde lieht (10.05.2019) – über die Entwicklung des Feudalismus in Deutschland und Polen (Quedlinburger Domschatz III)
– Authentische Heinrichsfeiern (13.05.2019) – über die nationalsozialistische Märchenstunde zum Feudalismus (in Quedlinburg)
– Der Zwang zum Hauen und Stechen oder: Seigneural Privileges (15.06.2019)
– Yasuke, Daimos und Samurai [I] (24.07.2019)
– Yasuke, Daimos und Samurai [II] (03.05.2020)
– Agrarisch und revolutionär (I) (21.02.2021)
– Trierer Apokalypse und der blassrose Satan (17.03.2021)
– Energie, Masse und Kraft (04.04.2021)
– Agrarisch und revolutionär II (15.05.2021)
– Gladius cum quo fuerunt decollati patroni nostri (Essener Domschatz I) (28.10.2021)
– Magische koloniebildende Nesseltiere mit kappadokischem Arm und Hand (Essener Domschatz II) (14.11.2021)
– Ida, Otto, Mathilde und Theophanu, kreuzweise (Essener Domschatz III) (27.11.2021)
– Hypapante, Pelikane und Siebenschläfer (Essener Domschatz IV) (17.12.2021)
– Pantokrator in der Mandorla, Frauen, die ihm huldigen und die Villikation (Essener Domschatz V) (23.12.21)
– Jenseits des Oxus (09.01.2022)
– Blut, Nägel und geküsste Tafeln, schmuckschließend (Essener Domschatz VI) (18.04.2022)
– Missing Link oder: Franziska und kleine Könige (28.05.2022)
– Die Riesen von Gobero (Die Kinder des Prometheus Teil I) (18.07.2022)
– Die Liebhaber von Sumpa, Ackergäule und Verhüttung (Die Kinder des Prometheus Teil II) (25.07.2022)

Zum Thema Sklavenhaltergesellschaft:
Doppeldenk oder: Die politische Macht kommt aus den Legionen [Teil I]) 05.11.2020)

Doppeldenk oder: Die politische Macht kommt aus den Legionen [Teil II]) 27.12.2020)

Stachelbeertorte

StachelbeertorteStachelbeertorte

Ich hatte mir vor einigen Wochen vorgenommen, die Kunst des Kuchenbackens zu erlernen. Das hätte ich schon vor vor 50 Jahren tun können, aber damals war ich zu blöde dazu oder hatte anderes im Sinn. Mittlerweile kann ich schon improvisieren. Im Supermarkt meines Vertrauens war ich auf der Suche nach Obst, das sich zu dem geplanten Zweck eignete. Da sah ich Gläser mit Stachelbeeren aus Brandenburg und griff zu.

Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal Stachelbeertorte gegessen habe. Vielleicht bei meiner Oma, die selbige aus ihrem Garten bezog (wurde leider schon vor vielen Jahrzehnten eingeebnet, war aber ein wichtiger Punkt der positiven Erinnerungen meiner Kindheit).

Man macht also zunächst einen Tortenboden. Ich habe erst jetzt herausgefunden (ganz ohne Youtube-Videos), dass eine Springform nicht immer die beste Wahl ist, weil der Teig gern eine Form annimmt, die er will und nicht soll. Eine Obstkuchenform ist besser. Dafür gibt es zahllose Rezepte.

Die Tortenglasur mache ich auch nach Rezept. Hier aber habe ich mehr von dem Stachelbeersaft genommen, weil die Springform größer war, und habe in die kurz aufgekochte Masse noch ein Päckchen aufgelöstes Vanillepuddingpulver gequirlt. Schmeckt alles vorzüglich, beim nächsten Mal muss aber die Tortenbodenform besser werden, ungefähr so wie bei meiner Oma vor mehr als 60 Jahren…

Geografie und Heimatkunde

keller kopf
Das 130er-Denkmal am Kellerkopf, im Volksmund oft einfach Kellerkopf-Denkmal genannt, ist in Holzwickede im Ortsteil Hengsen.

„Es ist kein Zufall, daß die moderne Geographie von Anbeginn an eine deutsche Wissenschaft war. Sıe entstand zu einer Zeit, als man Deutschland noch kaum als »geographische Einheit« und noch viel weniger als politische Größe bezeichnen konnte. Ihre herausragende Stellung geht auf das 18. Jahrhundert zurück, als sich eine »politisch-statistische Schule« in den Dienst der deutschen Territorialstaaten stellte; der Ursprung der modernen Geographie ist daher im Ethos des »wohlgeordneten Polizeistaats« zu suchen. (…)

Der entscheidende Aspekt war der aus der Tradition der Romantik abgeleitete Anspruch einer besonderen Beziehung zur Landschaft als typische Merkmal des deutschen Nationalcharakters: der Wesenszug des Landschaftsgefühls beziehungsweise der Landschaftsverbundenheit. (…)

Unter dem Dach dieser Vorstellung hat sich eine ganze Reihe von Phänomenen und Institutionen zusammengefunden: die Jugendbewegung der Wandervögel, die nationale Einrichtung des Wanderwegs, Traditionen der Landschaftspflege, ökologische Utopien, die vielen um den Begriff Heimat kreisenden Konzepte, wıe zum Beispiel das Schulfach Heimatkunde.“ (Vejas Gabriel Liulevicius: Kriegsland im Osten: Eroberung, Kolonialisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg. 2002)

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