Am Limes Arabicus

Madain Saleh
Credits: Felsgräber bei Mada’in Salih by Sammy Six

Wie schon erwähnt, hatte ich in meiner peer group eine kurze Diskussion über das Thema, ob die Römer in Saudi Arabien waren und wie. Ich habe mich jetzt kundig gemacht und empfehle zur Lektüre: Michael A. Speidel: „Ausserhalb des Reiches? Zu neuen römischen Inschriften aus Saudi Arabien und zur Ausdehnung der römischen Herrschaft am Roten Meer. In: Heer und Herrschaft im Römischen Reich der Hohen Kaiserzeit“, 2009, S. 633–649 (pdf).

Die Archäologen haben Inschriften analysiert, die belegen, dass das Römische Weltreich im Südosten viel ausgedehnter war als bisher angenommen und den Westen des heutigen Saudi-Arabiens und Teile Ostafrikas umfasste.

Eine Inschrift stammt aus Hegra (Mada’in Salih). Eine altersschwache Mauer war eingestürzt und musste von den Bürgern (civitatis hegrenorum) wieder aufgebaut werden. Das geschah zwischen Mitte 175 und 177 n. Chr. unter dem Statthalter Iulius Firmanus. Hegra war ein wichtiges Handelszentrum an der Weihrauchstraße, die von Jemen ans Mittelmeer führte.

Organisiert geleitet wurde die Baumaßnahme von zwei Zenturionen der in der Provinz Arabia stationierten legio III Cyrenaica. Diese war 900 [!9 Kilometer von Hegra entfernt in Bostra im heutigen Syrien stationiert und bestand aus Kamelreitern. (Nehmt dies, Regisseure von Sandalenfilmen!)

Dieser Legionsname tauchte schon rund 200 Jahre zuvor im Gebiet des heutigen Jemen auf. Damals marschierten die Römer auch in das Reich von Kusch (Nubien) ein – in den heutigen Sudan Bzw. in Äthiopien. Das Unternehmen endete aber als militärischer Fehlschlag. Seitdem unterhielten die Römer – laut Strabo – eine Flotte im roten Meer. Die Jemeniten im Königreich Himyar waren Untertanen Roms und prägten Münzen mit dem Portrait des Imperators Augustus.

Die anderen zwei Inschriften fanden Archäologen auf Farasan,
einer Insel des gleichnamigen Archipels vor der saudiarabischen Küste im südlichen Roten Meer.

Imp(eratore) Caes(are) Tito Ael(io) Hadr(iano)
Antonino Aug(usto) Pio, pont(ifice)
max(imo), trib(unicia) pot(estate) VII, c(o)s(ule) III,
p(atre) p(atriae), vexill(atio) leg(ionis) II Tr(aianae) Fortis
et auxil(iares) eius c a str[a sub —]
Avit o praef(ecto) Ferresani p ortus (?)
et Pont(i) Hercul(is) fec(erunt) et d [ed(icaverunt)].

Speidel schreibt: „Der Fundort der Inschrift liegt eintausend Kilometer [!] südlich von Berenike, dem letzten ägyptischen Hafen am Roten Meer“. Die Präfektur auf den Insel war Teil der provincia des Statthalters von Ägypten.

Damit wird G. Bowersock: Roman Arabia(1983), bestätigt: „The extent of the Roman province was almost certainly identical to that of the Nabataean kingdom„.

Man kann es noch toppen: „Um die Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr. erstreckte sich
die Herrschaft des „Kaiserfreundes“ Charibael [der Herrscher des Jemen] nach Aussage des Periplus maris Erythraei (31, vgl. 16) aber auch auf Azania, ein Gebiet an der ostafrikanischen Küste südlich des Cap Guardafui (das „Horn von Afrika“) mit seinem bedeutenden Handelshafen Opone (Ras Hafun, heute in Puntlant). Es ist deshalb bemerkenswert, dass ein altchinesischer Text (Weilue), der – ähnlich wie der Periplus für die Mitte des ersten Jahrhunderts – Informationen von Reisenden des zweiten und frühen dritten Jahrhunderts zwischen China und dem Roten Meer vereinigt, berichtet, dass der Herrscher von „Zesan“ (Azania) Rom unterstand.“

Die Chinesen waren also durchaus über das Römische Reich informiert, inklusive Ostafrika.

Dann haben wir natürlich auch noch Tacitus, der in den „Annalendarüber berichtet, dass Germanicus Ägypten und den nördlichen Teil des heutigen Sudan bereiste: „Exim ventum Elephantinen ac Syenen, claustra olim Romani imperii, quod nunc rubrum ad mare patescit.“

Vielleicht war eine Reise von Damaskus nach dem Jemen oder nach dem Sudan zur Zeit des Imperators Hadrian weniger gefährlich als heute. Überall nur römische Bürger, und man könnte überall in Latein nach einer Herberge oder nach dem Weg fragen.

Weihrauchstrasse - handelsrouten der Nabatäer