Mahom schmort im Inferno

dante divina commedia
Meine Ausgabe ist aus dem Jahr 1962.

Ich muss zunächst die humanistisch gebildeten Leserinnen und die am literarischen Bildungskanon feilenden Leser mit einer kurzen Passage aus Dante Alighieris Divina Commedia (28. Gesang, 9. Kreis der Hölle) aus dem 14. Jh. quälen:
„Der, wie verstümmelt: nicht wär’s zu vergleichen
Mit dieses neunten Schlundes Weis’ und Art.
Ein Faß, von welchem Reif’ und Dauben weichen,
Ist nicht durchlöchert, wie hier Einer ging.
Durchhau’n vom Kinn bis zu Gesäß und Weichen,
Dem zwischen beiden Beinen abwärts hing[
Das Eingeweide, bis wo sich die Speise
Wandelt in Koth, und offen das Geschling.
Ich schaut’ ihn an und er mich gleicher Weise,
Dann riß er mit der Hand die Brust sich auf,
Und sprach zu mir: „Sieh, wie ich mich zerreiße.
Sieh hier das Ziel von Mahoms Lebenslauf!
Vor mir geht Ali, das Gesicht gespalten
Vom Kinn bis zu dem Scheitelhaar hinauf.
Sieh Alle, die, da sie auf Erden wallten,
Dort Ärgernis und Trennung ausgesät,
Zerfetzt hier unten ihren Lohn erhalten.
Ein wilder Teufel, der dort hinten steht,
Er ist’s, der Jeglichen zerreißt und schändet
Mit scharfem Schwert, der dort vorübergeht,
Wenn wir den wehevollen Kreis vollendet;
Denn jede Wunde heilt, wie weit sie klafft,
Eh’ unser Lauf zu ihm zurück sich wendet.
Doch wer bist du, der dort hernieder gafft?“

Der Anlass wird sich mittlerweile herumgesprochen haben und wird in den bürgerlichen Medien, ihren Helfershelfern und bei den ganz kackbraunen Kameraden innig breitgetreten. Alle schreiben vom Figaro ab (natürlich ohne ihn zu verlinken): „La nouvelle traduction néerlandaise de L’Enfer de Dante a été amputée de sa référence au prophète Mahomet afin de «ne pas blesser inutilement».“

In einer niederländischen Ausgabe der „Göttlichen Kömodie“ wurde Mohammed, der bei Dante Alighieri in der Hölle schmort, weggelassen, um nicht „unnötig zu verletzen“. Der Historiker Christophe de Voogd hat dazu ein Interviev gegeben. Sogar in osteuropäischen Medien wird dazu diskutiert. Zuvor hatte es in den USA schon Shakespeare und Homer getroffen, also, zusammen mit Dante, die drei wichtigsten und einflussreichsten Autoren der Weltgeschichte.

Das alles wäre lustig, wenn man nicht wüsste, dass die es ernst meinen, auch hierzulande. Irgendwann werden die Nachgeborenen am besten gar nichts mehr lernen, und auch die Euklidische Mathematik ist sicher, wenn man genau hinsieht, ein Beweis für „white supremacy“. Dreiecke wurden ohnehin überschätzt. Und fußte die griechische Antike nicht auf Knabenliebe und Sklaverei? Weg damit. Muss man alles weder kennen noch wissen. (Ich sehe es schon kommen: Irgendwann bleibt burks.de das einzige Medium, das mit wissenschaftlichem Anspruch über die Antike und den Feudalismus publiziert.)

Hinter der heißen Luft, die gerade umherwabert, steht die Entscheidung eines Verlegers, der sich in vorauseilendem Gehorsam bei den Muselmanen und deren albernen „Gefühlen“ nicht unbeliebt machen wollte. Eine Kombination aus Angst und Feigheit? Genau das, und eigentlich typisch deutsch. Es verwundert eher, dass die Niederländer ebenso infiziert sind. Angst und Feigheit sind auch die Gründe, warum deutsche Verlage – und insbesondere die, die auf ein gefühlt „linkes“ Publikum hoffen – damit begonnen haben, neue Bücher mit Gendersprache zu verunzieren, sogar Übersetzungen aus Sprachen, bei denen das gar nicht möglich ist, ohne das betreffende Werk für potenzielle Käufer mit Warnhinweisen zu versehen. Wir werden damit zwangsbeglückt, ohne dass jemand vorher fragt.

Interessant finde ich, dass die hiesigen „linken“ und linksliberalen Medien das Thema fast ausnahmslos totschweigen oder sich seiner erst annehmen, wenn es auffiele, nichts zu sagen. Die taz hatte vor langer Zeit einen schröcklich gelahrten Artikel über die unstrittige Tatsache, dass der Universalgelehrte Dante sich kräftig bei arabischen Quellen und Vorbildern bedient hat, ohne die das Nationalepos Italiens gar nicht denkbar wäre. „Die religiösen Legenden der Muslime müssen in den Allgemeinbestand der literarischen Kultur eingegangen sein, der den hellsten Köpfen im Europa des 13. Jahrhunderts zugänglich war.“ Das ist heute natürlich nicht mehr so, und soll, wenn es nach unseren kulturellen Appeasement-Politikerstimmritzenverschlusslautinnen ginge, sogar noch getilgt werden. Wenn Muslime dämlich sind und ihre eigene Tradition ignorieren, muss man das angeblich akzeptieren.

Witzig und bezeichnend finde ich, dass die deutsche Hochsprache durch die Lutherbibel maßgeblich entstanden ist, also durch ein frommes Buch, das Italienische aber durch eine Komödie, die zwar auch fromm ist, aber doch auch das Lachen ermöglicht. Der Islam wird erst dann tolerant werden, wenn die Gläubigen und die Ungläubigen über Mohammed lachen dürfen.

dante divina commedia