Umstrukturiertes Sterben

neues deutschland

Dem „Neuen Deutschland“ droht der Exitus. Vorher kommt noch ein bisschen Klassenkampf. Die Belegschaft wehrt sich usw.. Oder auch, in Kapitalismus-affinem Neusprech: „Gesellschafter, die Partei Die Linke und Geschäftsführer Matthias Schindler beabsichtigen, Verlagsbereiche umzustrukturieren. Schindler verlässt das Unternehmen Ende 2021.“

Merke: Die Hälfte der Anteile der Partei „Die Linke“ (bzw. damals Linkspartei/PDS) an der Neues Deutschland Druckerei und Verlag GmbH waren (Plusquamperfekt) an die Beteiligungsgesellschaft Schindlers (communio beteiligungsgenossenschaft eG Amtsgericht Berlin (Charlottenburg) GnR 642) verkauft worden. Die Welt berichtete 2015:
…die Communio konnte die Anteile zu traumhaften Konditionen übernehmen. Zwar verlangte die Partei einen Kaufpreis von 1,6 Millionen Euro. Aber der Betrag wurde sogleich gestundet, zu einem damals üblichen Zinssatz von 4,5 Prozent. Der Käufer sollte die Summe in 16 Raten von 2007 bis 2022 abstottern. Mit der höchst ungewöhnlichen Konstruktion wollte die Partei jährliche Einnahmen in sechsstelliger Höhe generieren, „die für die unmittelbare politische Arbeit genutzt werden können“. So hatte es der Parteivorstand beschlossen, als er den Deal auf den Weg brachte. (…) Aus den erhofften Einnahmen für die politische Arbeit wurde aber nichts. Stattdessen hat die Transaktion ein Loch von rund einer Million Euro in die Parteikasse gerissen.

Dumm gelaufen. Oder: Wer hat hier wen über den Tisch gezogen? Oder können die Linken etwa nicht mit Geld umgehen? Aber da ist noch das Grundstück… Und bei dem sind die Eigentumsverhältnisse, wie zu erwarten, „verschachtelt“.

Zum Vergleich: die Taz hat ungefähr die dreifache Auflage. Die Junge Welt liegt knapp über dem Neuen Deutschland, die Wochenzeitung Jungle World liegt darunter.

Natürlich ist das alles im Trend und gilt auch für bürgerliche Medien: „Die verkaufte Gesamtauflage der Tageszeitungen in Deutschland ist zwischen 1991 und 2020 kontinuierlich gesunken: Wurden im Jahr 1991 noch rund 27,3 Millionen Exemplare verkauft, betrug die Auflage im Jahr 2020 noch rund 12,5 Millionen und hat sich damit halbiert. Auch die Zahl der in Deutschland erscheinenden Tageszeitungen ist zwischen 1991 und 2018 von rund 158 auf 114 Titel gesunken.“

Mein Rat an die Belegschaft: Genossenschaft ja, aber nur, wenn das Grundstück dabei ist. Alles andere wäre, wie man im Proletariat zu sagen pflegt, Verarsche. Und schafft die Gendersternchen wieder ab – die erhöhen die Auflage nicht, ganz im Gegenteil.