Profeminismus, reloaded

HerrmannHerrmannHerrmannHerrmann

Ich habe einen Artikel vom 10.03.2013 auf meinem Blog gefunden, bei dem keine Links mehr funktionierten. Da ich das Thema für das Relaunch meiner Website brauchte, hier eine aktualisierte Version. (Die alte Version werde ich löschen.)

Männer sind manchmal lustig, vor allem dann, wenn sie linksradikale Politik machen wollen. Aber jetzt haut uns doch eine Meldung vom Hocker, die alle News der montäglichen Pflichtlektüre „Spiegel“, Heise-Newsticker und „Telepolis“ toppt. „Der profeministische Männerrundbrief gibt auf“ – liest man bei Indymedia. Obwohl ich gar nicht wusste, das es so etwas gibt, stimmt mich das traurig. Als wenn der Kanarienvogel der Nachbarin gestorben wäre – man hatte kein persönliches Verhältnis zu ihm, aber es gehört sich einfach nicht, dass man „Hurra“ vom Balkon ruft. Nicht nur diese ominöse Publikation (das Internet weiß alles: „Zum Verschwinden der antisexistischen Männergruppenszene„) ist verschwunden, sondern mit ihm auch die „profeministischen Männergruppenszene“.

Da war doch noch was! Vor knapp zwanzig 35 Jahren! Aus dem Nebel der Vergangenheit taucht eine Gruppe Kreuzberger Männer auf, die gerne Lederjacken und Palästinensertücher trugen, stilsicher in WGs wohnten, keine Demo ausließen und den Zustand der Welt als persönliche Beleidigung ansahen. Und da die Frauen gerade etwas anderes vorhatten, sich zum Beispiel in Frauengruppen versammelten, machten wir das auch. Und irgendjemand rief, der Titel einer Zeitschrift, die so eine Art linksradikales Männer-Pendant zur EMMA sein wollte, könnte nur „HerrMann“ heissen! Wir wollen jetzt aber nicht alte Geschichten aufwärmen, was alte Männer gern tun…

Was wollten wir eigentlich? Und warum erinnert sich heute niemand mehr daran? Unsere Klientel war fast wie wir: Männer, die politisch arbeiten und sich nicht von den die damaligen Männergruppen dominierenden Therapie-Fuzzys einlullen lassen. Merkwürdige Gestalten liefen dort herum und wollten den Männern die MRT (Männer Radikale Therapie oder so ähnlich) aufschwatzen, als sei der Mensch wie ein Brottaig, den man per Psychoknete formen könnte. Die Psychos waren in den USA gewesen und hatten sich von der dortigen ziemlich reaktionären und antifeministischen „Männerbewegung“ was abgucken wollten. („Wild Men“ und Konsorten, alles privilegierte White Anglosaxon Protestants). Die Theorie, die dahinter stand, war die, das alles therapierbar sei – wie die Amis eben so drauf sind. Damit wäre die Gender-Frage entpolitisiert gewesen. Und deshalb wurde der „HerrMann“ nach einem Dutzend Ausgaben eingestellt: Die Männergruppen-Szene dominierten immer mehr die, die nur noch einen Arbeitsplatz als „Männertherapeut“ ergattern wollten. Wir hatten mit dieser Einschätzung Recht. Der Beweis: die Therapie-Fuzzys unterschlagen uns in ihrer Geschichtsschreibung der Männergruppen einfach, als hätte es den „HerrMann“ nie gegeben – obwohl wir die Avantgarde waren! Das musste mal gesagt werden. Und einige von den Psychos sind dann bei der Astrologie gelandet – aber wir wollen alte Geschichten und Kaderakten nicht aufwärmen…

Männergruppen waren die Stammtische der Neuen Mittelschichten. Wenn der damals sich linksradikal gerierende Mann seine Homophobie abgebaut hatte und unter sich war, dann feierte wie alle Männer: Er zog sich Frauenklamotten an, schlug sich auf die Schenkel und und lachte sich tot. Ruhe sanft, kann man nur sagen. Und da sich alles in der Geschichte wiederholt, aber als Farce, wie Karl Marx schon wusste, gibt es immer noch „Männer-Forscher“ wie Walter Hollstein, die von damals übriggeblieben sind und jetzt die Welt mit ganz entzückenden Statements quälen: „Die Frauen haben in den letzten 200 Jahren eine enorme Entwicklung durchgemacht. Sie haben schwer daran gearbeitet.“ So etwas hört man in Volkshochschulen und bei „Fachtagungen“ des evangelischen Frauenvereins in Hinterkleckersdorf zur Genderfrage gern.

Was lehrt uns das alles? Gar nichts. Man drückt sich wie Robert de Niro in „Es war einmal in Amerika“ eine Träne über vergangene Zeiten aus den Augen und freut sich, dass die alten Freunde noch da sind, wenn man sie braucht. Ach ja, und die Frauen – um die ging es ja. Das hatte ich vor lauter Sentimentalität glatt vergessen… Feminismus – was war das noch mal gleich?