Gendern diskriminiert noch schlimmer

gendersprech

Überraschend guter Artikel im Tagesspiegel: „Gendern macht die Diskriminierung nur noch schlimmer. Wer will, dass Männer und Frauen gleich behandelt werden, der muss sie gleich benennen.“

„Ich gendere nicht, ich möchte nicht gegendert werden, gerade weil ich weiß, wie Diskriminierung sich anfühlt. (…) Während die Deutschen sich für das permanente Benennen von Geschlechterunterschieden entschieden haben, haben die Briten sich entschieden, das Anzeigen von Geschlechtlichkeit so weit wie möglich zu vermeiden.“

Die Autorin vergisst, dass diejenigen, die Gendersprache nutzen, einer rationalen Argumentation nicht zugänglich sind. Außerdem nutzt auch der „Tagesspiegel“ Gendersternchen. Quod erat demonstrandum.




Huichol

huichol tepic mexico avenida insurgentes

Dieses Foto liegt schon über Jahre in meinem Archiv unbearbeiteter Bilder, und ich rätselte schon öfter herum, wo ich das gemacht haben könnte. Rechts ist ein Indio in Tracht zu sehen. Meine damalige Freundin, mit der ich reiste, war Ethnologin und wusste sofort, um welches Volk es sich handelt. Ich habe jetzt noch mal mein Reisetagebuch von damals durchforstet. Am 6.10.1981 fand ich den Eintrag, dass wir in Tepic waren, auf der Avenida Insurgentes, vermutlich auf dem Weg vom oder zum Busbahnhof (per Google Streetview finde ich das Motiv aber nicht wieder), und einen Huichol gesehen haben – die Tracht könnte stimmen. Das Foto wäre damit ziemlich exotisch.

Ich bin mir nicht ganz sicher. Die nächste Station war übrigens Guadalajara südlich von Tepic. Dort könnten Huichol auch zu finden sein, wenn auch selten. Falls die Schwarmintelligenz des Publikums Einwände hätte, werde ich das überprüfen.




Helfen Sie Politik und Wirtschaft!

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Screenshots: Jahresbericht 2018 VDA

Wer möchte wissen, wo in naher Zukunft Kriege ausbrechen und geführt werden, wo Invasionen zu erwarten sind, wo rechte Putsche, wo Umstürze von Regierungen? Oder besser: Wer sollte das wissen? Wer denkt, es sei naheliegend, die Geheimdienste zu nennen, irrt. Die handeln im Auftrag. Wer aber beauftragt die Auftraggeber?

Fragen wir doch das Kapital. Das besteht aus diversen Interessengruppen, die untereinander nicht immer einig sind, wie schon in der Weimarerer Republik, die aber immer zusammenhalten – man hat den richtigen Klasseninstinkt -, wenn es um den langfristigen Profit geht. Fragen wir also, wo die Rohstoffe sind, die den Gewinn der Zukunft garantieren.

[In der aktuellen „Konkret“ las ich einen Artikel von Peter Schadt „Ein Blick in Gegenwart und Zukunft der deutschen Automobilindustrie“. Schadt ist Gewerkschaftsfunktionär, argumentiert seriös marxistisch und kennt sich mit der Autoindustrie aus.]

Ich habe mir im Zuge des Quellenstudiums den interessanten Jahresbericht 2018 des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA) durchgelesen (der schon 1901 gegründet wurde, also auch die Zeit des Nationalsozialismus gut überstanden hat). Ab Seite 35 wird es spannend.

vda broschüre

Das ist erfreulich klar und eindeutig.

Kobalt: Die wichtigsten Erzlagerstätten sind in der Demokratischen Republik Kongo und in Sambia, außerdem in Kanada, Marokko, Kuba, Russland, Australien und den USA.
– Die Demokratischen Republik Kongo ist eines der ärmsten und korruptesten Länder der Welt – es herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Invasion oder ein Putsch nicht nötig, korrupte Warlords reichen aus. Sambia enthält „Entwicklungshilfe“ von Deutschland, orientiert sich aber zusehends nach China. (Die Chinesen haben gewöhnlich einen Plan und wissen, was sie tun.)

Lithium: Die größten Lithium-Vorkommen sind im sogenannten „Lithium-Dreieck“ zwischen Bolivien, Argentinien und Chile.
– In Bolivien hat ein rechter Putsch schon stattgefunden, u.a. weil die linke Regierung unter Morales den Lithium-Abbau selbst in die Hand nehmen wollte. Argentinien steht kurz vor dem Staatsbankrott und wird sich jedem Diktat des internationalen Kapitals und des IWF beugen. In Chile ist schon ein neoliberaler Präsident an der Macht, der selbst Milliardär ist, ein Putsch ist nicht mehr nötig.

Nickel: Die wichtigsten Vorkommen finden sich in Kanada (Sudbury-Becken), Neukaledonien, Russland (Norilsk und Halbinsel Kola), Australien (Queensland) und Kuba.
– Kuba ist also in Gefahr wegen der Kobalt- und Lithium-Vorkommen. Das Land wird entweder ausgehungert werden oder sich irgendwann an China wenden – und dafür einen hohen Preis zahlen.

Graphit: Abgebaut wird Graphit vor allem in der Volksrepublik China, Korea, Madagaskar, Simbabwe, Brasilien und Indien.
– Madagaskar ist ein failed state. Die Verschuldung ist mittlerweile bei rund der Hälfte der Wirtschaftsleistung. Simbabwe ist eines der ärmsten Länder der Welt, 2017 gab es einen Militärputsch. Die Junta hat gute und langfristige Verbindungen zu China. (Ceterum censeo: Die Chinesen haben gewöhnlich einen Plan und wissen, was sie tun.)

Seltene Erden: Die größten Vorkommen befinden sich in China in der Inneren Mongolei – China hat fast das Monopol. Das bislang größte bekannte Vorkommen außerhalb Chinas mit mindestens 1,4 Millionen verwertbaren Tonnen ist Mount Weld in West-Australien.

Fazit: Die VR China sitzt am längeren Hebel. Da kann die deutsche Autoindustrie noch und nöcher dazu aufrufen, „Politik und Wirtschaft“ zu helfen – das wird nicht viel nützen. Ich ahne nur, dass die Propaganda in deutschen Medien gegen China genauso zunehmen wird wie der Bedarf der oben erwähnten Rohstoffe.




El Quemadero oder: Beethoven im Alameda Central

alameda central mexico

Das Beethoven-Denkmal im Park Alameda Central, Mexiko-Stadt. Fotografiert im Oktober 1979. Der Alameda Central ist der älteste Park in der Hauptstadt Mexikos und wurde schon 1592 angelegt. Früher wurden hier „Hexen“ und „Ketzer“ öffentlich verbrannt. Die deutschen Minderheit in Mexiko spendete 1921 das Beethoven-Denkmal.

Aus der Reihe „nützliches Wissen“: Als der mexikanische General Antonio López de Santa Anna 1846 triumphal in Mexiko-Stadt einzog, befahl er, die Brunnen des Parks mit Alkohol zu füllen. Seine Biografie ist typisch für die Politik in Mexiko – bis heute.




Kubikmeterweie Assoziationsketten

lesestoff

– Ich wollte das wohlwollende Stammpublikum nur warnen, dass wieder bald zahlreiche Rezensionen zu erwarten sind. Ich lese sehr schnell und kubikmeterweise.

– Ich muss verschämt zugeben, dass bei demonstrierenden Veganern, asozialen Hedonisten und anderen Verirrten in meinem Gehirn die Begriffe „Arbeit“, „Steinbruch“ und „mit Stacheldraht umzäuntes Areal“ unwillkürlich eine Assoziationskette bilden. Ich sollte mein stalinistisches Unterbewusstsein jetzt mit etwas anderem überschreiben.

– Oberstufe Gymnasium, Gesellschaftslehre, Thema der nächsten Klassenarbeit: „91770 Deutsche waren 2019 Mitglied in einem Schachverein. Vergleiche diese Zahl mit der Zahl derjenigen, die auf bekloppte Demonstrationen gehen, und sage etwas über die gesellschaftliche Relevanz beider Gruppen!“

– „In einer Demokratie sollte der Staat Grundrechte niemals präventiv einschränken, wenn es sich vermeiden lässt. Meinungen, und seien sie noch so abstrus, müssen wir aushalten. (…) In einer Demokratie sollte der Staat Grundrechte niemals präventiv einschränken, wenn es sich vermeiden lässt. Meinungen, und seien sie noch so abstrus, müssen wir aushalten.“ (Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, hinter der Paywall der „Welt“)

– Vorhersage: Wenn Katja Kipping als Parteivorsitzende der „Linken“ aufhört, wird die Zahl der Wörter, die auf -ung enden, in der Öffentlichkeit signifikant abnehmen.

– Übrigens: Wieviel Humor ist zumutbar?




Lang lebe die Generallinie!

lang lebe die Generallinie
Nicht auf das Bild klicken! Außer ihr wisst nicht, was der Begriff „Generallinie“ bedeutet.

Aus der beliebten Serie: Der Kommunismus wird siegen! Auch wenn der sich nur als solcher kostümiert – aber wenn sogar das Zentralorgan der gefühlten Bourgeoisie das feststellt, kann ich ja nicht falsch liegen.

„Was vielleicht noch mehr überrascht, ist die Geschwindigkeit und Planmäßigkeit, mit der sich China aus der Bedeutungslosigkeit an die Weltspitze katapultiert hat…“ Nein, das überrascht niemanden, der sich ein wenig in der chinesischen Geschichte auskennt.

„Wenn es ein fortwirkendes kommunistisches Erbe gibt, dann ist es der weitsichtige und planmäßige Charakter der chinesischen Wissenschaftspolitik.“ Da ist wohl noch ein wenig mehr als nur ein „Erbe“. Natürlich darf man von deutschen Medien nicht erwarten, dass sie in China hinter die Kulissen schauen – dazu sind Journalisten hierzulande zu ungebildet und zu unwissend – und auch zu sehr desinteressiert. Das Publikum sollte aber wissen, dass die KP Chinas sowohl die seit der Kulturrevolution gestellte Frage unterdrückt, ob es im Sozialismus chinesischer Prägung noch Klassenkampf gebe und warum, als auch die Geschichte der Massenbewegungen in der Kulturrevolution in ihrem, das heißt ihre eigene Herrschaft legitimierenden Sinn uminterpretiert. Sie handelt ähnlich wie die polnische Regierung, die Geschichte des 2. Weltkriegs und der Shoa umschreibt, mit Denkverboten und sogar Klagen gegen Medien, die nicht der staatlichen Doktrin folgen.

Es sagt schon genug aus, wenn man weiß, dass jemand, der behauptet, in China gebe es noch eine herrschende Klasse und demnach auch Unterdrückte – was während der Kulturrevolution common sense war-, dort mit staatlichen „Maßnahmen“ bedroht wird.

Ceterum censeo: Ich finde aber die chinesische Politik, Religionen betreffend, sympatisch. Je weniger Religion, um so mehr Wissenschaft, um so mehr Fortschritt (das auch an unsere östlichen Nachbarn gerichtet.)

Jetzt zur deutschen Generallinie, den Kapitalismus betreffend, und wie sie von den Lautsprechern des Kapitals umgesetzt wird.

lautsprecher des Kapitals

In der Welt schreibt sich die „Chefvolkswirtin“ Dorothea Siems ihre Angst vor dem Verstaatlichen von der Seele (ceterum censeo: Marx hat vom „Vergesellschaften“ geredet, was nicht dasselbe ist). Ein Lehrbeispiel – obwohl als „Meinung“ fairerweise deklariert -, auf welchem – mit Verlaub – unterirdischen Niveau der Wirtschaftsjournalismus hierzulande herumkraucht. [Da es um Clickbaiting geht, hat die „Welt“ jetzt, da der Artikel offenbar häufig gelesen aka angeklickt wurde, einen inhaltlich ähnlichen Artikel von derselben Autorin einmal online gestellt: „Der Staat, das Supersozialamt“.]

Längst geht es nicht mehr um Hilfestellung in akuten Notsituationen, sondern um eine Neugestaltung der Volkswirtschaft, die dauerhaft auf den lenkenden und immer stärker umverteilenden Staat setzt.

Was ist gegen Staatskapitalismus einzuwenden, wenn China doch ein Erfolgsmodell sein soll? Argumente finden wir nicht, nur dumpfe Gefühle à la Wirtschaftspolitik der FDP und den Glauben an die angeblichen Selbstheilungskraft der „Märkte“. Die bürgerlichen Volkswirtschafts-Esoteriker verschweigen uns sogar Keynes, der des Marxismus und des Stamokapisierens und anderer böser Dinge nun wirklich nicht verdächtig ist. Schon klar, wie Frau Siems behauptet, dass das alles nicht finanzierbar ist und auf Pump geschehen muss – aber sollten wir dann nicht auch über die kapitalistischen Überproduktionskrisen, die sich als „Finanzkrise verkleiden, oder den tendenziellen Fall der Profitrate diskutieren? Nein? So etwas gibt es nicht für Volkswirte und Volkswirt_*:Innen? Dann eben nicht, aber dann nehme ich euch auch nicht ernst.




NCM Moscow plus minus, revisited

ncm moskow

Im Wonnemonat Mai hatte ich die Vor- und Nachteile meines neuen E-Bikes NCM Moskow beschrieben. Jetzt bin ich rund 800 Kilometer damit gefahren und kann noch mehr dazu sagen.

Beleuchtung war nicht im Preis enthalten. Daher habe ich jetzt in die Tasche gegriffen und – manipuliert durch Werbung, die sich als Journalismus kostümierte – mir etwas Vernünftiges gegönnt, die Trelock LS 760 I-GO Vision Fahrradscheinwerfer für vorn und hinten. Heute morgen noch bei Dunkelheit auf dem Weg zur Arbeit ausprobiert – ganz exquisit: Der ist fast so hell wie ein Autoscheinwerfer.

Vorteil: Man kann das vordere Licht auch seitlich verstellen, was beim NCM Moskow angebracht ist. Der Lenker des Fahrrads hat den Nachteil, dass er sich zu den Griffen hin verjüngt (Foto unten). Wenn man also etwas befestigt, sitzt das fast immer irgendwie und zwangsweise schief, vertikal oder horizontal. Das kann man mit dem Trelock leicht korrigieren.

Ein fucking manual wird nicht mitgeliefert. Wie man das Teil montiert, ist selbsterklärend und bedarf keinerlei Hilfe. Aber: Wie stellt man die Uhr des Displays des Scheinwerfers ein? Das steht nur im Handbuch online.


ncm moskow

Ein weiterer neuralgischer Punkt des E-Bikes ist das Schloss für den Akku bzw. das Plastikteil, was zwischen dem Rahmen und dem Akku sitzt und das Schloss halten soll (worin auf dem Foto der Schlüssel steckt). Das flog mir schon nach einer Woche raus, weil ich noch nicht im Gefühl hatte, wie man den Akku sanft entfernt. Ich habe zu viel Kraft („Gewalt ist geil“) und vermutlich zu fest an dem Griff gezogen und hatte das ganze Gedöns dann in der Hand. Ich habe die Plastik“schale“ samt Schloss mit superXXLpremiumultra Sekundenkleber wieder fixiert – jetzt hält alles.

ncm moskow

Nicht besonders gelungen ist auch die Apparatur der Sattelstange. Vermutlich war die Ästhetik wichtiger als das Praktische. Es ist kein Platz, eine Halterung für mein Fahrradschloss Kryptonite 2130 Evolution anzubringen, wie ich schon schrieb. Ich behelfe mir, indem ich das Schloss, wahrend ich unterwegs bin, zwischen den Rahmen und das auch von mir nachträglich angebrachte Schutz“blech“ (wie nennt man das, wenn es aus Plastik ist?) klemme.

ncm moskow

Zu guter Letzt: Bei Nässe quietschen die nachträglich einmontierten Scheibenbremsen ganz schrecklich. Da muss ich noch einmal nachsehen lassen. Dafür kann aber die Herstellerfirma des Fahrrads nichts. Ich wiederhole meinen Rat: Wer sich so ein Fahrrad anschafft, sollte gleich die Moscow Plus Version kaufen, die rund 400 Euro mehr kostet und rund drei Kilo mehr wiegt.




Etappensieg der Religioten

exorzist

Auf welcher Gesetzestafel steht: Die heiligen Gefühle der Theisten müssen respektiert werden, die heiligen Gefühle der A-Theisten aber nicht? (Ludwig Marcuse, dt. Philosoph, 1894-1971)

Die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts gegen das Berliner Neutralitätsgesetz ist selbstredend eine Katastrophe, obwohl der Gang zum Bundesverfassungsgericht noch aussteht. Interessant ist aber die Satz im Urteil: „… [Das] Berliner Neutralitätsgesetz ist in diesen Fällen daher verfassungskonform dahin auszulegen, dass das Verbot des Tragens eines sog. islamischen Kopftuchs nur im Fall einer konkreten Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität gilt. Eine solche konkrete Gefahr für diese Schutzgüter hat das beklagte Land indes nicht dargetan.“

Das hätte man also tun können und sollen. Das Bundesarbeitsgericht weist auch darauf hin, dass die EU-Richtlinie 2000/78/EG vom November 2000 maßgebend ist und in nationales Recht umgesetzt wurde.

Dann gibt es im Urteil noch eine Ohrfeige für den Berliner Gesetzgeber: „Mit den Ausnahmeregelungen in den §§ 3 und 4 Berliner Neutralitätsgesetz stellt der Berliner Gesetzgeber sein dem § 2 Berliner Neutralitätsgesetz zugrundeliegendes Regelungskonzept selbst in Frage.“

Diejenigen, die das Neutralitätsgesetz formulierten, haben sich das jetzige Urteil also selbst zuzuschreiben – dort steht: „Die oberste Dienstbehörde kann (…) Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die weltanschaulich-religiöse Neutralität der öffentlichen Schulen gegenüber Schülerinnen und Schülern nicht in Frage gestellt und der Schulfrieden nicht gefährdet oder gestört wird.“ Ohne die Ausnahmen des Gesetzes hätte das Urteil also auch anders ausfallen können. Dumm gelaufen oder: Einmal mit Profis arbeiten.

Man muss hoffen, dass genug Eltern diejenigen Schulen boykottieren, die Lehrerinnen unterrichten lassen, die meinen, man müsse die lieben Kleinen mit religiösen Symbolen belästigen. Ich möchte sehen, was unsere Appeasement-Politiker der „Linken“ sagen, wenn es in einer Schule in Neukölln Randale und Mobbing gibt, wenn ein Lehrer mit einer Kippa arabische Kinder unterrichten will.

„Deutschland muss es endlich schaffen, zu einer multireligiösen Gesellschaft zu werden – geprägt von gegenseitiger Toleranz.“. Mitnichten, Katrin Elger vom „Spiegel“! Deutschland muss es endlich schaffen, zu einer säkularen Gesellschaft zu werden, in der die Verehrung höherer Wesen genauso lächerlich ist wie heute der Glaube an Gespenster und Globuli.




Taraskischer Froschhügel oder: Archäologie des Befindens II

Guanajuato

Guanajuato, Mexiko (1979)

Fortsetzung meines Reisetagebuchs, 1979:
… Guadalajara ist die zweitgrößte Stadt Mexikos und hat zwei Millionen Einwohner. Wir werden vor dem Bahnhof von einem Typen angequatscht, der uns das Hotel Leon an der Plaza Indepediente [vielleicht die Plaza Independencia, oder es ist das heutige Hotel Léon an der Calz Independencia Sur gemeint] empfiehlt. 160 Pesos mit Bad. Abends gehen wir essen. Carne asado [gebratenes Fleisch] ist fürchterlich scharf, dazu schrecklich laute Orgelspieler, aber gutes Bier. Die Stadt ist sehr lebhaft. Wir treffen oder sehen keine anderen Touristen. [Fotos von Guadalajara habe ich 1982 gemacht, etwa von der Kathedrale oder der Universität.]

02.10. Bus über Leon nach Guanajuato. 2000 Meter hoch gelegen. Das Mumien-Museum ist ziemlich schrecklich. Viele Elendsviertel ringsum. Die Universität hat keine Mensa, die Studenten alle sehr jung. In der Stadt viele hübsche, enge, gepflegte Gassen. Keine Obdachlosen auf den Straßen.

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Falls hier doch einige der Nachgeborenen mitlesen: Es ist ein ganz anderes Gefühl, Fotos zu machen, wenn man nur über ein begrenztes Kontingent verfügt. In vor-digitalen Zeiten musste man sich schon genau überlegen, was und wie oft man fotografiert. Wenn man am Anfang einer sehr langen Reise – bei mir war es drei Mal mehr als ein halbes Jahr – viel knipst, dann hat man am Ende keine Bilder mehr übrig, obwohl die Motive vielleicht viel besser sind. Dias konnte ich nicht nachkaufen. Wie viele Fotos also plant man im voraus für sechs Monate? Und wie plant man das überhaupt?

In Guanajuato – Taraskisch: „Froschhügel“ – war ich zum ersten Mal in Lateinamerika „angekommen“. Die Stadt ist außerordentlich schön [u.a. Teatro Juárez de Guanajuato – Video, sehr interessant, in Spanisch, Foto des Theaters unten], ich kann mich erinnern, dass ich begeistert drauflos geknipst habe. Ich kann bei einigen Bildern aber nur ahnen, warum ich die Motive wählte: Auf dem Bild, das meinen Reisebegleiter zeit, wie er eine Straße entlanggeht, sitzt im Schatten eine Bettlerin – vielleicht sah ich zum ersten Mal so etwas? Ich hatte damals auch keine Ahnung, was es mit den Purépecha auf sich hat oder wer Nuño Beltrán de Guzmán war. So unvorbereitet wie 1979 bin ich später nie mehr gereist. „Richtig“ reisen muss man lernen.

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04.10. Besichtigen Kirche Valenciana – ein Prunkkasten.[Catedral Basílica Colegiata de Ntra. Sra. de GuanajuatoGoogle Streetview – wenn ich gewusst hätte, dass es vierzig Jahre später noch immer keine guten und frei verfügbaren Fotos vom Inneren der Kirche gibt, hätte ich eines gemacht. Vermutlich habe ich sogar eines, aber ich kann es nicht identifizieren, weil die Bilder vom Interieur irgendwelcher Kirchen oft von sehr schlechter Qualität, weil ohne Bitz gemacht worden sind.]

Schwätzen mit Schulkindern, die uns ihre Schulbücher zeigen. Geschichtliche Abrisse scheinen besser als die in der BRD zu sein (Stichwort „Kapitalismus“). Danach schauen wir uns die Mine Valenciana an. Der Förderturm sehr altertümlich, einfahren kann man nicht. Quatschen mit einem herumlungernden Jungen, der zeigt uns die Kristall- und Mineralausstellung, die eigentlich nicht geöffnet ist, und schenkt uns zwei Minerale.

teatro juaréz guanajuatoLa Valenciana

Ein Antiquitätengeschäft verkauft Porzellan von Villeroy und Boch. Ich spiele in dem Laden Klavier (deutsche Marke aus Hamburg). Ziemlich gutes Essen in winziger Kneipe, wo sie das Bier für uns erst beim Nachbarn kaufen müssen. Abends gibt es einen Umzug und Maskerade. Kriegen aber nicht raus, was das Ganze soll. [Vermutlich eine Veranstaltung des Festival Cervantino] Dann Kino. Es läuft Edgar Wallace mit Horst Tappert.

05.10 Um 4.30 Uhr morgens Ankunft in Mexiko Stadt.





El Chepe oder: Archäologie des Befindens

cuauhtemoc
Cuauhtémoc im Norden Mexikos im Bundesstaat Chihuahua. Über meinen zweiten Aufenthalt in Cuauhtémoc 1981 habe ich am 25.05.2013 schon etwas geschrieben.

Wir könnten heute Sean Connery huldigen oder ihm zum Geburtstag gratulieren. Oder über den Landesparteitag der Link*innen lustig machen, wo man – immerhin! – den Kapitalismus*innen an die Kett*innen legen will – nach der Maxime: Immer die selben Leute treffen sich zu Veranstaltungen, um sich dort gegenseitig zu bestätigen und bejubeln, dass sie auf dem richtigen Weg zur Fünfprozenthürde sind und dass es ganz großartig ist, wenn man halb so viele Stimmen wie weiland die KPD bekommt.

Apropos Weg: Ich musste mir gestern wieder die Frage nach der Zahl 42 stellen, dröselte ich doch stundenlang an eingescannten uralten Dias Fotos, rund zweitausend oder mehr an der Zahl, die zu katalogisieren und den Nachgeborenen zu erhalten ich mir zur Aufgabe gemacht habe, trotz deren zum Teil desaströsen, weil im Original verstaubten Zustands. Ich stellte mir vor, jemand schaute die (wie?) in einem halben Jahrhundert an, eingedenk der oral überlieferten Tatsache, dass der besagte Vorfahre damals in Zeiten, bevor es das Internet als Massenmedium gab, in Lateinamerika auf das Abenteuerlichste herumgereist sei. Ist das in irgendeiner Weise relevant? el pasoOder werden diese Nachfahren verständnislos auf diese Fotos starren und mich für bekloppt erachten, weil ich zum Beispiel 1979 es versäumte, gleich Videos zu drehen – anstatt platt und zweidimensional etwas zu dokumentieren, was für andere ohnehin keinen Sinn ergibt? Ich sage nur: Dias! Wie meinen?

Gestern schaute ich Passagen meines ersten Reisetagebuchs (1979/80) an; einige Stellen hatte ich seit dem Notieren nie wieder gelesen. Merkwürdig, was ich damals wichtig fand! Das Geschreibsel klingt irgendwie hilflos und naiv. Es war meine erste Reise außerhalb Europas, und vorher war ich auch nicht viel herumgekommen. Ich plante ursprünglich, ins kalte Wasser zu springen und allein loszuziehen, aber ein Freund wollte unbedingt mit (was ich später bedauerte, weil wir nicht dieselbe Art des Abenteuerns mochten und oft vor der Option standen, getrennt weiterzureisen. Es war wie in der Ehe eine Frage des Abwägens der Vor- und Nachteile.)

Ich versuchte, mir mich selbst vorzustellen: Die paar Wochen in den USA waren exotisch: New York, New Orleans, das Space Center in Houston (leider ist das Foto, was ich im Kontrollraum gemacht hatte, verschollen), Santa Fe. Aber danach wurde es ganz anders: Mexiko?! Eine mir damals noch ziemlich fremde Sprache – was würde mich erwarten? Und danach: Südamerika? In meinem Tagebuch steht am Anfang nur Belangloses. Erst eine Busfahrt entlang des Rio Grande in Richtung El Paso „weckte“ mich auf: Ritten da nicht die Apachen entlang – oder so? Was macht man eigentlich, wenn man reist?

Ich hatte einfach Glück. Oder macht man instinktiv etwas, was zum größtmöglichen Abenteuer führt? Aus meinem Reisetagebuch:

27.9.1979 Fahrt Santa Fe – Albuquerque – El Paso. Western-Kulisse am Rio Grande entlang. In El Paso drei Mal die Grenze [zu Mexiko, kleines Foto] überquert, da uns beim ersten Mal der Grenzer in Mexiko zurückschickt, weil kein Zug mehr fahre. Beim zweiten Mal sagen wir, laut Touristen-Information, dass wir mit dem Bus fahren würden, Er lässt uns durch. Fahrt mit dem ordinario [Lokalbus] durch das nächtliche Ciudad Juarez. Erste Gespräche auf Spanisch. [Ich habe nie Spanisch „ordentlich“ gelernt. Ich hatte Latein und Französisch in der Schule, der Rest war learning by doing.]

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Hof von Mennoniten in Cuauhtémoc, im Hintergrund eine ihrer typischen Kutschen. Die orthodoxen Mennoniten benutzen keine Autos.

28.09. Kommen im 1.30 Uhr nachts in Chihuahua an. Suchen ein Hotel, es gibt nur eines mit allem Konfort (damals 250 Pesos pro Nacht). Sind zu müde, um ein anderes zu suchen. Frühstück: Tortillas! Fahren mit dem Bus nach Cuauhtémoc. Der Bus ist gerammelt voll. Cuauhtémoc hat einen komischen Bahnhof. Ein Kerl [ein Mennonite], dem die Getreidesilos gehören, spricht uns an. Nachdem er gehört hat, dass wir aus Alémania federal kommen [und nicht aus der DDR], lädt er uns zu sich ein, Wir verbringen den Nachmittag im Café [Ausblick von dort oberstes Foto], trinken zahllose Cola und spielen Schach. Die Bettler kommen uns bis ins Café hinterher. Viele Schuhputzerjungen. Mennoniten in traditioneller Tracht.

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In der Nähe des Bahnhofs von Cuauhtémoc, im Hintergrund Mennoniten-Jungen mit Cowboy-Hut, den alle Männer tragen.

Bei den Mennoniten abends gibt es Bratkartoffeln mit Bouletten. Lange Gespräche. Der Mann behauptet, die Mexikaner enteigneten alle reichen Bauern. Wir kriegen die Adresse seines Sohnes in Belize!

29.09. Frühstück mit anderen Mennoniten. Fresspakete für uns: Brote mit Schinken. Redekop [der Familienname des Mennoniten] organisiert den Fahrkartenverkauf, so dass wir bevorzugt werden.

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Bahnstrecke Cuauhtémoc nach El Sufragio – Ferrocarril Chihuahua al Pacífico

Der Zug nach El Sufragio [Sonora] fährt um 10 Uhr. Keine Schranken an den Gleisen, keine Signaltöne. Kaputte Scheiben, Musik und fliegende Händler. Das Gebirge ist abenteuerlich: 89 Tunnels und 40 Brücken. Zwischenstopp an der Barranca del Cobre [„Kupferschlucht“, Foto ganz unten]. Viele ärmliche Dörfer, die Leute hausen zum Teil ins ausrangierten Waggons. Händler verkaufen Papageien, Tacos, Bananen, Tequila.

Heute weiß ich, dass die Zug „El Chepe“ genannt wird und dass ich auf einer der exotischsten und aufregendsten Eisenbahnrouten der Welt war. Wikipedia zu dieser Strecke: „Von der Hafenstadt Topolobampo an der Pazifikküste führt die Strecke über Los Mochis [dort liegt El Sufragio] nach El Fuerte und schlängelt sich dann durch die zerklüfteten Felsen der Sierra Madre Occidental, vorbei an schwindelerregend tiefen Schluchten und bizarren Felsformationen. Über viele Brücken und durch zahlreiche Tunnel wird ein Höhenunterschied von 2400 m bewältigt. Während der mehrere Stunden dauernden Reise durchfährt der Zug verschiedene Landschafts- und Vegetationsformen: die Pazifikküste mit ihrem subtropischen Klima genauso wie kühle Bergregionen und Kakteensteppen.“

Wir kommen abends um 20 Uhr in Sufragio an und haben sofort Anschluss nach Guadalajara. Eine sehr kesse Mexikanerin, die angeblich in Florida als Diätassistentin gearbeitet hat, gibt uns ihre Adresse und die ihrer Freundin in Lima, Peru.

29.09. Um fünf Uhr am Morgen sind es schon 25 Grad [im Zug]. Sonnenaufgang im Gebirge, dazwischen Palmen im Nebel, davor grünes, wucherndes Gestrüpp. Hinter jedem Tunnel ist ein Postkarten-Motiv. Der Zug braucht 22 1/2 Stunden. Wir sind total verdreckt, aber bekommen zum Glück vom Fraß der fliegenden Händler keinen Durchfall.

War das jetzt wichtig zu erfahren? Wichtiger als die aktuellen Nachrichten? Ich bin ein egoistischer Schreiber und mache, was ich will. Zu meinen Fotos fällt mir oft mehr ein und ich muss mehr recherchieren als etwa bei schlechten Nachrichten zur aktuellen Seuche, Gift oder nicht Gift oder zum gegenwärtigen Vorsitzenden des Ausschusses der herrschenden Klasse in den USA.

barranca del cobre
Kupferschlucht (Barranca del Cobre)




Nachlese: Collegia Compitalicia et al

puppets
Source: Fear World (Facebook)

Wegen Zeitmangels nur kurz und knapp:

Und schon beim ersten Sonnenschein
hau ich mir selber eine rein,
denn wie sagt‘ einst ein weiser Mann:
„Man muss zuerst sich selber hassen,
bevor man andre hassen kann.
(Lisa Eckhart)

Ich habe gerade Eckharts Metrische Taktlosigkeiten: Eine Einführung ins politische Korrektum durchgelesen und mich köstlich amüsiert.

– „Alte“ ist politisch inkorrekt. „Senioren“ klingt zu deutsch. Jetzt heißt es PoA.

– Facebook „kriminalisiert“ die Antifa.

Republik (Schweiz): „Wir haben die Wahl zwischen einem neofaschistischen Gangster und einem neoliberalen Desaster“. Der Autor: „Cornel West, Professor für Afroamerikanische Geschichte und Philosophie, Theologe, Aktivist, Christ und Sozialist, gilt als einer der führenden schwarzen Intellektuellen in den USA“.

Sorry, aber jemanden, der an höhere Wesen glaubt, kann ich als Intellektuellen nicht ernst nehmen. Interessant ist die Lektüre trotzdem – der Artikel zeigt, woran es bei den US-amerikanischen Demokraten scheitert: Bernie Sanders hätte sich „frontal mit der Wall Street“ angelegt. Finanzkapital, ick hör dir trapsen. Er nennt die Antisemitin Alexandria Ocasio-Cortez „fortschrittlich“. Ansonsten sagt er viele richtige Dinge, aber auf sozialdemokratischem Niveau.

– Auch im antiken Rom kannte man den öffentlichen Druck der peer group, Abschnittsbevollmächtigte und Kontaktbereichsbeamte, sie hießen nur anders:
„Der Kult der augusteischen Haushaltsgötter und des augusteischen genius wurde aber auch öffentlich vollzogen, speziell an den von alters her an den Straßenkreuzungen gelegenen sacella, die die Stadtlandschaften in Italien und den romanisierten Provinzen prägten; diesbezüglich und hinsichtlich ihres Aussehens ähnelten sie Heiligenkapellen im Mittelalter. Die Nachbarschaften der einzelnen Stadtquartiere wählten Mitglieder von Kultvereinen (collegia compitalicia) und deren Vorsitzende, die sich um das Schmücken und die regelmäßige Ausrichtung der Compitalfeiern (Straßenkreuzungsfeiern) zu kümmern hatten. In den Kultvereinen in Rom – immerhin 265 an der Zahl – waren häufig Sklaven und Freigelassene vertreten, zu deren Integration in die augusteische Gesellschaft der Genien- und Larenkult einen besonderen Beitrag leistete. Andererseits ging von diesen Nachbarschaftsorganisationen auch ein erheblicher Druck aus, nach Möglichkeit und in heiterer Stimmung an der Feier der neuen Verhältnisse mitzuwirken.“ (Armin Eich: Die römische Kaiserzeit: Die Legionen und das Imperium)

Radio Fritz führt Gendersternchen ein. Gut zu wissen, welchen Sender man auf keinen Fall mehr einschalten sollte. Das Sternchen soll durch eine Pause beim Sprechen ausgedrückt werden und nicht – wie man befürchten musste – durch einen stimmlosen glottalen Plosiv wie im Xhosa und Zulu, obwohl diese Fremdsprachen viel „diverser“ und „vielfältiger“ wären als etwa Denglisch.
Der Zwang zum milieuspezifischen Jargon zeigt auch, wes Geistes Kind man dort politisch ist. Mit Journalismus hat das nichts mehr zu tun. Ich verachte diese Mischpoke.

Cinzia Sciuto in der taz: „Die politische Perspektive wird inzwischen häufig durch eine kulturalistische ersetzt. Für Menschenrechte und Selbstbestimmung ist das gefährlich.“ – “ Ganz oft, und oft ohne Absicht, rutschen die Multikulturalisten auf die Seite der Reaktionäre.“

Well said. Nicht oft, sondern immer!

– Vertreter einer bestimmten Fraktion der herrschenden Klasse der USA rufen dazu auf, Biden zu wählen. Finde den Fehler. Und zu Trump verkündet CNN: „Biden and Trump matchup tightens as enthusiasm hits new high“. Trump holt also auf.

– Das Wort zum Sonntag wieder von Lisa Eckhart:
Lasst uns gemeinsam beten: Vater unser, der du bist
obn im Himmel … Orsch und Zwirn,
lossts uns d’Mess schnö umabiagn. Kummts her, fressts Hostien, trinkts an Doppla,
im Namen des Heiligen Geistes – na hoppla!
Jetzt bin i scho wida, was tut mich das reun,
in an Ministranten gfoin!
Wie dem auch sei, tuats no a Spend in des Körberl do schmeißem
sunst trifft euch gewiss da Blitz Gottes beim Scheißen.
Und befolgt die Gebote, zumindest die leichten,
und wem sogar des z’bled, der kummt nochher zum Beichten.




Blue Hole

blue hole belize

Aus dem South America Handbook (1984):
Excursion: 13 miles from Belmopan along a bad road is the Blue Hole. This is a natural pool which lies about 100 ft. below the road. It can be reached by steps and swimmmg as possible. 2 miles SW of the Blue Hole are St. Hernan‘s Caves, which are magnificent (they are 1/2 mile off the road from the Blue Hote to Betmopan along a dirt track). A torch is essential; you can walk for more than half a mile underground.

Leider ist das Foto ein wenig unscharf. Fotografiert am 11.11.1982. Ich habe noch einmal überlegt. Es gab einen Widerspruch, den ich hiermit korrigiere: Von Belize City bis nach Dangriga sind wir getrampt, und der freundliche Fahrer, der uns mitnahm, zeigte uns das Blue Hole. Von Dangriga nach Punta Gorda versuchten wir zu trampen, gaben aber am frühen Nachmittag auf, weil gar kein Auto kam, und sind nach Dangriga zurück, weil am nächsten Tag ein Bus fuhr, den wir nahmen.




Ich bin jung

„Da darf man in den Ausweis eintragen, wie man sich fühlt, männlich, weiblich oder divers in allen möglichen Ausprägungen. Beim Alter darf man es nicht. Wenn ich 80 bin, bin ich 80, obwohl ich mich vielleicht wie 60 fühle. Oder 40. Dann bin ich nur noch Schrott. Obwohl jeder Mensch anders aussieht, sich anders bewegt. Wenn das Geschlecht ein soziales Konstrukt ist, dann müsste es auch das Alter ein soziales Konstrukt sein. Ich wundere mich, dass noch niemand darauf gekommen ist, diesen Widerspruch aufgezeigt hat.“ (Monika Maron im Interview mit Henryk M. Broder)




Der N. hat Zigeunersoße gesagt und vieles mehr

Arpad

Ich bin dem verehrten Publikum noch eine mehrtägige Nachlese von Links und Leseempfehlungen schuldig.

– Der Zentralrat der Sinti und Roma erläutert, was „Zigeuner“ bedeutet:
„Zigeuner“ ist eine von Klischees überlagerte Fremdbezeichnung der Mehrheitsgesellschaft, die von den meisten Angehörigen der Minderheit als diskriminierend abgelehnt wird – so haben sich die Sinti und Roma nämlich niemals selbst genannt. (…) Außerhalb des deutschen Sprachkreises wird „Roma“ – oder einfach „Rom“ (das bedeutet „Mensch“) – auch als Sammelname für die gesamte Minderheit verwendet. In Deutschland bilden Sinti seit jeher die größte Gruppe, daher wird hier die Bezeichnung „Sinti und Roma“ bevorzugt. (…) Die Bezeichnung „Zigeuner“ hingegen ist untrennbar verbunden mit rassistischen Zuschreibungen, die sich, über Jahrhunderte reproduziert, zu einem geschlossenen und aggressiven Feindbild verdichtet haben, das tief im kollektiven Bewusstsein verwurzelt ist. Ab dem 16. Jahrhundert setzte sich in Deutschland die (irrige) Auffassung durch, „Zigeuner“ sei abgeleitet von „Ziehgauner“. Auch in einem der ersten Lexikonartikel zum Stichwort „Zigeuner“, 1848 im Brockhaus erschienen, wird dieser Zusammenhang explizit hergestellt. Dort findet man die ganze Palette negativer Stereotypen über unsere Minderheit aufgelistet, bis hin zu der Behauptung, „Zigeuner“ würden Kinder stehlen. Noch in der 2. Auflage des Dudens sinn- und sachverwandter Wörter aus dem Jahr 1986 wird unter dem Stichwort „Zigeuner“ auf die Begriffe „Abschaum“ und „Vagabund“ verwiesen.

Das ist für mich überzeugend, einige Dinge waren mir nicht so klar. Sinti und Roma sind übrigens, wie hier mehrfach erwähnt, neben Friesen, Dänen und Sorben die vierte nationale Minderheit in Deutschland. Hausaufgabe: Bringe einem „Patrioten“, Nazi oder einem sonstwie braun gebrannten völkischen Kameraden bei, was eine „nationale Minderheit“ ist.

– Liebe Feuerwehr Mülheim an der Ruhr! Das Wort „verunfallen“ gibt es nicht im Deutschen und sollte mitnichten erfunden werden. „Verunfallen“ ist hässliches und bürokratisches Neusprech wie „Migrationshintergrund“, riecht nach Bürosesselfürzen und vertrockneten Zimmerpflanzen und wird nur von Leuten benutzt, die Angst vor starken Tuwörtern haben, weil sie nicht wissen, was das ist. Man muss es nicht erfinden. Das Substantiv „Vorfall“ zieht auch nicht „vervorfallen“ nach sich.
Schöne Verben findet ihr in diesem Gedicht, das vermutlich in jeder Brandwache aushängt:
Dampf wallt auf!
Flackernd steigt die Feuersäule,
Durch der Straße lange Zeile
Wächst es fort mit Windeseile;
Kochend, wie aus Ofens Rachen,
Glühn die Lüfte, Balken krachen,
Pfosten stürzen, Fenster klirren,
Kinder jammern, Mütter irren,
Tiere wimmern
Unter Trümmern;
Alles rennet, rettet, flüchtet.

– „Die jüngeren Spieler, die da nachkommen, sind schon nicht so gut. Sie würden vielleicht als Amateure gut aussehen. Oder nicht mal als Amateure. Viele von ihnen sind so schlecht.“ (Ronnie O’Sullivan, Weltmeister im Snooker).

Das Verdikt gilt auch für Journalismus und Postings in/auf sozialen Medien.

– Die „Faktenfinder“ von der ARD und die „Faktenchecker“ von RT duellieren sich um Putin und seine Covid-Impfung (via Fefe). Ganz großes Kino!

– Lesenswert auf Telepolis: „Die Rolle der IT-Industrien in der gegenwärtigen Offensive kapitalistischer Reorganisation“. – „In welcher Weise kann Digitalisierung zu neuen Ausbeutungsformen führen und wie können sich die Arbeitnehmer dagegen wehren? Die kapitalistische Innovationsoffensive zielt auf die Zerstörung alter Arbeitsformen ab“.

– Sehr hübsch: Ein Youtube-Video beweist: „Western media’s favorite ‚Hong Kong activist‘ is US regime-changer in yellowface“.

Das nennt man vermutlich erfolgreiche „kulturelle Aneignung“.

– Genderpolitisch höchst bedenklich: Mutierte Honigbiene ist männlich und weiblich zugleich.

Neues Deutschland: Die „Linke“ fordert Sanktionen gegen Frankreich Weißrussland aka Belarus, u.a. weil die Regierung gewalttätig gegen Demonstranten war. Na so was.

– Ninve Ermagan hinter der Welt-Paywall: „Linke bleiben gerne unter sich. Man trifft sich auf den immer gleichen Podien, man verleiht sich gegenseitig Preise für den Mut, Dinge auszusprechen, mit denen alle einverstanden sind. Das verhindert aber eine offene Debattenkultur. Den vermeintlich feministischen Parteien Deutschlands, die gegen das Patriarchat kämpfen, kommt eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kopftuch nicht in den Sinn. Die bloße Diskussion darüber wird als Islamophobie gewertet.“

bild spiegel

– Dann haben wir noch ganz aktuell etwas aus der Rubrik „Das-hat-doch-nichts-mit-dem-Islam-zu-tun“. Polizei Berlin: „Mutmaßlich islamistischer Anschlag auf der Bundesautobahn“.

Das geht aber noch mutmaßlicher, etwa: Mutmaßlicher psychisch gestörter Einzeltäter mit mutmaßlichem religiösem Hintergrund und mutmaßlichem arabischen Migrationshintergrund begeht mutmaßlichen Unfall. Ich überlege anhand des Fotos, ob ich ihn schon einmal vor oder in der Rettungsstelle als „Kunde“ hatte – würde vom Profil her passen.




Caribbean feeling

belize city

Aus meinem Reisetagebuch, November 1981:
Belize City ist eine traumhafte Stadt, was koloniale Atmosphäre angeht. „Alle Welt“ trifft sich bei Mom’s Triangle*, dort ist die Informationsbörse. was Richtung Cays oder nach Honduras geht, obwohl da auch die Mode-Rastas rumhängen und alle mit dummen Sprüchen anmachen. Offenbar ist es ein besonderes Ritual, wenn sie einen nach dem Namen fragen: Man habe nicht genug „Energie“, wenn man ihn verrät. Zu Mom’s: Das Haus davor an der Ecke der Swing Bridge ist wohl abgebrannt [1979 war es noch da].

Wir bleiben bei Marin’s Travel Lodge (6 Craig Street, damals knapp 13 Dollar), sicher, absolut sauber, große Zimmer. Nebenan der Chinese Jane’s, sehr gut und extrem zuvorkommen, als wir um Chop Sticks bitten und damit essen.

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Dangriga, früher: Stann Creek

Der Fahrer, der uns in Belize City mitgenommen hat, setzt uns an einem privaten Haus ab, das ein Gästezimmer hat. Die Ladies in unserer Pension sind wohl teilweise indischer Herkunft und tragen mindestens zehn Ringe an den Fingern. Überall liegt Literatur der Zeugen Jehovas herum.

(…) Nachts gehen wir in eine Reggae-Bar, wo besoffenen Typen herumhängen und andere nur Wasser trinken. Das Mennoniten-Haus ist in der Front Street. Die Straßen sehen aus wie im Wilden Westen. Viele kreolisch-chinesische Namen an den Geschäften. Die Läden wie aus dem Bilderbuch: der zahnlose chinesische Opa, der hinter einem Tischchen steht und Lose einer Lotterie verkauft (was sehr viel tun), die dicken Mamis, die hüftschwingend zum Einkaufen gehen, eine sogar mit Pudelmütze – bei der Hitze!

Abends Kino. Der Mond geht blutrot auf (Foto), ein Ami-Scheiß über „Abenteuer nach dem 3. Weltkrieg“. Bei Action-Szenen freuen sich die Leute oder wenn irgendjemandem etwas passiert, die meisten werden sich wohl kaum etwas dabei denken.

Seltsamerweise hält der Bus nach Punta Gorda nicht vor dem Bus-Terminal. Er kommt kurz nach elf und ist noch nicht einmal voll, was für Mexiko undenkbar wäre. Die Strecke ist mörderisch. wir fahren über Georgetown Junction und Mango Creek, dann über Big Falls nach Punta Gorda. Sehr viele mit Schilf gedeckte Hütten, meistens Maya, einige Frauen laufen sogar barbusig herum. Zahllose Sekten-Kirchen, wohl nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, missioniert zuerst.
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* Es gibt sogar ein Foto der damaligen Inhaberin auf Facebook.




Lochsägen und Blindstopfen

holz posslingholz posslingspülespülespülespülespülespülespüle

Ich muss beichten, jawohl. Ich habe wieder nach Versuch und Irrtum gebaut, spontan drauf los, weil ich irrig dachte, ich wüsste schon alles und brauchte nichts dazulernen. Ich weiß, das ist ein negativer Charakterzug, den zu korrigieren ich seit mehr als einem halben Jahrhundert bemüht bin.

Das auf’s Äußerste angespannte Publikum, das statt eines Kommentars über die Weltläufte jetzt ein irrelevantes Thema ertragen muss, so irrelevant wie ein nicht gefülltes Eisfach angesichts eines Vulkanausbruchs in der Nähe, darf schadenfroh über mein Werkeln kichern, das, obzwar zum Schluss selbstredend ein versöhnliches Ende zu erwarten ist, den Nachgeborenen so klar wie Kloßbrühe macht, dass man einen Plan haben sollte – wie die Russen, trotz der unerwarteten Ereignisse, die immer eintreffen, selbst beim Zwiebelschneiden, also viel mehr bei einem preiswerten, daher im Prinzip schon ab Werk schrottigen Bausatz, der sich theoretisch ohne Mühe zu einem veritablen Spülenschrank evolutionär entwickeln sollte, falls alle Teile richtig zusammengesetzt werden, keines fehlt und keines schon vor dem Einbau kaputtgeht.

Ich rezensiere den Spülenschrank 120/60 956.8001, den ich jüngst in einem Baumarkt erstand, wie das Publikum schon erfuhr. Vorab: Das fucking manual Die Anleitung ist gut, verständlich und könnte selbst von blutigen Laien nach einigem Kopfschütteln und Stirnrunzeln verstanden werden. Spanplatten und verwandte Materialien haben aber gegenüber Mahagoni oder Eiche den Nachteil, dass sie weich sind und sich schnell verziehen. Ich erwartete also, dass es spätestens beim Einbau der Türen ein böses Erwachen geben würde.

Für den Aufbau des Rahmens bzw. des Grundgerüsts habe ich daher auch nicht lange gebraucht. Dann aber kam die erste Überraschung: Da war kein Loch in dem schicken Edelstahl, um den Wasserhahn aufzuschrauben. Wie kriegt man also ein Loch hinein, ohne das Teil zu demolieren? Lochsägen für Holz hatte ich zahlreich, aber für Metall? Ich kaufte also einen Lochschneider speziell für meinen Zweck. Für die Nachgeborenen hier das Prinzip: Man bohrt ein Loch, so dick wie die Achse, mit dem mitgelieferten Metallbohrer. Dann tritt der Lochschneider in Aktion: Ein Teil ist oben, das andere wie unten angeschraubt, so dass beide jeweils eine Seite des Edelstahls pressen. Wenn man die fette Mutter dann mit einem passenden Schlüssel anzieht, noch und nöcher, wird der Stahl durch die Drehung und die beiden Blechstanzen im Inneren des Gerätes schön rund herausgeschnitten. Man muss recht viel Kraft aufwenden. (Natürlich gibt es einschlägige Videos für Leute, die Probleme haben, Texte zu lesen.)

Schön, das Loch war am Anfang an der falschen Stelle (Foto oben), weil die Leitungen zu kurz waren. Statt mich zu infoŕmieren, wie man es hätte besser machen können, plante ich, nachdem ich wild entschlossen war, längere Leitungen zu besorgen, nach dem Motto: warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?, eine Platte aus der alten Spüle auszuschneiden und mit dieser das Loch zu bedecken. Beim Sichten des Werkzeugs, das sich in meiner Werkstatt nur so stapelt, zweifelte ich daran, dass meine alte Stichsäge das hätte bewältigen können, ja, ich befürchtete, dass sie mir um die Ohren geflogen wäre. Also musste eine Metabo 601100500 Stichsäge her, die im Baumarkt rund 30 Euro mehr kostet als bei dem Anbieter, den ich verlinkt habe. Ich wurde aber ausführlich beraten, auch über das Für und Wider von Kabel oder Akku, und das war es mir wert.

Einfacher geht es natürlich mit einem Blindstopfen, den ich mir beim zweiten Gang zum Baumarkt geholt habe. Da hätte ich auch gleich drauf kommen können, aber mir fiel es nicht ein.

Ich empfehle allen, die so etwas zum ersten Mal machen, so viel wie möglich von dem Plastik, das angeblich etwas zusammenhalten soll, wegzuwerfen und es durch Hochwertigeres zu ersetzen. Bei diesem Spülenschrank habe ich alle Ecken verstärkt, auch passten die Schräublein (Foto 6), die die Spüle auf dem Schrank fixieren sollen, überhaupt nicht, zumal die Holzleiste, die unter der Spüle montiert ist und in die die Schrauben sollen, gefühlt nur einen Millimeter nach innen vorsteht, was naturgemäß nicht genug ist für eine Schraube, die halten soll. Ich habe alles ersetzt.

Das größte Problem sind immer die Scharniere der Türen (Foto 7). Wenn man die ins vorgestanzte Loch der Spanplatten-Tür setzt und dann die Schrauben bohrt, muss man millimetergenau arbeiten – und es passt dann garantiert immer noch nicht. Wer sich so ein Patent ausgedacht hat, soll in der Hölle seiner Wahl schmoren: Das Scharnier hat nur eine Schraube, die es hält, und eine zweite, die theoretisch dazu dienen soll, die Sache zu justieren – die zweite muss man hineindrehen, damit das Scharnier weiter absteht. Sehr logisch. Außerdem habe ich eine Stunde verbracht, beide Scharnierteile beider Türen überhaupt verbinden zu können – ein entsetzliches Gefummel. Der erste Versuch (Foto 8) ging – wie erwartet – total schief, obwohl ich so etwas mitnichten zum ersten Mal mache. Zu meinem Entsetzen fiel mir noch ein passender Liedtext aus meiner Jugend ein, den ich hoffte, schon vergessen zu haben. Was will man da machen…

Was ich eigentlich sagen wollte: Exegi monumentum aere perennius – Spülenschrank ist fertig, getestet, Leitungen sind dicht, alles funzt. Sechs Stunden Arbeit.

Übrigens: beim Bloggen hörte ich Tchaikovsky: Piano Concerto nr. 1 – Sofia Vasheruk (piano).




Palace of the Governors

santa fe governors palace

Palace of the Governors, Santa Fe, USA, fotografiert am 26.9.1979. Ich stand auf der Lincoln Avenue.

Meinem Reisetagebuch entnehme ich, dass wir im De Vargas Hotel waren, das heute Hotel St. Francis heißt. Damals haben wir für ein Doppelzimmer mit Bad 22 Dollar bezahlt. Heute kostet es das Fünffache.




Feuer, Schwert und Eisenbahn

wüsteneisenbahn
Screenshot von Google Maps: Die Wüsteneisenbahn wurde zwischen Wadi Halfa (links oben) und Abu Hamed (unten rechts, am Nil) gebaut, später noch weiter nach Darfur. Heute ist nichts mehr von dem ersten Abschnitt übrig.

„Worte sind kaum zureichend, um die grausame Verlassenheit der Landstriche zu beschreiben, in welche die Bahnlinie und die Bauarbeiter nun eintauchten. Ein geglätteter Ozean hellen Sands dehnte sich weit und breit bis zum Horizont. Mit sinnloser Härte brannte die tropische Sonne auf den flachen Erdboden, der mit bloßer Hand nicht berührt werden konnte, und die dünne Luft flimmerte wie über einem glühenden Heizkessel. Da und dort wuchsen hohe Haufen zerborstenen Gesteins aus dem Boden wie Schlackeninseln im Feuermeer. Und einsam in der unermeßlichen Weite lag Railhead, die Endstation, eine Segeltuchstadt von zweitausendfünfhundert Einwohnern, vollständig ausgestattet mit Bahnhofsgebäude, Läden, Postamt, Telegraphenamt und Kantine mit der bewohnbaren Welt verbunden nur durch zwei parallele Eisenstriche, drei Fuß und sechs Zoll auseinander, die in der Ferne matter und schmaler wurden, bis sie von einer Luftspiegelung verwischt wurden und im Unbestimmten verschwanden.“feuer und schwert im Sudan (Winston S. Churchill: Kreuzzug gegen das Reich des Mahdi, Kapitel 9: Die Wüsteneisenbahn, 1899)

Ich mal solche Geschichten, zumal Churchill ein glänzender Stilist ist, was man sogar in der deutschen Übersetzung merkt. Als Junge habe ich unzählige Abenteuer-Bücher gelesen. Nach der Lektüre des Kapitels über die Wüsteneisenbahn kaufte ich mir gleich aus Neugier Rudolf Slatins „Feuer und Schwert im Sudan – Meine Kämpfe mit den Derwischen. Meine Gefangenschaft und Flucht, 1879-1895“.
1881 war im Sudan der Mahdi-Aufstand ausgebrochen, und die Mahdisten begannen das Land zu erobern. Am 23. Dezember 1883 geriet auch Slatin in Gefangenschaft des Mahdis Muhammad Ahmad. Slatin konnte den Mahdi überzeugen, vom Christentum zum Islam übergetreten zu sein, und wurde deshalb nicht ermordet. Die nächsten zwölf Jahre lebte er als Sklave des Kalifen Abdallahi ibn Muhammad, des Nachfolgers des Mahdi, und erlangte allmählich das Vertrauen der Mahdisten. 1895 gelang Slatin unter abenteuerlichen Umständen die Flucht; er schlug sich bis zu anglo-ägyptischen Truppen durch.

Was für eine Geschichte! Was für ein interessantes Leben?




Fake News des Tages

monsterwarnung

– Der Zigeunerbaron von Johann Strauss wird in Hamburg nicht mehr aufgeführt. Die Absage des Konzerts erfolgte auf Basis „besorgter Warnungen aus der Nachbarschaft“.

– Michael Müller (SPD, Berlin) möchte gern Bundesbauminister werden. Ich hingegen möchte Bundesverteidigungsminister werden. (Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen!)

Sawsan Chebli betreibt Lobbyarbeit für palästinensische Hersteller von Armbanduhren.

– Karl-Theodor zu Guttenberg hat eine neue Doktorarbeit vorgelegt. Sie handelt von historischen Methoden, Geld zu überweisen, etwa im internationalen Handel. Er hat sich dafür unter anderem mit arabischen Händlern und den Kreuzzügen beschäftigt. Als gelernter Historiker vermute ich, dass er vor allem in der Bibliothek von Alexandria recherchiert hat.




Let’s not talk about race

New York Times: „A Black Marxist Scholar Wanted to Talk About Race. It Ignited a Fury.“ – „He planned to argue that the left’s intense focus on the disproportionate impact of the coronavirus on Black people undermined multiracial organizing, which he sees as key to health and economic justice.“

Der Guardian hat auch was Schönes: „Multiculturalism has been hijacked by the global elite“.

Ich prophezeie, dass an deutschen Universitäten bald gar keine Diskussion zum Thema mehr möglich sein wird. Ich bin froh, dass ich die universitäre Laufbahn, die mir offen stand, nicht eingeschlagen habe, obwohl zum Beispiel Gendersternchen in altgermanistischen Texten jetzt noch nicht verlangt werden.