Eurozentrische Arroganz

Deutsche Welle: „Peking hat massenhaft Masken und andere Medizingüter ans Ausland geliefert und seine Epidemie in den Griff bekommen. Trotzdem sieht es sich fälschlich beschuldigt. Der Sinologe Felix Wemheuer versucht eine Erklärung.“

In Deutschland sind die Einschränkungen bisher viel kürzer und milder als in China. Die Ausgangsperre in Wuhan dauerte immerhin 76 Tage. Die chinesische Regierung war bereit, für ihre Maßnahmen dem Land große wirtschaftliche Verluste aufzubürden. In Deutschland haben sich schon seit Wochen wirtschaftliche Interessensgruppen und ihre Verbündeten in Politik, Wissenschaft und Medien in Stellung gebracht, um eine schnelle Öffnung durchzusetzen. Sie wollen der deutschen Bevölkerung vermitteln, das alles bald vorbei sei, obwohl wir wahrscheinlich erst am Anfang der ersten Infektionswelle stehen.

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Eilmeldung!

hitler dead

Eilmeldung vor 75 Jahren.

corvid19

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Unter Fahnenhaltern

1, Maicorvid19

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Hua Mulan

Hua Mulan
Painting of Hua Mulan, 18th century, housed in the British Museum

Ars Technica: „Ancient Mongol warrior women may have inspired legend of Mulan“.

The story of Mulan, a young woman who disguises herself as a man to fight for China’s emperor, has become one of best known and most beloved narratives worldwide, thanks in no small part to Disney. (Zeichentrickfilme sind nichts für mich, aber die neue Version als Abenteuerfilm werde ich garantiert ansehen.)

Die Legende von Hua Mulan kannte ich bisher nicht. m/doi/full/10.1002/ajpa.23308″>Female warriors kennen wir schon von den Wikingern. Ich finde es immer lustig, wenn man das Frauenbild, was immer noch vorherrscht – oder noch schlimmer: das aus den 50-er Jahren – vergleicht mit dem, was die Geschichte an Vorlagen zu bieten hat.

Ich kann mich noch gut erinnern, wie „Experten“ mir bei der Recherche zu meinem allerersten Buch erklären wollten, dass Frauen aus biologischen Gründen nicht in der Lage sein sollten, bei der Feuerwehr mitzuarbeiten. Vermutlich trifft man auch immer noch Männer, die das auch fürs Militär behaupten. Lachhaft!

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Mesoamerikanischer Ort der Binsen

TulaTula

Tula („Ort der Binsen“), Mexiko, aufgenommen am 09.10.1979. Tula war das kulturelle Zentrum der Tolteken. (Versucht mal auszusprechen: Pyramide des Tlahuizcalpantecuhtli!)

Vermutlich betrachte ich gerade die Adler, die Herzen fressen. Das untere Foto (um die Größenverhältnisse zu verdeutlichen) zeigt meinen damaligen Reisebegleiter und Freund H., der leider schon verstorben ist.

Ich belüge mein Publikum nie selten, aber das oberste Foto habe ich stalinistisch behandelt und eine (unwichtige und störende) Person wegretuschiert. In der Original-Datei kann man auch sehen, in welch desolatem Zustand die Dias waren. Mittlerweilen habe ich nur noch die digitalisierte Version und die Originale entsorgt.

Aus meinem Reisetagebuch (der letzte Abschnitt nur für Erwachsene):
Im Hotel treffe ich 6 Deutsche aus München. Die beiden Frauen sind sehr nett. Gehen in die Kneipe gegenüber. Mariachi-Kapelle spielt eine Stunde lang schrecklich falsch und laut Schmalz. Blondine [mit der ich 1981/82 noch einmal sechs Monate in Lateinamerika war] kriegt Lieder ausgegeben. Fast eine Schlägerei mit einem besoffenen Typen, der die Blondine anmacht. Trinken Tequila – ein gelungener Abend. H. scheißt ins Bett.

06.10. Langes Frühstück zusammen mit den Münchnerinnen. Laufen zur Plaza de la Constitucion und zum Museo de la Ciudad. H. hat schon wieder Dünnschiss. Fahre allein zum Museo Nacional de Antropología. Sehr interessant und Ausblick auf drei Vulkane. „Kampf des mexikanischen Volkes für seine Unabhängigkeit“. Zu Fuß über die Avenida Paseo de la Reforma. Plaza Garibaldi mit vielen Musikanten und einer „Halle des Essens“. (…)

Ziehen am Abend mit den Münchnerinnen durch sämtliche umliegenden Lokale. H. verschwindet um drei, wir machen bis sechs Uhr früh weiter. Alle Mexikaner sind wegen S. [der „Blondine“] aus dem Häuschen. S. klappt auf dem Weg ins Hotel auf dem Bürgersteig zusammen, ein Zivilpolizist hilft uns und begleitet uns bis zum Hotel. Wir liegen dann im Bad auf dem Schlafsack und machen noch bis 10 rum…

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Atheismus, Queen Corona und COVID19

sleep with an atheist
Credits: Atheist Republic

Zur eindringlichen Lektüre empfohlen: Sterbende weiße Männer von Susanne Schröter.

Dass der neue Hass nicht allein eine Mode, sondern das Produkt wissenschaftlicher Theorien ist, wird deutlich, wenn man die ideologische Aufladung der Adjektive „weiß“, „männlich“ und „alt“ getrennt voneinander betrachtet. Sie lassen sich nämlich drei separat entstandenen Diskursen zuordnen, die zunehmend verwoben werden: der postkolonialen Theorie, dem intersektionalen Feminismus sowie der Umwelt- und Klimabewegung.

Sehr interessant, wie sich ursprünglich emanzipatorische Ideen zu einem reaktionären und absurden Unfug entwickeln können.

Sogar die taz hatte aktuell einen guten Artikel zum Thema „Postkoloniale Theoretiker“: „Leerstelle Antisemitismus – Die Verdienste postkolonialer Forschung sind groß. Doch die Causa Achille Mbembe zeigt, dass sie das Wesen des Antisemitismus verkennt.“ (Autoren: Saba-Nur Cheema und Meron mendel). Lesenwert, aber die Kommentare habe ich mir gar nicht erst angetan.


landwehrkanal
Landwehrkanal Berlin, auf dem Heimweg von der Nachtschicht, ca. 6 Uhr morgens

„Erst wenn der letzte Substantiv ein Binnen-I hat, das letzte Dingwort mit einem Sternchen verunziert und das letzte generische Maskulinum durch einen Unterstrich unleserlich wurde, werdet ihr merken, dass man mit Gendersprache nicht den Kapitalismus reformieren kann.“ (Weissagung der Cree)

And now for something completely different. (Surprise!) Auf Reddit fand ich eine anschauliche interaktive Grafik: „Coronavirus Deaths vs Other Epidemics From Day of First Death (Since 2000)“. Obwohl die statistische Basis wie gewohnt immer fragwürdig ist, zeigt das Schaubild eindringlich, dass COVID19 eben nicht wie eine Grippe ist. In diesem Zusammenhang sind ultrakonservative Prediger im Bibel Belt eindeutig ein Fall für den Darwin Award. Das Einzige, was Trump noch an einer Wiederwahl hindern kann, ist, dass seine Wähler dahinsterben. Religioten eben.

sleep with an atheist
Source: Malca Goldstein-Wolf/Facebook

„Mit gut sechzig Jahren besaß Burkhard immer noch die Haltung eines jungen Mannes.“ (Beginn eines nicht geschriebenen Romans von Louis Aragon)

Da nur die Ökonomie zählt, hier noch was von der New York Times: „Large, Troubled Companies Got Bailout Money in Small-Business Loan Program“. Immer schön dran denken: Je ein Kapitalist schlägt viele tot, und das wird durch Seuchen wie diese beschleunigt. (Nieder mit der Kleinbourgeoisie!)

masken
Nein, Masken sind nicht das neue Klopapier, ich habe in der nächstbesten Apotheke welche bekommen, sogar FFPT2-Masken.

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Pájaros

pájaros

Irgendwo in Mexiko (1982). Bei rund einem Dutzend Fotos, die ich zwischen 1979 und 1998 in Lateinamerika gemacht habe (von mehr als tausend), weiß ich nicht mehr, wo das genau war. Dieses ist eines davon.

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Crosspoint available?

crosspoint
CrossPoint-Nachfolger OpenXP in einer KDE-Konsole unter Linux, credits: Flups/Wikipedia

Ich schrob auf Fratzenbuch: „Ihr E-Mail Programm unterstützt leider keine HTML“ – erster und nicht weitergelesener Satz vieler rasch gelöschter E-Mails. #security #neuland #pappnasen #unbelehrbar #crosspointwarsuper

Für mich war Crosspoint immer noch das beste E-Mail-Programm ever. Ich habe mich mal umgeschaut. Offensichtlich gibt es für Linux 64Bit keine verfügbare Version?

Arbeitet jemand mit FreeXP? Das könnte ich aus nostalgischen Gründen in der VirtualBox laufen lassen. Ich ärgere mich, dass ich damals von damals keine Screenshots mehr habe. Oder ich müsste überraschenderweise noch irgendwo eine Diskette finden mit dem Material für Neonazis und Computernetze.

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Immobilienfonds in Gemeinwirtschaft überführen!

Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend. (Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, ARtikel 15)

Wir haben da einen aktuellen Fall: „Immobilienfonds will Kreuzberger Buchladen Kisch & Co vor die Tür setzen“. Das scheint ja eine ganz feine Familie zu sein. Da muss ich unwillkürlich an den letzten russischen Zaren denken, obwohl ein SchauProzess natürlich pädagogisch viel wertvoller wäre.

Das Transparenzregister werde ich mir mal näher anschauen und gegebenenfalls in meine Recherche-Liste aufnehmen.

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23. April 1944

Weststrasse Hamm

Gestern sagte meine Mutter (94 Jahre alt): „Was am 23. April 1944 war, weiß niemand mehr, und es will auch niemand wissen.“ Damals war der erste Großangriff auf die Stadt Hamm. Meine Mutter arbeitete dort in einem Laden in der Weststraße (vgl. Foto oben, damals und heute). Das Bombardement hat sie im Bunker überstanden. Sie sagte, sie haben drei Tage danach im Bett gelegen, weil sie nichts mehr hörte und extrem Kopfschmerzen gehabt habe. Danach sei es nicht mehr möglich gewesen, von Bönen, wo sie wohnte, nach Hamm zu kommen.

Das mag aus der Sicht von heute und viel schlimmeren Kriegsfolgen belanglos erscheinen. Wenn man das aber von einer noch lebenden Augenzeugin erfährt, geht es einem nahe.

Unter Einsatz von 750 Bombern und einigen hundert Jagdflugzeugen wurden 8000 Spreng- und 3500 Brandbomben abgeworfen. Innerhalb einer knappen Stunde war die Stadt in ein Flammenmeer und eine Trümmerwüste verwandelt. Der Verschiebebahnhof, der Güterbahnhof sowie Wohnviertel im südlichen und westlichen Stadtgebiet wurden besonders schwer getroffen. Etwa 240 Gebäude wurden völlig zerstört, weitere 350 schwer beschädigt. Mit weit über 200 Todesopfern forderte dieser Angriff die meisten Menschenleben, die je einem Luftangriff auf die Stadt Hamm während des Krieges zum Opfer fielen.

Am 05.06.2019 schrieb ich:
„Von der schönen Stadt Hamm ist nichts mehr übrig geblieben. Das Foto unten zeigt die Innenstadt bei Kriegsende – der Westentorbunker steht im linken oberen Viertel. Für mich ist es kaum vorstellbar, dass meine Mutter da durchlaufen musste, oft sogar zu Fuß zehn Kilometer bis Bönen, wo meine Großeltern wohnten, weil die Züge nicht mehr fuhren, einmal sogar unter Tieffliegerbeschuss, zusammen mit einer Arbeitskollegin, wie sie erzählte. Dass ich existiere, ist eigentlich ein glücklicher Zufall.“

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Nineveen, Wasser und Sand

havelhavelgrimnitzseealte spandauer PoststrasseSandgrube im Jagen 86

Witzigerweise habe ich genau vor einem Jahr auch meine private LeibesübungenWassersportsaison eröffnet. Gestern war es aber schon so sonnig und warm, dass ich stark pigmentiert wurde. Ich bin nur ein wenig in Klein-Venedig herumgepaddelt, wurde kurz nach dem Pichelssee von PolPot einem polnischen Pott fast ans Ufer verwiesen, habe dann den wie immer leeren Grimnitzsee erkundet, die kleinbürgerliche Idee ein bisschen neidisch bewundert und mich dann auf die Havel begeben, wo ich bis auf ein paar Enten auch ziemlich allein war.

Viel interessanter war die Rückfahrt durch den Grundewald per Fahrrad, weil ich noch einen Besuch bei meinen Eltern plante. Man biegt am Scholzplatz von der Heerstrasse ab nach Süden, radelt über die Straße Am Postfenn entlang des Torfgrabens bis zur Alten Spandauer Poststrasse, die ich bisher nicht kannte. Die Google-Maps-Dame in meinem Smartphone hatte Probleme, mir den rechten Weg zu weisen, weil ab und zu die Internet-Verbindung (wir sind in Deutschland!) abbrach.

Irgendwann erreichte ich die Sandgrube im Jagen 86, von der ich bisher auch noch nie etwas gehört hatte, obwohl ich schon mehr als vierzig Jahre in Berlin lebe. (Social distancing in Berlin? Vergiss es.)

Falls man vom Hauptweg abkommt, ist ein Mountainbike empfehlenswert: Durch tiefen Sand zu radeln ist nicht immer lustig. Dann kann man auch gleich zu Fuß gehen.

Die Russenbrücke und den Blitzbaum anzuschauen habe ich leider verpasst. Von deren Existenz erfuhr ich erst beim Recherchieren.

Übrigens: Nineveen – wieder etwas gelernt – stammt nicht aus „Herrn der Ringe“, sondern dem Grunewald. Da werde ich mal hinpaddeln.

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Der Gladiator, 2.0

 gladiator
Source: Somewhere on the Internet. SCNR

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Surprise, Corona!

 maske
Bestellt am 17. März und noch immer nicht eingetroffen. Surprise, surprise.

Ich muss das Publikum auf unangenehme Thesen hinweise, die sich diskutieren ließen, wenn man wollte. Die Washington Post warnt in Gestalt von Robert Redfield – „director of the Centers for Disease Control and Prevention“ – vor der zweiten Welle der CORVID19-Pandemie, die sei “ is likely to be even more devastating“. Das ist nicht neu, und in Singapur scheinen die erste Anzeichen darauf hinzudeuten: „Singapore Seemed to Have Coronavirus Under Control, Until Cases Doubled. The spread suggests that it is unrealistic for the United States, Europe and the rest of the world to return to the way they were anytime soon, even if viral curves appear to flatten.“

Es gibt aber auch ernüchternde Thesen, die etwas ganz anderes behaupten. Telepolis: „Social distancing. Reisebeschränkungen. Ausgangssperren. Im Zuge der COVID-19-Krise sind mehr als 50% der Weltbevölkerung von WHO-empfohlenen Maßnahmen betroffen, für deren Wirksamkeit es laut WHO-Bericht vom Oktober 2019 wenig bis keine wissenschaftlichen Belege gibt“.

Dazu passt die Times of Israel: „Top Israeli prof claims simple stats show virus plays itself out after 70 days“. Der genannte Isaac Ben-Israel ist kein Mediziner, sondern Mathematiker und Militär. Sein Artikel „The end of exponential growth: The decline in the spread of coronavirus“ bezieht sich aber, so weit ich das verstanden habe, statistisch nur auf Israel.

Ich glaube, ich muss jetzt ein paar Forenbeiträge bei Heise lesen, um mich zu erholen.

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Neguse Negest oder: No Brain and headache

Tiken Jah Fakoly

Wie jedem, der Reggae zu schätzen weiß, bekannt ist, gehörte Bob Marley der religiösen Sekte der Rastafari an, die weltanschaulich nur den allergrößten Unfug verbreitete. „…eine in Jamaika in den 1930er Jahren entstandene und weltweit verbreitete Glaubensrichtung, die dem Christentum entsprungen ist und viele alttestamentliche Bezüge aufweist. Die Bewegung lehrt die Göttlichkeit Haile Selassies.“

Schon klar. Almighty god is a living man und der Messias. Ich vermute, dass der Hype um Bob Marley in Europa damals vor allem damit zusammenhing, dass die Rastafari die Joints niemals ausgehen ließen, wie Wolfgang Neuss das formulieren würden, und eben das als religiöses Ritual verkauften.

Irgendwann Anfang der 80-er Jahre besuchte ich mit meiner damaligen Freundin, die Ethnologin war, ein Seminar über dieses Thema an der FU Berlin, weil wir planten, auch nach Grenada zu reisen, wo die Rastafari die revolutionäre Bewegung um Maurice Bishop unterstützten. Ich habe nur leider die Unterlagen verschlampt.

Neulich also bei Youtube. Wenn man heute Reggae hört, sind die Texte oft entweder total banal oder genau so ein Unsinn wie damals. Alpha Blondy hat zwar eine Biografie, die mich beeindruckt. Aber wenn ich ihn von „Jerusalem“ singen höre oder von Adonai (nicht zufällig weiß ich, was das heißt), wird mir ganz anders. Man muss einfach weghören und nur den Rhythmus genießen. Es grenzt auch schon an höheren Blödsinn, wenn jemand Frieden zwischen „Israel und Palästina“ wünscht und die Menge natürlich positiv aufheult, aber vergisst, wer den Terror verursacht und wer Israel von der Landkarte verschwinden lassen will.

In Großbritannien ging das auch anders. Die Nachgeborenen werden Linton Kwesi Johnson nicht kennen, aber dessen Texte sind immerhin zitierfähig. Ich hatte mal das Vergnügen, einem seiner Konzerte beizuwohnen.

Bei Tiken Jah Fakoly zum Beispiel gefällt mir aus ethnologischer Sicht die Ikonografie – er würde wunderbar in den 2. Teil von Matrix zu den pseudorevolutionären Witzfiguren dort passen. Bob Marley kam in Straßenkleidung auf die Bühne und hatte es nicht nötig, sich merkwürdige Schlabbermäntel umzuhängen. Wursthaare sind auch nicht automatisch systemkritisch, nur in verkitschten Hollywood-Filmen, wenn man noch ein paar Quoten-Neger unterbringen will.

By the way; Tiken Jah Fakoly: Africa United ist eine sinnlose Aussage, solange man nicht die Machtfrage stellt und eine Idee hat, was dann kommen soll – Kapitalismus unter anderen Vorzeichen oder nur: habt Euch alle lieb?! Ich kriege immer einen Anfall, wenn ich das höre – erinnert mich zu viel an Mädchen, die „was mit Tieren“ machen möchten und wegen des „Klimas“ zu den Grünen laufen. Geschenkt. Dann doch besser aur die Wiedergeburt des Neguse Negest warten, das macht genauso viel Sinn.

corvid19

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Iglesia Auxiliadora und Perverse

Catedral de María Auxiliadora
Catedral de María Auxiliadora, Puerto Ayachuco, Venezuela (Februar 1998)

Ich schrieb vor sechs Jahren: „Ich sitze hinten im Jeep, der einem katholischen Pater aus Elorza gehörte, der aus Polen stammte und mit dem ich mich über die Situation der Guahibo unterhalten hatte – und der auch Klartext redete. Der Pater entschloss sich spontan, seinen Bischof in Puerto Ayacucho am Orinoco besuchen zu wollen, und ich wollte auch dorthin. Mit dem Flugzeug sind das nur 266 Kilometer, mit dem Auto aber mehr als 500 – wir waren den ganzen Tag unterwegs. Gekostet hat es mich nichts, und ein Mittagessen bekam ich auch ausgegeben.“

Chica
Mit dem Jeep der Kirche durch die Llanos zum Rio Meta

Puerto Ayacucho, 20.02.1998: Ein Ethnologe, mit dem ich ins Gespräch komme, sagt; Der „Vater“ sei nur eine öffentliche Funktion in Venezuela. Die Struktur der Familie werde durch die Frauen zusammengehalten. Wenn sich ein Mann zu sehr um die Kinder der Frau bemühe, die nicht die seinen seien, komme er in den Verdacht, „pervers“ zu sein. Die meisten Frauen machten ihre ersten sexuellen Erfahrung mit zwölf Jahren.

Ich notierte mir noch: Interessante Frage, wenn machismo bedeutet, dass die Familien irgendwie matrilinear sind…

Chica

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Spock unter Experten

covid
Grafik: DKLG

Ich habe hier eine öminose griechische Quelle und erfrage die kompetente Meinung der wohlwollenden Stammleserinnen und geneigten Stammleser (ich kann kein Griechisch, aber der Artikel ist in Englisch): „Spiegel’s coronavirus research, a Russian longevity expert and Spock“.

Die zweifeln dort die These des „Spiegel“ an, Deutschland sei „sicher“ im Vergleich zu Griechenland, was die COVID19-Pandemie angeht:
„Doesn’t Germany have more deaths than Greece as a percentage on the population?“, we asked the author of the article in Deutsche Welle, who replied: „Yes.

Der „Spiegel“ beruft sich als einzige Quelle (!) für die Statistik auf eine Londoner Deep Knowledge Group (DKG). Auch der israelische Premierminister hat sich wohl auf diese Organisation bezogen (Quellen im Artikel).

Die Selbstauskunft erschien mir sofort merkwürdig: „Deep Knowledge Group is a consortium of commercial and non-profit organizations active on many fronts“ – aber so many sind die fronts offenbar nicht: Sie haben weder in Russland noch in China Niederlassungen, dafür aber in der Ukraine und in der Republik Moldau.

Die griechische Quelle nimmt sich einen der Gründer der DKG vor – Dimitri Kaminski – ein Experte für „Langlebigkeit“ (!), der offenbar (das Foto ist identisch) früher in der Marketing-Branche war. Ich habe mir das mal angeschaut: „…in all aspects of web development, online marketing and user experience“.

Die griechische Quelle weiter: Most of the companies of the Deep Knowledge Group seem to have been founded by a Romanian, mentioned in company documents as Dmitri Caminschii. Der scheint laut Facebook Moldavier zu sein, was die Sache erklärte (wenn er überhaupt existiert).

Mein Fazit: Ich würde den Herrn noch nicht einmal mit der Kneifzange anfassen und schon gar nicht zitieren. Schöne Recherche!

Der CCC über die App des RKI:
Cloudanbindung: Das RKI holt sich die Daten der meisten Nutzer wider Erwarten nicht vom Smartphone, sondern direkt von den Anbietern der Fitnesstracker – und hat über einen Zugangscode potentiell Zugriff sowohl auf Klarnamen der Spender als auch deren Fitnessdaten vor Beginn der Spende. covidBei einer einfachen Deinstallation der App bleibt dieser Zugriff auch weiterhin bestehen.

Mangelhafte Pseudonymisierung: Entgegen der Darstellungen werden die hochsensiblen Gesundheitsdaten der meisten Nutzer nicht schon auf dem Smartphone pseudonymisiert, sondern vollständig und teils mitsamt Klarnamen der Datenspender abgerufen. Eine Pseudonymisierung findet erst auf Seiten des RKI statt und kann durch die Nutzer nicht kontrolliert oder verifiziert werden.

Unzureichender Schutz der Zugangsdaten: Bei Verknüpfung der App mit einem Fitnesstracker müssen dessen Zugangsdaten eingegeben werden. In der Mehrzahl der Fälle könnten diese durch Man-in-the-Middle-Angreifer mitgelesen werden. Zudem können Zugangsdaten beispielsweise zum Google-Konto des Nutzers bei Verlust oder Diebstahl des Smartphones durch Dritte ausgelesen werden.

Organisatorische Defizite: Das RKI weiß weder, wer die Daten spendet, noch ob der Spender überhaupt existiert. Dies öffnet Manipulation Tür und Tor. Auch die bei Einwilligung zugesagten Betroffenenrechte können nicht gewährt werden, da nicht sichergestellt ist, dass es sich tatsächlich um den Betroffenen handelt. Das RKI holt keine wirksame Einwilligung in die Datenverarbeitung ein.

Einmal mit Profis arbeiten!

Zum Schluss vom Kollegen Andreas Kaiser auf Fratzenbuch: „An alle, die jetzt so vehement auf ihre Persönlichkeitsentfaltung (z.B. durch Konsum, Biergarten, Bundesliga) pochen und in Kommentaren über Merkels Zorn auf „Öffnungsdiskussionsorgien“ herfallen, sei hier einfach mal aus Artikel 2 des Grundgesetzes zitiert: „(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt … (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Das einschränkende Wörtchen „soweit“ und der Zusatz in Absatz 2 werden hier sicher nicht umsonst genannt!“

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Stupidity et al

bild

Also gut. Ich halte von den so genannten Lockerungen gar nichts, weil das Volk jetzt denkt, man habe schon alles im Griff. Michael Meyer-Hermann, ein System-Immunologe, sieht das auch so. Wer nur auf Drosten hört: Auch der warnt vor einer zweiten Welle. Schade, dass Merkel nicht Vorsitzende einer linksradikalen Partei ist. Was sie zum aktuellen Thema sagt, kann ich nur unterstreichen.

stupidity

Es gibt auch richtig schlechte Nachrichten: Laut WHO gibt es „No evidence that people who have survived coronavirus have immunity“.

stupidity

Gottesdienste sollten übrigens wieder erlaubt werden, wenn die Verehrer höherer Wesen und ihre Vorbeter zusätzlich zum Mundschutz noch einen Knebel tragen. #gag

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Unter Robotronikerinnen

robotron

VEB Robotron PC 1715 computers at a parade in Berlin, GDR, 1987. Credits: Soviet Visuals.

Kann mir mal jemand von den mitlesenden Anthropologen erklären, warum man Rechner auf einen Bollerwagen stellt und diese dann winkend durch die Straßen fährt? Muss ich dazu erst Theweleit lesen?

corvid19

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Destinado a nunca llegar

sky

[Dieser Text erschien zuerst auf burks.de am 17.05.2003, mit damals noch winzigen Fotos in schlechter Qualität, teilweise auch am 20.01.2011. Drei der Fotos habe ich bisher noch nicht veröffentlicht.]

[17.01.1998] Land! Nicht anders muss sich Kolumbus gefühlt haben. Gieriger Blick aus dem Fenster: Südamerika, meine zweite Heimat. Wolken huschen über Inseln, man schaut wie ein Vogel auf die türkisblaue Brandung herab. Immer wenn ich das Meer sehe, muss ich an Marquez denken: Un relato de un naufrago. Es zieht in der Brust. Welcher wehmütiger Schmerz ist das? Das Gefühl, wie ein Tropfen Wasser im Meer zu sein, eine winzige weisse Wolke unter vielen – eine sanfte Brise, und sie löst sich auf in nichts.

Das Traurige am wahren Reisen ist: Man kann es mit niemandem teilen, die Gefühle, die Sinneseindrücke nicht wiedergeben. Wie kann man eine Reise nach Südamerika erzählen? Vielleicht nur wie Rutger Hauer im Bladerunner: „I’ve seen things you people wouldn’t believe. …All those moments will be lost in time, like tears in the rain.“

Ich mag sehr gern fliegen, ich liebe den Augenblick, wenn der Druck beim Start einen in den Sessel presst. Weg, nach oben, ganz weit weg, auch wenn sieben Stunden Flug unrealistisch kurz sind für die Entfernung, die man tatsächlich zurückliegt. Mir kommt in solche Momenten immer Clandestino von Manu Chao in den Sinn:

Me llaman el desaparecido
Que cuando llega ya se ha ido
Volando vengo, volando voy
Deprisa deprisa a rumbo perdido
Cuando me buscan nunca estoy
Cuando me encuentran yo no soy
El que está enfrente porque ya
Me fui corriendo más allá

Yo llevo en el cuerpo un motor
Que nunca deja de rolar
Yo llevo en el alma un camino
Destinado a nunca llegar…

Die Sonne ist schon dunkelrot. Berge an der Küste, völlig kahl. Endlich gelandet. Immer das komische Gefühl: ich könnte den Boden küssen. Vielleicht haben das auch die deutschen Konquistadoren gemacht, deren Spuren ich verfolgen will und die schuld daran sind, dass ich jetzt in Venezuela bin. Allein, mit vielen Büchern über die Alemanes y los Belzares (Welser) im 16. Jahrhundert im Kopf. Die Hitze lullt mich ein, aber der Geruch! Ich erkenne Südamerika am Geruch. Den schweren Rücksack auf den Rücken werfen, knarrende Riemen. Auch das hört sich vertraut an. Der Druck auf den Schultern. Das Gefühl, ganz da zu sein, mit jeder Faser des Körpers. Das ist das wahre Leben – konzentriert und auf den Punkt gebracht.

Ein colectivo nach Caracas. Meine erste spanischen Worte seit langem. Kurvenreiche Straße, Slums an die Hügel gekrallt. Die Bilder von draußen dringen noch nicht bis in meinen Kopf. Ich bin restlos glücklich. Das bekannte Gewusel. Bei halb geschlossenen Augen kann ich mir vorstellen, gleichzeitig in Bogota, Medellin, Quito, Lima oder in den barrios von La Paz zu sein. Endstation. Ein paar hundert Meter zu Fuss. Die schon nächtliche Stadt liegt mir zu Füßen.

Der Verkehr rauscht um mich herum wie Wasser um einen Stein. Ich lasse den Stadtplan in der Hosentasche. Ich will reden, den Rhythmus des español in mich aufsaugen, frage Passanten. Ich muss wohl ein paar Kilometer zu Fuss gehen zum zentralen Busbahnhof. Man rät mir zum Taxi. Aber ich will das Gefühl genießen, allein durch die Nacht zu laufen.

caracas
Ankunft in Caracas, 17.01.1998

Ein Mann ruft hinter mir her: señor! Mein Reiseführer ist mir aus der Hosentasche gefallen. Er hat ihn aufgehoben. Angeblich soll Caracas in der Nacht gefährlich sein. Ich will es nicht glauben. Vielleicht braucht man einfach Chuzpe, vielleicht riechen das die Straßengangs. Ich muss immer wieder an die Straßen in den Armenviertel von Bogotá denken, deren Blicke, die einen taxieren, ob es sich lohnen könnte…. Mir ist in mehr als zwei Jahren auch in den finstersten Gegenden nie etwas passiert, außer einer Schlägerei mit einem Schwarzen in Georgetown, Guyana – er kriegte meine Kamera nicht zu fassen und ich nicht seine Hoden – bis wir voneinander abließen…

Am Busbahnhof umringt mich ein Dutzend Männer, die mir die Ziele ihrer Busse entgegenbrüllen. Schön hört sich das an: Maracaimaracaimaracaiboooooo! Maracaibo, die heiße Millionenstadt an der Lagune, die sich zum Golf von Venezeula öffnet, gegründet 1529 durch Ambrosius Dalfinger aus Ulm. Barquisimeto. Acarigua. Tocuyo. Namen, die ich aus den Briefen des deutschen Konquistadors Philipp von Hutten kenne… Noch klingen sie wie ein Geheimnis.

Es ist schon 22 Uhr und immer noch die Hölle los. Viele Tage habe ich in Busbahnhöfen verbracht, in vielen lateinamerikanischen Ländern. Das Leben spielt sich wie unter einem Mikroskop ab, alle Sorten von Menschen werden durchgeschleust. Bahnhöfe sind die interessantesten Orte einer Stadt, zusammen mit den Märkten. Wer die Bahnhöfe und die Märkte kennt, weiß, wie man in dem Land fühlt und lebt.

Der Bus fährt direkt nach Coro. Krachendes TV, daily soap auf venezolanisch, ich brauche nicht lange, um mich daran zu gewöhnen und trotzdem zu schlafen. Um kurz nach fünf rüttelt mich jemand – wir sind schon da. Eine Brise, irgendwo muss das Meer sein. Mit schweren Füßen durch schmale, holprige Straßen einer Vorstadt. Ich bin ganz allein. Hunde bellen mich an, ohne mich zu sehen. [Ich habe mir das angesehen: Der Terminal Terreste Polica Salas – der Busbahnhof – von Coro ist an der Calle Maparari, es sind von dort gut zwei Kilometer zu Fuß bis ins Stadtzentrum.]

coro
Mein Rucksack auf der Plaza Falcón in Coro, kurz vor Sonnenaufgang

Endlich: die Plaza von Santa Ana de Coro, gegründet 1527 vom Spanier Juan de Ampiés, der sich dazu die Erlaubnis des Kaziken Manaure holte. Die kleine Kathedrale, dem heiligen Franziskus geweiht. Als Georg Hohermuth von Speyer und Philipp von Hutten 1528 auf diesem Platz standen, war sie noch nicht fertig. Sonnenaufgang.

Ich sitze auf einer Bank und versuche mir vorzustellen: 400 deutsche Landsknechte und sächsische Bergknappen, die hier, genau an dieser Stelle, damals, vor fast 500 Jahren, aufgebrochen sind nach El Dorado. Ich schaue auf die Uhr. Es ist unfassbar. Von Berlin nach Coro in weniger als 48 Stunden.

coro

Hotel Capri, muy barato o baratissimo [Calle Zamora, die Pension gibt es nicht mehr], aber ich fühle mich gleich wohl. Es ist alles irgendwie bekannt, ein Patio, ein paar Frauen mit Kindern, die immer dort herumsitzen. Coro ist eine Kleinstadt. Ein winziges Cafe (Foto unten), in dem ich nach den ersten spanischen Sätzen sehr freundlich gebeten werde, etwas von Alémania zu erzählen. Ich bleibe zwei Stunden. Bald werde ich in den Strassen von Einheimischen gegrüsst.

coro

In den nächsten Tagen gewöhne ich mich an die Hitze. Jeden Mittag 40 Grad. Die zona colonial, die zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Netter Plausch mit einer Museums-Führerin – bildschön, wie alle Frauen, die in Coro einen „öffentlichen“ Job haben, mit schelmischem, aber auch verlegenem Lachen. Natürlich verheiratet. Sie nimmt sich für mich im Casa de Tesoro [heute: Museo de Arte] den ganzen Nachmittag Zeit, weil ich der einzige „Kunde“ bin.

museo de arte coro

Ich erkunde die Umgebung, frage mich durch. Bald kenne ich die lokalen Buslinien, fahre ans Meer, an die Bucht La Vela de Coro, in der damals die drei Schiffe des Welser-Konzerns ihre Fracht abgeladen haben. Vielleicht erinnert vela – das Segel – an diese Zeit. Dort ist heute kein Hafen mehr. Die Dünen nordwestlich von Coro – wie im Nordwesten Perus, nur im Westentaschenformat.

medanos de coro

Ich schreibe in mein Notizbuch: „Das vertraute Gefühl des Reisens stellt sich sehr schnell ein. Abgesehen davon ist es hier ziemlich teuer, wenn man nicht basic lebt. Allein 10 DM „verschlingt“ das Hotel. Mehr als 20 DM inklusive allem will ich vorerst nicht ausgeben. Wer weiß, wie es im Süden des Landes aussieht…“

Der Internet-Provider am Plaza de Manaure, wo die modernen Gebäude sind und die Schuhputzer auf Kunden warten. Ein junger Bursche, der den Laden allein führt. Der einzige Mann in Venezuela mit meiner Frisur. Wir fraternisieren gleich. Er jammert mir vor, dass niemand in Coro verstehe, wie wichtig das Internet sei. Ich darf gratis surfen und lese Berliner Zeitungen. Total unwirklich. Es berührt mich nicht.

Ein schmieriger Typ spricht mich jeden Tag an, wenn die Leute nach der Siesta zwischen der Plaza und der Calle de Zamora flanieren. Will mir eine Frau vermitteln und dafür Provision…

medanos de coro

To be continued…

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Systemrelevanter kultureller Lifestyle

whisky
Die zweite Welle kommt bestimmt – und schlimmer als die erste. Bitte bevorraten Sie sich. (ALDI-Deutsch)

Ihr könnt froh sein, dass ich in diesen Tagen überhaupt blogge. Gerade die letzte von sieben 12-Stunden-Schichten abgerissen, dazu noch ein Wechsel von Tagschicht zu Nachtschicht – aber jetzt habe ich ein paar Tage frei für Dröseln und die anderen zwei Berufe.

Da kommen mir jedoch ein paar Serien in die Quere, die ich allesamt dringend empfehlen kann.

Unorthodox

unorthodoxunorthodox

Unorthodox ist natürlich Pflichtprogramm für alle, die aus Sekten oder sektenähnlichen religiösen oder politischen Gruppen kommen. Meine Biografie ist im Vergleich zum hiesigen Publikum vermutlich ein wenig exotisch, und ich befürchtete, dass jemand, der so etwas wie im Film geschildert wird, nie in vivo erlebt hat, das auch kaum nachvollziehen kann, vor allem was die Spätfolgen angeht.

Aber man muss das Thema aus der Sicht der Evolution anschauen. Gemeinschaften, die dem normalen Menschen im Kapitalismus schrecklich beengt, beschränkt oder sogar Furcht erregend vorkommen, sind nur ein Modell unter vielen möglichen, „Gesellschaft“ zu konstituieren. Alle Modelle sind „moralisch“ gleich viel wert, nur eben mehr oder weniger effektiv, ganz nach den jeweiligen Umständen. Je enger und einschnürender die Gemeinschaft, um so mehr kann sie soziale Sicherheit garantieren. Je größer der Anpassungsdruck, um so mehr wird es katastrophal, wenn sich jemand dem verweigert. Das ist bei den Mennoniten so, die ich in Mittelamerika besuchte, bei den Neuapostolischen und im chassidischen Milieu, das in Unorthodox geschildert wird.

Ich kann die Kritik, die zum Beispiel Michael Wolffsohn anbringt, ein wenig nachvollziehen: „Da die meisten Zuschauer von „Unorthodox“ wahrscheinlich das Judentum noch weniger kennen als Christentum und Islam, werden sie daraus fehlschließen, „das Judentum“ verdamme „Fleischeslust“.“

Gerade darum aber muss man solche Filme drehen und zeigen: Der öffentliche Diskurs kann kann solche Fehlschlüsse eventuell korrigieren. Ganz klar aber ist, dass dieses Milieu, mag es auch nur wenig repräsentativ sein, für die Unterdrückung der Frau an sich steht. Man kann nicht für Emanzipation sein, und nebenan so etwas akzeptieren, weil es einer Tradition entspricht. Da bin ich ganz Kulturrevolutionär: Hau weg den reaktionären Scheiß!

Fauda, Staffel 3

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Fauda war der einzige Grund, warum ich damals ein Netflix-Abo abgeschlossen habe. Auch die Staffel 3 hält das hohe Niveau (ich bin noch nicht ganz fertig mit Gucken, und Marina Blumin kann man ohnehin nicht oft genug sehen).

Was ich nicht wusste: „Eine Folge „Fauda“ kostet trotz aufwendiger [sic] Gefechtsszenen mit 200.000 Euro knapp ein Siebtel einer Folge „Tatort“. Fast nirgendwo werden Serien günstiger gedreht als ins Israel. Und fast nirgendwo besser.“

Quod erat demonstrandum. Und die Schauspielerinnen sind auch fast alle hübscher als in hiesigen Krimis. Unbedingt empfehlenswert, keine Sekunde Langeweile.

Bosch Staffel 7

bisch
Bosch

Bosch ist mit Abstand die beste Krimi-Serie, die ich jemals gesehen habe – und wehe, jemand schaut die synchronisierte Version! Mit deutschen Untertiteln hört sich das nuschelige Hardcore-Bullen-Englisch erst richtig gut an – und man lernt viele Slang-Ausdrücke, was bekanntlich beim Sprechen nützlich ist.

Ohne die entzückende Madison Lintz würde der Serie etwas fehlen: Das komplizierte Vater-Tochter-Verhältnis wird großartig in Szene gesetzt. Bewertung: So viel Sterne wie möglich.

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