Die Eine-Million-Dollar-Frage der Geschichtswissenschaft [Update]

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Wer steckte den Reichstag in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 in Brand? Ist es nicht seltsam, dass es immer noch keinen Konsens darüber gibt, wer die Täter waren?

[Und wie bescheuert sind „volkspädagogische Erwägungen“, die nur ein gewünschtes Ergebnis akzeptieren? „Befürworter der These von der nationalsozialistischen Täterschaft wie Walther Hofer, Edouard Calic und Golo Mann führten dabei auch ‚volkspädagogische‘ Argumente an: Wenn sich herausstellen sollte, dass der Reichstag nicht von den Nationalsozialisten angezündet worden sei, könnten auch die anderen Verbrechen in Frage gestellt werden.“ (Wikipedia)]

Die FAZ hatte 2016 die damals bekannten Fragen und Fakten anschaulich aufbereitet: „Handelte die SA auf eigene Faust? (…) Es gehört zu den größten Verdiensten seiner Studie [Der Reichstagsbrand: Wiederaufnahme eines Verfahrens], dass er verstreute Indizien zusammenfügt, welche die Vermutung nähren, ein Spezialkommando der Berliner SA habe in politischem Einvernehmen mit dem Berliner Gauleiter Joseph Goebbels eine eigenmächtige Aktion ohne Wissen und Billigung Adolf Hitlers durchgeführt.“

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Credits: LEMO

Die Welt berichtet aktuell: Eine neu aufgetauchte eidesstattliche Versicherung eines damaligen Mitglieds der Sturmabteilung (SA) der NSDAP deutet nun auf eine Beteiligung der Nationalsozialisten hin – und entlastet den für den Brand zum Tode verurteilten niederländischen Kommunisten Marinus van der Lubbe.

Süddeutsche: Später, so erklärt der SA-Mann in seiner Versicherung, deren beglaubigte Abschrift der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, hätten er und seine Kameraden gegen die Verhaftung van der Lubbes protestiert. „Weil nach unserer Überzeugung van der Lubbe unmöglich der Brandstifter gewesen sein konnte, da ja nach unseren Feststellungen der Reichstag schon in Brand gesetzt sein musste, als wir van der Lubbe dort ablieferten. (…)

Die eidesstattliche Versicherung stammt von Hans-Martin Lennings (1904-1962), der diese 1955 notariell abfassen ließ für den Fall einer damals diskutierten posthumen Wiederaufnahme des Prozesses gegen den zum Tode verurteilten van der Lubbe. Das Amtsgericht Hannover bestätigte der dpa am Freitag die Authentizität des Dokuments.

Ich habe dieselbe Frage wie die hier noch nie zitierten Schaumburger Nachrichten: „Und warum wurde Lennings Aussage in den Fünfziger- oder Sechzigerjahren nirgendwo verwendet?“

[Update] Heute könnte so etwas natürlich nicht mehr passieren.