Both stubborn & pissed – ein Sittengemälde

questionable relationship goals

Shitstorms sind irrelevant. Die deutsche „Netzgemeinde“ ist auch irrelevant, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Wenn man das laut sagt oder die Platzhirsche (im Bonsai-Format) ärgert, wird man „sozial“ geächtet, (weder zitiert noch verlinkt); der „Gemeinschaftsentzug“ als gefühlte Strafe funktioniert eben nicht nur bei den Zeugen Jehovas, sondern auch bei Vereinen wie dem DJV oder bei deutschen Bloggern. Die „Strafe“ wirkt aber nur dann, wenn das „Opfer“ auch mitmacht.

Ich kannte Tilo Jung bisher gar nicht. Ein Journalist, der sich „naiv“ nennt, ist kein Journalist, sondern nur ein ahnungsloser Trottel. Als Attitude, um sich zu vermarkten, geht das nur, wenn man dann auch den Eulenspiegel machte – aus der Perspektive der kleinen Leute die da oben lächerlich aussehen lässt. Über „Krautreporter“ hatte ich schon Don Alphonso zustimmend zitiert und werde natürlich – wie er – recht behalten.

Über Tilo Jung sind ein paar Frauen verbal hergefallen. Darüber ist gewohnt schmallippig geschrieben fantasiert worden:
Jung hat nicht irgendeinen dummen Witz gemacht, abends, in der Kneipe, angetrunken, rausgerutscht. Er hat Bilder gepostet, die sexistisch und chauvinistisch sind.

Alles falsch. Stimmt einfach nicht. Aber dazu hätte frau recherchieren müssen, anstatt den Bauch denken zu lassen. Das Bild (vgl. oben) wurde von einer Frau veröffentlicht und „verantwortet“, von Stephanie Anderson – „Professional Mindian / lover of trash and BuzzFeed Oz Staff Writer“. Jung hat das Bild nur retweetet, also zitiert. Das Original ist ein Tweet unter dem Titel „18 couples who’ve accomplished their questionable relationship goals“. Der Inhalt der Fotos passt zum Thema. Daraus stammt auch das Foto unten (die Hand ist weiblich!).

questionable relationship goals

So what? könnte man fragen? „Die Aufregung in den sozialen Medien der vergangenen zwei Tage“? Außer irrelevantem Gekreisch nichts gewesen. Doch: „Im Netz“ (im Usenet?) wurde jemand (wie?) „bestraft. Es gab – o Schreck, o Graus, ich fürcht‘ mich so! – eine „Teamsitzung“ bei dem vorbildlichen SchreiberInnen-Kollektiv den Krautreportern. Es kursiert sogar, was immer ein Kompliment ist, eine satirische Version des Nicht-Ereignisses.

Sexismus ist wie Dieter Nuhr blöd. Aber was ist „Sexismus“, um das sperrige „frauenfeindlich“ zu umschiffen? Ist es sexistisch, wenn eine Frau in der „Heute Show“ sagt, das Wort „Frau“ werde jetzt durch „Mensch mit Menstruationshintergrund“ ersetzt?

Sexismus ist wie Erotik: Alles spielt sich im Kopf ab. Ich könnte den Fußtritt, der vorgeblich im obigen Bild gezeigt wird (nein, wird er nicht – man denkt sich das hinzu), so interpretieren: Die vierteilige Bilderserie ist eine Allegorie auf das Verhalten von Männern, wenn Ehen auseinandergehen – und wie sich Frauen dabei fühlen. Stimmt nicht? Man beweise mir das Gegenteil!

Ich weiß nicht, warum sich Don Alphonso trotzdem so aufregt. Weil Juliane Leopold die Netz-Domina gibt? „Nedd amoi ignorier’n“, soll Karl Valentin gesagt haben.

Das Gekreische „im Netz“ ist einfach nur ekelhaft. Zum Glück hat auch ein Shitstörmchen immer nur die Lebenserwartung einer Drosophila. Wie bei allen Insekten ist es eine Eierfrage, wie man damit umgeht. Aber dazu ist Jung zu jung und naiv.