Neoliberale Öffnung der Märkte

Portal america21.de über das Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) in Santiago de Chile: „Während die EU-Vertreter auf eine neoliberale Öffnung der Märkte drängten, forderten Staaten Lateinamerikas und der Karibik eine stärkere Kontrolle transnationaler Unternehmen sowie soziale Schutzmechanismen für die Bevölkerung.“

Deutsche Mainstream-Medien berichten leider nicht darüber, sondern nur über einen Brief des krebskranken venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, der dort verlesen wurde (als wenn das wichtiger wäre). es würde mich interessieren, wer diese „EU-Vertreter“ sind und in wessen Auftrag sie eine „Öffnung der Märkte“ fordern, was auch immer das bedeuten mag.

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Manipulierte E-Mails

chinese hacker

Burks.de-exklusiv: Die chinesische Hackerin 你是如此的可爱 manipuliert einen Journalisten der New York Times via Webcam, eine E-Mail mit dem Attachment 安装自己.exe anzuklicken.

„Wie die Hacker sich ursprünglich Zugang zu den Systemen der Zeitung verschafften, ist nicht geklärt“, schreibt SpOn über die New York Times, deren Rechner mit Malware verseucht waren, die angeblich aus China stammt. „Computerexperten vermuten, dazu seien manipulierte E-Mails an Mitarbeiter des Blattes verschickt worden“.

Ach ja, wenn unsere Computerexperten anfangen zu vermuten, dann wird es immer spannend. Vermutlich arbeiten die Computerexperten auch beim Berliner Flughafen mit.

Ferndiagnostizieren wir mal: Die New York Times schreibt per default nur elektronische Postkarten. Es gibt keine vernünftige E-Mail-Policy. Die Journalisten wurden nicht geschult, sondern man verließ sich die auf „EDV-Abteilung“ im Keller und nutzlose Virenscanner. Alle Browser erlauben Javascript und sind für Phishing anfällig. Noch weitere Vorschläge? Nein, ich habe kein Mitleid. Bei der New York Times ist es eben wie bei deutschen Medien auch.

„Die Messgeräte“ schlugen an, formuliert Spiegel online. Was machen die denn da? Benutzen die einen Geigerzähler, um verdächtige Attachments zu untersuchen?

By the way: Ich hatte der größten deutschen Fortbildungsanstalt für Journalisten im August eine Seminarreihe angeboten. Als ich drei Monate später anrief, weil niemand reagierte, entschuldigte man sich, man fände mein E-Mail nicht, die wäre „vermutlich“ in einen Spam-Filter geraten. Mein Seminarangebot wurde abgelehnt, am Thema „E-Mail-Sicherheit“, Verschlüsselung und Sicherheit beim Surfen bestünde „kein Interesse“ bei den Kolleginnen und Kollegen.

Quod erat demonstrandum. Also bitte weitermachen, Chinesen oder wer auch immer! Macht alles kaputt und späht sie aus. Sie haben es nicht anders gewollt.

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Nachbörslich

Manche Neusprech-Wörter sind so bescheuert, dass man den oder die Schreiber am liebsten zum Kakerlaken-Essen verdammen würde. „Nachbörslich“ hat sich auf Anhieb einen Spitzenplatz erobert: Nachrestaurantlich gingen wir zu ihr, nachgeschlechtsverkehrlich tranken wir Kaffee und nachfrühstücklich gingen wir wieder unserer Wege.

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Die anbetung des Freien Marktes(TM) der Letzten Tage

anbetung

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Geldpolitisch immer schön locker bleiben

Leider müssen wir uns heute mit dem langweiligen Thema Ökonomie befassen, also mit den zwei zentralen Fragen, die, würden sie korrekt beantwortet, auch jedes andere Thema hinreichend klären: Wo kommt die Kohle her? Wo geht sie hin?

Cicero schreibt: „Die Bundesrepublik hat weit mehr von der Eurokrise profitiert als bisher angenommen. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft haben sich auf Kosten des Südens saniert. (…) Die Bundesregierung erzielte nicht nur satte Zinsgewinne auf die Notkredite, die sie an die Krisenländer zahlte. Mehrere hundert Millionen Euro wurden 2012 allein von Griechenland abkassiert. (…) Weil die Anleger aus Südeuropa flüchteten und einen ’sicheren Hafen‘ in Deutschland (und Frankreich) suchten, fielen die Renditen für Bundesanleihen auf ein Rekordtief nach dem anderen. Bei 21 der 70 Auktionen im vergangenen Jahr musste der Bund gar keine Zinsen an seine Gläubiger zahlen, sondern kassierte eine Prämie.“

Der Freitag und das Handelsblatt fassen zusammen, was George Soros in einem Interview mit Charles Dallara, Geschäftsführer des Internationalen Bankenverbandes, will das ändern. Staatsfinanzierung würde schwieriger.“

Wir hatten das Thema hier schon einmal („Unter Schnellballsystemikern und Couponschneidern„, 03.08.2012):
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung formuliert in ihrer Studie „Anspruch und Wirklichkeit der Finanzmarktreform“ unfreiwillig komisch:
„Neben der Forderung nach höheren Eigenkapitalanforderungen für systemrelevante Finanzinstitute vereinbarte die G20 in ihrer Pittsburgh-Erklärung, dass systemrelevante Finanzinstitute für den Fall einer Pleite Pläne zur geordneten Abwicklung vorhalten müssen.“

„Systemrelevante“ Finanzinstitute: Besser hätte das Anshu Jain auch nicht sagen können. Um mal Klartext zu reden: Das sind diejenigen Banken, die am so genannten „Primary-Dealer-System“ teilnehmen. Diese Finanzunternehmen müssen dem Staat eine bestimmte Menge seiner Schulden – also known as Staatsanleihen abkaufen – und das nach einem vorher festgelegten Zinssatz. Nicht sehr „frei marktwirtschaftlich“, möchte man einwerfen. Zu recht, denn der Staat sorgt zwangsweise für eine Mindestnachfrage für den Kauf seiner Schulden. Da aber die Banken an den Zinsen satt verdienen und wegen der Vollkasko-Versicherung bei der EZB meckern sie nicht allzusehr.

Das ist doch ein lustiges System. Die Finanz-Primärdealer aka „systemrelevanten Banken“ müssen eine bestimmte Menge an Staatsanleihen kaufen, aber Eigenkapital brauchen sie dafür nicht. So möchte ich auch mal wirtschaften dürfen.

Die Japaner haben jetzt eine andere Methode gewählt, um der in konjunkturellen Schüben wiederkehrenden kapitalistischen Überproduktionskrise, im Laufe derer unproduktives Kapital vernichtet werden muss (das sich auf dem Finanzmarkt als Blase bemerkbar macht), Herr zu werden. Sie sparen nicht, sondern vermehren die Geldmenge: „Die Zentralbank muss solange Geld drucken bis die Preise um mindestens zwei Prozent steigen.“

Kapitalistisches Vodoo at its best: Wemn man Geld druckt, dann steigen automatisch die Preise? So einen Quatsch erzählen doch nur die Anhänger der Glaubensgemeinschaft Freier Markt(TM), Studenten der „Volks“wirtschaft oder andere Sprechblasenfacharbeiter.

Hierzu noch einmal das Handelsblatt: „Die Debatte über die Gefahr eines globalen Abwertungswettlaufs zwischen wichtigen Währungen wurde zuletzt dadurch befeuert, dass die neue japanische Regierung eine höchst expansive Finanz- wie auch Geldpolitik verfolgt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in Davos ihre Sorge darüber ausgedrückt.“

Schon klar. Merkel wird nichts tun, was dem deutschen Kapital und dessen finanzpolitischen Arm, den Banken, irgendwie schadet. Japan ist in einer anderen Situation – rundherum gibt es nicht so viel, was man ausplündern kann. Und außerdem sind oft schon die Chinesen vorher da. Die Zeit nennt das „Japan steckt in der Deflationsfalle“.

Es sind also eine Menge Variablen im Spiel: Die deutsche Wirtschaft ist sehr exportabhängig, sie braucht die sogenannte Finanzkrise und den Euro, um zu verhindern, dass die schwächeren Ökonomien – wie Griechenland – einfach ihre Währung abwerten, um die Exporte anzukurbeln – also genau das, was Argentinien nach dem Staatsbankrott getan hat.

Japan hat ein anderes Problem: Die Exporte sinken – man verkauft ja nicht so viele Waffen wie Deutschland und ist auch nicht an so vielen Kriegen wie wir beteiligt.

Die „Warnungen“ und „Sorgen“ von Soros und Merkel dokumentieren also nur unterschiedliche Kapital-Interessen und wie deren Büttel und Helfershelfer, die Politik, meinen darauf reagieren zu müssen.

(Ich muss jetzt einkaufen, und die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser können ja auch allein weiterdiskutieren.)

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Unter uns Steckenpferdreitern

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Ein Hobby oder Steckenpferd ist laut Wikipedia eine „Tätigkeit, die man freiwillig und regelmäßig betreibt und die dem eigenen Lustgewinn oder der Entspannung dient. Ein Hobby ist kein Beruf und repräsentiert für den Ausübenden einen Teil seiner Identität. Der Begriff Hobby hat eine leichte Nähe zum Begriff Spiel. Als Hobby wird eine Tätigkeit indes nur bezeichnet, wenn man für diese Tätigkeit eine im Vergleich zu anderen Freizeitgestaltungen besondere Vorliebe hat und sie regelmäßig ausübt.“

Andere Leute bauen Modelleisenbahnen, sammeln Bierdeckel oder teure Gemälde oder geben ein Schweinegeld für Segeljachten oder Anglerausrüstung aus. Mein Hobby ist so gut wie kostenlos, und ich lerne sogar noch etwas dabei – fließendes Englisch und wie man anspruchsvolle Software bedient. Der Zeitaufwand ist aber vergleichbar.

Nun zur Medientheorie. Mein Avatar in Second Life, der fast ausschließlich im dortigen Gor spielt, ist also ein „Teil meiner Identität“? Interessante Frage – richtig ist, dass ich nicht mit einem Avatar herumlaufen wrüde, der hässlich ist. Meiner gleicht Bob Marley, weil das auch zu meinen virtuellen Dreadlocks passt und weil ich es lustig fand, als jemand mit dunkler virtueller Hautfarbe währends des Hypes um Second Life 2007 von deutschen Avatar-Nazis angepöbelt zu werden. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich damals zusammen mit einem Freund, der real Arzt ist und wie ich politisch in der Autonomen-Szene der 80-er Jahre aktiv war, mit virtuellen Motorrädern Avatare überfahren habe, die mich dämlich und rassistisch angequatscht hatten. Leider sind die per default unverwundbar in Second Life.

Gor ist das politisch unkorrekteste Ambiente für ein Rollenspiel, was sich ein deutscher Jugendschutzwart in seiner dreckigen und bigotten Fantasie vorstellen kann. Es geht um Gewalt und Sex, Macht und männliche Dominanz und selbst geschaffene „storylines“, die andere zum Mitmachen und Spielen animieren. Pixelsex finde ich virtuell eher langweilig – und mit BDSM (offenbar ein zentrales Thema im Gor-Tyklus John Normans) habe ich auch nichts am Hut.

Ich bin 2008 auch eher zufällig in die Gor-Abteilung von Second Life geraten. Die wenigen Gor-Avatare, die ich gesehen hatte, sahen – besonders die weiblichen – unglaublich gut aus, die virtuellen Klamotten waren um Lichtjahre besser als die der normalen „Bewohner“ in Second Life, und die Männer waren alle bis an die Zähne bewaffnet, aber auf dem technischen Niveau des Mittelalters. Ich muss zugeben, dass ich vor Neugier beinahe platzte, zumal man die Gor-Sims (vituelle Gegenden) nicht einfach so betreten kann, wie es sonst in Second Life üblich ist. Ausserdem war fast alles in Englisch, was mein eingerostetes Schulenglisch herausforderte.

Mein heutiger Charakter, den man sich im Rollenspiel ja – im Rahmen der jeweiligen Spielwelt – aussuchen kann, ist ein steinreicher arroganter Kaufmann und Besitzer mehrerer Banken, der mit Münzen und Edelsteinen handelt und dessen lange Vergangenheit als Warlord ihn verfolgt, weil seine zahlreichen Gegner ihn hetzen und ihn umbringen wollen. (1000 „Gold Tarn“ sind auf meinen virtuellen Kopf ausgesetzt, tot oder lebendig, das wären so viel wie 100 000 Dollar.) Deswegen bewege ich mich nur maskiert oder umgeben von schwer bewaffneten Elite-Kämpfern, Söldnern und Bodyguards. Das kann virtuell auch ganz schön stressig sein. Es geht schon mehr als zwei Jahre so, seitdem ich als Kriegsherr einer kleinen Stadt die vereinigen Armeen von sechs anderen Städten plattgemacht habe. Das werden die mir nie verzeihen. (Manche Spieler nehmen so etwas richtig ernst, was bei meinen „Feinden“ offenbar der Fall ist. Einige sind so nachtragend wie der Chaos Computer Club.)

Avatare in Gor kann man abschießen (ein Attachment macht sie verwundbar), und den Triumph gönne ich meinen Feinden nicht. „Storylines“, also Geschichten, an denen sich mehrere oder gar viele Spieler beteiligen, können durchaus mehrere Jahre dauern, meistens jedoch nur Tage oder Wochen. Das macht Gor in Second Life intellektuell wesentlich anspruchsvoller als etwas Computerspiele – der Altersdurchschnitt und der Frauenanteil sind in Gor auch wesentlich höher.

Oben (die Screenshots) handele ich (der mit der weißen Tunika und der braunen Kapuze) auf der Wüsten-Sim „Mizar – Chronicles from the Kasbah“ in Gor mit Edelsteinen. Meine Bodygards (die in den roten Tuniken) sind immer in meiner Nähe. Das fette Tier, dem meine Waren auf den Rücken geladen wurden, ist eine Riesenechse, die in Normans Trash-Romanen Tharlarion genannt wird. Ja, die Sklavinnen gehören auch mir. „Mizar“ ist eine der wenigen italienischen Sims, und wie wir alle wissen, haben Italiener einen guten Geschmack – im Gegensatz etwa zu US-Amerikanern. Und so sieht die virtuelle Architektur dann auch jeweils aus. Ausnahmen bestätigen die Regel. Italiener hingegen sind sehr nicht so gut in der Kriegsführung, da sind eher die Deutschen gefragt. Har har. (Die wenigen deutschen Sims im goreanischen Second Life sind eher eine Art „Kinder-Gor“ – denen sitzt offenbar allen die Angst vor dem Jugendschutzblockwart im Nacken).

Mein Avatar ist also genau das Gegenteil meiner realen Person, wenn man von der Arroganz und der Sturheit mal absieht. Die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser mögen daraus schließen, was sie wollen.

By the way: Ich brauche noch ein paar loyale Krieger. Kampferfahrung (insbesondere bei Ballerspielen) kein Hindernis, fließendes Englisch auch nicht.

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Volker Ullrich und die Werte des so genannten christlichen Abendlandes

Die Redaktion der Augburger Allgemeinen Zeitung hat die Daten eines ihrer Foren-Nutzerns herausgegeben, ein richterlicher Beschluss, die Reaktionsräume zu durchsuchen, lag offenbar schon vor. Das soll also „verhältnismäßig“ sein? Ich bin ja gebranntes Kind und weiß, das viele Richter und Staatsanwälte das Wort „verhältnismäßig“ noch nicht mal buchstabieren können.

Die Zeitung schreibt: „Für Volker Ullrich ist es bereits das zweite Mal, dass er versucht, einen Kritiker im Internet rechtlich zu belangen. Bereits im Herbst 2011 verlangte er über seinen Anwalt bei der Redaktion der Augsburger Allgemeinen die Herausgabe von Daten eines Forennutzers, von dem er sich beleidigt fühlte. Auch damals verweigerte unsere Redaktion die Herausgabe – damals noch mit Erfolg.“ Jetzt heisst es: „Wir haben dem zuständigen Beamten, der in unseren Redaktionsräumen mit dem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Augsburg erschien, die geforderten Daten herausgegeben. Eine weitere Überprüfung der Redaktionsräume durch zusätzliche Beamte war damit also nicht mehr nötig.“

Warum sind die denn jetzt eingeknickt? Sehr schön das Posting eines Nutzers im Heise-Forum zum Thema: „Und wenn du dir Sprüche wie ‚Rechtsbeugung‘ als Anwalt nicht gefallen lassen kannst, dann bist du in meinen Augen eine kindische Mimose (bitte nicht verklagen…) und gehörst nicht ins Internet, sondern ohne Abendessen ins Bett. Ganz besonders gehörst du aber nicht dahin, wo über Recht und Unrecht entschieden wird.“

Man sieht, dass Meinungsfreiheit in Deutschland nicht viel gilt, hier wird immer erst nach Verboten gerufen oder versucht, die „richtige“ Meinung mit Staatswanwälten oder Gerichten reinzuprügeln oder Leute, die die Meinungsfreiheit so auslegen wie in den USA (was vernünftig wäre), einzuschüchtern.

Bei dem Augsburger Stadtrat Volker Ullrich sind die Wurzeln seines Denkens allerdings klar: „Für die Stadtidentität wünscht er sich die Orientierung an den Werten des christlichen Abendlandes sowie des aufgeklärten Humanismus (Menschenwürde, individuelle Freiheit, Gleichheit der Geschlechter, ungestörte Religionsausübung, freie Rede). Integration und Zuwanderung ja, aber unter der Voraussetzung einer gemeinsamen deutschen Sprache und eines Bekenntnisses zur europäischen Kultur.“

Was war noch mal die europäische Kultur? Die Juden? Die Muslime? Der christliche Antijudaismus?

Es gilt also auch für Blogbetreiber: Wer sich weigert, die Daten von Nutzern herauszugeben bei vermeintlich „ehrverletzenden“ Äußerungen, dem kann die Durchsuchung der Wohnung und natürlich audh drohen, dass die Rechner beschlagnahmt werden. Die kriegt man dann, wenn man freigesprochen wird – wie bei mir – in circa zwei Jahren zurück, ohne dass sich jemand entschuldigt und ohne finanziell entschädigt zu werden.

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Stoppschilder gegen Sexismus und andere Nebenwidersprüche

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Die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser erwarten zu Recht, dass ich auch meine unmaßgebliche Meinung zum gegenwärtigen Twitter Sexismus-Hype kundtue, zumal ich bekanntlich ExpertIn für alles bin.

Erika Steinbach, die Superoberexpertin zum Thema, sagt: „Als Frau habe ich jederzeit die Möglichkeit, ein Stoppschild zu setzen.“ Vermutlich hatte die Frau, die am Samstag in Berlin vergewaltigt wurde, nur gerade ihr Stoppschild vergessen. Steinbach, du dummschwätzende Vertriebenen-Nuss, halt einfach die Fresse, manchmal sollte man auch als Frau das Wasser halten können, wenn es angebracht ist.

Leider gleiten alle Säue Themen, die in Deutschland öffentlich durchs mediale Dorf getrieben werden, schnell ins Moralische ab. Politische Debatten sind weniger erwünscht. Frauen dürfen zum Beispiel erst seit 1977 ohne die Erlaubnis ihres Ehemannes arbeiten gehen. Das hat damals im Westen niemanden aufgeregt, obwohl laut Grundgesetz alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Die Ossis können heute über die hinterwäldlerische BRD nur den Kopf schütteln.

Mit dem Sexismus ist es wie mit anderen Ismen: Sie kochen so schnell hoch wie der Schaum vor den Mäulern des Feuilletons wieder abgewischt wird. Folgen hat das nicht. Und eine dämliche Bemerkung Brüderles im Halb- oder Viertelsuff ist beileibe kein glaubwürdiger kein Anlass, über das Thema zu diskutieren. Hatten wir nicht neulich bei Strauss-Kahn schon die Gelegenheit dazu?

Neben dem moralinsauren Mehltau, der schnell jede Diskussion bedeckt, kommt in Deutschland erschwerend dazu, dass der insgesamt restaurative Trend immer mit einer ekelhaften protestantischen Bigotterie und Prüderie einhergeht. Alice Schwarzer hatte sicher immer Recht, wenn sie über die nicht vorhandene Balance der Macht zwischen den Geschlechtern und deren Symbolik redete. Bei den Themen Pornografie oder gar Internet faselt sie nur dummes reaktionäres Zeug.

Die Linke hat schon seit mindestens einem Jahrhundert mit Sexismus das gleiche Problem wie mit dem Antisemitismus: Man liebsten würde man(n) sich hinter der These der schlichten Gemüter verkriechen, dass die Ausbeutung im Kapitalismus an allem schuld sei, und die Sache mit den Frauen und Juden nur „Nebenwidersprüche“ und/oder Relikte vergangener und weniger aufgeklärter Epochen. Das ist natürlich grober Unfug. Es ist keinesfalls so, dass der Antagonismus zwischen Kapital und Arbeit sich nur zeitweilig als Gender-Debatte kostümierte. Wer wie welche Macht hat von den Geschlechtern, ist genau so ein eigenes Thema wie der 2000-jährige Hass der Christen auf die Juden, der eben schon vor dem Kapitalismus existierte.

Die Angelegenheit erscheint mir jedoch komplizierter als es auf den ersten Blick aussieht. „Sexistisch“ heisst ja nur, dass man meint, bestimmte Dinge zeigen, sagen oder tun zu müssen und sie gleichzeitig mit Sexualität verbindet. Inder Schule geht es darum, Jugendlichen wissen zu vermitteln – der Schulmädchenreport machte vor mehr als vierzig Jahren etwas ganz anders daraus.

Männer haben mehr Macht als Frauen und werden, wie immer und überall, diese Macht nur abgeben, wenn sie glauben, dadurch langfristig Vorteile zu haben. Alles andere wäre von der Evolution nicht vorgesehen.

Pornofilme sind hier sehr lehrreich: Sie zeigen nicht, was wirklich ist, sondern was der (durchschnittliche) Markt will, was also symbolisch dargestellt werden soll. Pornofilme haben also mit der Realität genau so wenig oder viel zu tun wie Computerspiele oder deren Teilmenge Ego-Shooter.

Bei japanischen Pornos (vgl. Screenshot unten) fällt zum Beispiel auf, dass sie oft ganz andere Bedürfnisse zu befriedigen scheinen. Pornos sind wie Karikaturen – sie reduzieren auf das Wesentliche, das auch noch im Zeitraffer geschehen muss. Japanische Pornos zeigen oft Gruppen von Männern, die über eine Frau herfallen, der das angeblich Lust bereitet – Bukkake ist ein prägnentes Beispiel. Nur in der englischen Wikipedia finden wir diese Passage:
American editor and publisher Russ Kick, quoting a sexologist, states that men enjoy a „sense of closure and finality about sex“, something that watching other men ejaculate provides. The viewer identifies with the ejaculating men, experiencing a sense of vicarious pleasure. According to English–American anti-pornography campaigner Gail Dines, the ejaculate on the female performer’s body „also marks the woman as used goods“, conveying a sense of ownership; she quotes veteran American porn actor and producer Bill Margold stating: „I’d like to really show what I believe the men want to see: violence against women. I firmly believe that we serve a purpose by showing that. The most violent we can get is the cum shot in the face. Men get off behind that because they get even with the women they can’t have.“

Das stimmt nicht, ist zu einfach, träfe auch auf „normale“ Pornografie zu und erklärt auch nicht, warum Bukkake aus Japan stammt und in japanischen Pornofilmen viel häufiger thematisisert wird. Anders ist dort auch, dass sexuelle Übergrffe wie das Begrabschen einer Frau in der U-Bahn oder in der Öffentlichkeit durch mehrere Männer gleichzeitig oft Thema von (Kurz-)Porno-Filmen sind, während der Trend bei russischen und US-amerikanischen Filmen eher dahin geht, „normale“ Frauen auf der Strasse (scheinbar) anzusprechen und sie für reichlich Geld das tun zu lassen, was in Pornofilmen eben getan wird; US-Pornos hatte eh schon die Kategorien „girl next door“ oder „amateur“.

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Es geht immer und überall darum, dass der Hans seine Grete kriegt oder umgekehrt. Es wäre also unrealistisch, „Sex“, also Anmache in jeder Form, aus dem Alltag oder Bereichen des täglichen Lebens verbannen zu wollen. Frauen sind – so wurde mir glaubhaft berichtet – genau so „sexistisch“ wie Männer, besonders, wenn die gar nicht dabei sind. Auch die US-Amerikaner sind nicht wirklich prüde, aber Sex hat eben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen – man könnte sogar sagen: Die prüde Obsession in den USA macht den Sex erst richtig interessant, was ja an sich nicht unbedingt falsch ist, solange alles freiwilig bleibt.

Die „härtesten“ Pornos (das Wort „hart“ ist einfach blödsinnig dafür) sind zur Zeit die, in denen Frauen Dinge tun bzw. über sich ergehen lassen, die im normalen Leben äußerst schmerzhaft und erniedrigend sind (Ausnahme: Sado-Maso-Filme), und heucheln müssen, dass sie das lustvoll finden. Man könnte vermuten, dass Männer, die sich das gern ansehen, etwas kompensieren müssen, dass die Rezeption wie katharsis wirken könnte, aber eben auch das Gegenteil. Wie kennen das aus der populistischen Pseudo-Diskussion über „Killerspiele“ und den damit verbundenen Theorien, wie Medien wirkten oder nicht. Nur mal unter uns Männern: Wenn man einen „flotten Dreier“, also zwei Männer und eine Frau, beim Sex beobachtet und das geil findet, könne das nicht auch bedeuten, das man allein sich gar nicht traut, also noch die Hilfe eines anderen benötigt, weil die Frau allein zu bedrohlich ist? Hahahaha.

Ich halte „Sexismus“ viel eher für einen gendermäßig „innenpolitischen“ Diskurs: Männer bestätigen sich gegenseitig in der Gruppe, wie viel Macht sie angeblich im Geschlechterkampf haben. Warum sind denn Frauen nicht einfach genau so sexistisch – dann könnte sich doch niemand mehr beklagen? Ich halte die Spam-Tipps für hilfreich: „Ich bin schön wie eine Weinkönigin? Okay, durch diese Ladung Pfefferspray werden Sie mein Weinkönig.“ Oder: „Gehen Sie eigentlich regelmäßig zur Prostataprophylaxe?“

Ich bin bekanntlich Zyniker und glaube, dass moralische Appelle rein gar nichts bewirken. Deswegen bin ich auch für Frauenquoten. Freiwillig geht gar nichts. Aber ein politisch korrektes moralpolizeilich totalüberwachtes Sprach- und Gestik-Umfeld ist auch Unsinn. Jedermann sollte das Recht haben, Blödsinn daherzuqatschen. In einem Land, das fromme Legenden als Teil des Schulunterricht erlaubt, sollte man sich weniger über sexistische Sprüche aufregen. Vielleicht gibt es da sogar einen Zusammenhang.

Wenn ich eine Frau wäre, würde ich bei dem, was zum Beispiel Patricia Dreyer, Chefin vom Dienst beim Spiegel, schildert („Verbinden Sie mich bitte mit dem Chef vom Dienst“), vermutlich ausrasten oder Dinge sagen, die niemand wirklich hören möchte. Liebe Frauen, Höflichkeit ist eine Zier, aber im Geschlechterkampf geht es besser ohne ihr.

Mehr fällt mir nicht ein. Das Publikum hat das Wort.

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Propaganda-Tränen

Die Website „Welcome Home Blog“ sagt mehr über die USA aus als so manches Buch oder rationale Analyse. Bin mal gespannt, wann das in Deutschland eingeführt wird; an genug Kriegen nehmen wir ja schon teil.

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Grillen und Speichern

Die Wollt-ihr-die-anlasslose-totale-Überwachungs-Lobby hat einen Artikel in der FAZ platzieren können, in dem für die Vorratsdatenspeicherung gehetzt wird.

Die Autorin heisst Karin Truscheit und hat offenbar vom Journalismus so viel Ahnung wie Wowereit vom Flughafenbau. Mindestens drei unabhängige Quellen? Wo kämen wir denn dahin… Truscheit schreibt auch über Grillen.

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Medellín

Medellín

Medellín ist die zweigrösste Stadt in Kolumbien. Das Foto habe ich Ende 1979 auf dem Flug nach Bogota gemacht.

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Das tut uns noch mehr Leid!

Leider hat uns die GEMA nicht die erforderlichen Rechte eingeräumt Ihnen mitzuteilen, dass der von Ihnen angeforderte Clip nicht verfügbar sei, weil die GEMA nicht die erforderlichen Rechte eingeräumt habe.
Das tut uns noch mehr leid!
(Quelle: Heise-Forum)

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Arme Hunde hetzen und die Triebabfuhr des autoritären Charakters

Tomasz Konicz in Telepolis über das so genannte Dschungelcamp bzw. die gleichhnamige Fernsehserie: „Bloch vs. Dschungelcamp“
Dem autoritären Charakter ist eine Untertanenmentalität eigen, die in Krisenzeiten ihre Servilität gegenüber dem herrschenden System psychisch nur aufrechterhalten kann, wenn sie sich Möglichkeiten der Triebabfuhr verschafft. Die Unterordnung unter die Systemimperative geht während der Krise mit immer größerem Triebverzicht einher, während die Gratifikationen wegfallen. Da dem autoritären Charakter ein Aufbegehren gegen die Verhältnisse, die ihn in den Irrsinn treiben, unmöglich scheint, bricht sich die so angestaute Wut gegen Schwächere Bahn. Menschen, die von der kriselnden Kapitalverwertung zu Objekten gemacht und ausgepresst werden, ergötzen sich daran, andere zu Objekten degradiert zu sehen. Der angestaute Druck muss weitergeleitet werden, weswegen das Publikum es liebe, „arme Hunde so zu hetzen, wie es die Reichen mit einem selber tun“ (Bloch).

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Kopfgeburten: Yamato Memorial

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Alles, was die Welt dringend braucht: Japanische Schlachtschiffe aus dem 2. Weltkrieg in Second Life, hier unter anderem die Yamato. (Sim: YAMATO Memorial)

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Wasser Markt marsch

Die Lobby des Kapitals hat einige nicht demokratisch gewählte EU-Bürokraten bestochen auf ihre Seite gebracht: Wasser soll bald privatisiert werden. Der so genannte „freie Markt“(TM) soll es richten. Dagegen gibt es eine Bürgerinitiatve.

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Neues Altes zum Demonstrationsrecht

Das Bundesverfassungsgericht „hat die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für den Rechtsschutz gegen versammlungsrechtliche Maßnahmen bekräftigt.“

Deutsche Gerichte verbieten gern Demonstrationen der kackbraunen Kameraden der NPD, weil das alle gut finden, insbesondere die Lichterkettenträger und die freiwilligselbstkontrollierten Medien. Es ist aber nicht gut. Das Bundesverfassungsgericht sieht das ähnlich.

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Kapitalismus von den Anfängen bis heute

Woher stammt dieses (leicht veränderte) Zitat und was schildert es?

Der Bericht der Zentralkommission erzählt, daß die Kapitalisten Unternehmer Fabrikanten Kinder selten mit fünf, häufig mit sechs, sehr oft mit sieben, meist mit acht bis neun Jahren zu beschäftigen anfingen, daß die Arbeitszeit oft 14 bis 16 Stunden (außer Freistunden zu Mahlzeiten) täglich daure, daß die Kapitalisten Unternehmer Fabrikanten es zuließen, daß die Aufseher die Kinder schlugen und mißhandelten, ja oft selbst tätige Hand anlegten; (…) wo die Arbeiter sich mehr widersetzten, fiel dergleichen allerdings weniger vor. Aber selbst diese lange Arbeitszeit genügte der Habsucht der Kapitalisten nicht. Es galt, das in Gebäuden und Maschinen steckende Kapital mit allen möglichen Mitteln rentbar zu machen, es so stark wie möglich arbeiten zu lassen. Die Kapitalisten Unternehmer Fabrikanten führten daher das schändliche System des Nachtarbeitens ein; bei einigen waren zwei stehende Klassen von Arbeitern, jede so stark, um die ganze Fabrik besetzen zu können, und die eine Klasse arbeitete die zwölf Tages-, die andre die zwölf Nachtstunden.

[ ] Aus einem Bericht eine Apple-Inspektors aus der so genannten „Volksrepublik“ China?

[ ] Aus einem Bericht des russische Ministeriums für Arbeit und Soziales (Русские Министерства труда и социальной) über eine illegale Kohlenmine in Nowoschachtinsk?

[ ] Aus einem Bericht der bolivianischen Corporación Minera de Bolivia (COMIBOL) über Kinderarbeit in des Silverminen von Oruro?

[ ] Aus Friedrich Engels‘ „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“?

[ ] Aus einem Bericht der Avnel (AVX-TSXV) über die Goldmine Kalana in Mali?

[ ] Aus einem Bericht Greg Walkers (Geschäftsführer der Porgera) an das Arbeitsministerium in Port Moresby, Papua-Neuguinea?

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Es ist nie zu spät, mit dem Kuchen Essen aufzuhören

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Grüne in Rheinland-Pfalz gegen Datenschutz

Heise: Die Grünen-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz kritisiere das Facebook-Antwortverbot für die Staatskanzlei.

Dazu passt dieses Facebook-freundliche Wahlplakt der Grünen. Die meinen wohl, „das mit dem Internet“ hätte man im Griff, wenn man bei Fratzenbuch ein paar Mal herumgeklickt hat.

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Dateien mit leichter Unterhaltung sind notwendig für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung

leichte Unterhaltung

Pressemeldung des Bundesgerichtshofes:
„Der unter anderem für das Telekommunikationsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Kunden eines Telekommunikationsunternehmens Schadensersatz für den mehrwöchigen Ausfall seines DSL-Anschlusses zuerkannt. (…)

Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist. Das Internet stellt weltweit umfassende Informationen in Form von Text-, Bild-, Video- und Audiodateien zur Verfügung. Dabei werden thematisch nahezu alle Bereiche abgedeckt und verschiedenste qualitative Ansprüche befriedigt. So sind etwa Dateien mit leichter Unterhaltung [vgl. oben, Burks] ebenso abrufbar wie Informationen zu Alltagsfragen bis hin zu hochwissenschaftlichen Themen. Dabei ersetzt das Internet wegen der leichten Verfügbarkeit der Informationen immer mehr andere Medien, wie zum Beispiel Lexika, Zeitschriften oder Fernsehen.

Darüber hinaus ermöglicht es den weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern, etwa über E-Mails, Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Zudem wird es zunehmend zur Anbahnung und zum Abschluss von Verträgen, zur Abwicklung von Rechtsgeschäften und zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten genutzt.

Der überwiegende Teil der Einwohner Deutschlands bedient sich täglich des Internets. Damit hat es sich zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht.“ (AZ III ZR 98/12)

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