Mal ganz im Ernst, Ernst!

Ein Gespenst geht um – das Gespenst des (bitte selbst ausfüllen)! So, Klaus Ernst, Vorsitzender, fängt man Artikel und Kommentare an, die irgendwo publiziert werden und auch gelesen werden sollen. Mit einem Erdbeben beginnen und dann langsam steigern.

Wie aber kommt die Rede des Genossen Ernst wider die Piraten daher? „Mein Schlüsselerlebnis mit den Piraten fand auf einer Podiumsdiskussion statt“. Stattfinden! Das kommt gleich nach durchführen und hinterfragen. Das ist noch nicht einmal richtiges Aktiv. Der Genosse Ernst tat gar nichts, er erlebt auch nichts, sonder ein „Erlebnis fand statt“, offenbar kein sprachlich erweckendes. So reden und schreiben schmallippige mausgraue Funktionäre. Damit scheucht man keinen Asteriopterix hinter dem Ofen hervor. „Die wahren Agitatoren für eine Sache sind die, denen die Form wichtiger ist“, sagte Karl Kraus ganz richtig.

Und erst dieses Layout des vom Neuen Deutschland nicht gedruckten Schulaufsatzes (das Thema war verfehlt worden): Man merkt gleich, dass hier die GenossInnen Copy und Paste aus Word volontiert haben (keine Leerzeichen zwischen Wörtern ist äh bäh.). So wird das nix mit dem Internet, Linke!

Nerz, Ex-Vorsitzender einer anderen Partei, habe gemeint, so gibt es Genosse Ernst wieder, Politik solle Gesellschaft nicht gestalten. „Gestalten“ ist auch so ein Tuwort, das sich aufbläht, einen Furz lässt und verschwindet, ohne etwas bewirkt zu haben.

Das kann man jetzt so oder so sehen. Ich meine – im Ernst, Ernst! – Nerz argumentierte da ganz marxistisch korrekt. Die „Politik“ – also die Versammlung alles karrieregeilen Pappnasen, Charaktermasken und Lobby-Lautsprecher (was macht eigentlich Bosbach?) – kann gar nichts gestalten, weil der Kapitalismus das nicht erlaubt. Das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate zum Beispiel würde sich eins ins Fäustchen lachen, wenn man es irgendwie „gestalten“ wollte.

Mal ganz unter uns linksextremen Dialektikern und anderen hegelischen Weltgeistern: Hast du das im Ernst geschrieben, Genossen Ernst? „Alternativen zu den Zumutungen des Finanzmarktkapitalismus“ – das ist, was die Linke mir anbietet bzw. als „umstürzlerische“ Idee zumutet?

Finanzmarktkapitalismus – für diese Wort hätte dich Karl Marx in den tiefsten Abgrund der kommunistischen Hölle verbannt und hätte noch persönlich das Feuer geschürt (weil das nur der kapitalistischen Hölle funktioniert).

Mit dem Kapitalismus ist es wie mit der Schwangerschaft – so ein bisschen herumdoktorn an den ehernen Gesetzen dieser Wirtschaftsform, was du „gestalten“ nennen würdest – das hilft gar nichts. Ware, Wert, variable und fixes Kapital, Profit, Akkumulation – diese hübschen Dinge sind einfach so, wie sie sind. Wenn man der heiligen Kuh des Kapitalismus nur so ein bisschen an den Eutern herumgrabscht, stellt das pfeilgrad das System in Frage. Stichworte: geistiges Eigentum, Urheberrecht. Schon mal davon gehört, Ernst?

„Diese Haltung ermöglicht es uns, in der Tradition der europäischen Arbeiter/innenbewegung ein einfaches Programm der Krisenabwehr für die Mehrheit zu formulieren.“ Rhabarber Rhabarber. Wer tut hier was und wer wen? fragte Genossen Lenin gewohnt kurz und knapp. Wer hält hier was? Die Haltung hält, nein, sie ermöglicht – sag mal, kennst du eigentlich ein einziges starkes deutsches Verb, Genosse Ernst? Agitatoren reden und schreiben wie Luther: Verben, Verben, Verben, Hauptsätze, Hauptsätze, Hauptsätze.

Revolutionäre ermöglichen keine Haltungen, die haben eine. Krisenabwehr: Was is denn dette, fragt die Berlinern. Steht das irgendwo im Kapital oder im kommunistischen Manifest?

Die Linken wie Genosse Ernst haben bisher Haltungen ermöglicst und Krisen abgewehrt, es kömmt aber darauf an, das System zu verändern, und nicht nur den Teil mit dem „Finanz“ davor.

Genosse Ernst, das ist ein blutleeres Geschreibsel, der Inhalt ist vage, es mangelt der starten Worte und Ideen – Funktionärsdeutsch des Grauens. Das Neue Deutschland tat ganz gut daran, das gleich mit Schwung in die Tonne zu treten.