Was ist Kultur?

haug

Nur wenige Professoren haben mich während meines Studiums wirklich beeinflusst. Einer davon war Wolfgang Fritz Haug; ich war auch Tutor in seinen berühmten „Kapital“-Kursen. Haug prüft mich in einem „Philosophikum“ über das Thema „Walter von der Vogelweide und der Warenfetischismus bei Karl Marx“, die ich mit Auszeichnung bestand, weil die Herren vom Landesprüfungsamt aus dem Staunen nicht mehr herauskamen, was man mit dem Minnesänger alles anfangen kann.

Entgegen den allgemein gegenwärtigen und praktizierten Vorstellungen ist Kultur keine Wohlfühl-Insel für sie seelische Wellness, sondern ein von mehreren Parteien hart umkämpftes Feld, deren Deutungsebenen zunehmend ideologisch überlagert werden, deren künstlerische Tiefenschichten gleichwohl als Teil des Projekts der Humanisierung des Menschen rekonstruierbar sind. Mit Hilfe von Brecht und Gramsci und unter Bezugnahme auf Bourdieu und die Cultural-Studies unternimmt der emeritierte Philosophieprofessor Wolfgang Fritz Haug mit seinem Buch „Die kulturelle Unterscheidung“ den Versuch, das Terrain semantisch zu sondern, mit den Widersprüchen die progressiven Seiten der Kunst freizulegen und auch Produkte der Jugend- und Pop-Kultur als gesellschaftliche Hieroglyphen zu lesen.

Telepolis hat Haug neulich zu seinem neuen Buch „Die kulturelle Unterscheidung“ interviewt, und ich habe es mir gekauft. Schon die ersten Seiten versprechen eine anspruchsvolle und spannende Lektüre. Wer Stuart Hall kennt und mit dem Begriff „Cultural Studies“ etwas anzufangen weiß und wem auch noch die Marxsche Philosophie geläufig ist, der muss auch Haug lesen.