Was ist der Kapitalismus und zu welchem Ende studieren wir ihn?

Liebe Kinder, wir hatten, wie ihr euch sicher erinnert, neulich den Kapitalismus durchgenommen. Der funktioniert so: Alle sind froh darüber, dass die Produktionsmittel, mit denen Werte hergestellt werden (die zu Waren werden, wenn man sie kauft und verkauft), nur einigen wenigen gehören, die große Masse der Bevölkerung aber nichts weiter zu verkaufen hat als ihre Arbeitskraft. Deswegen nennt man diese Personengruppen auch „Arbeitgeber“ und die Besitzer von Produktionsmitteln „Arbeitnehmer“. (In der älteren wissenschaftlichen Literatur nannte man diese Gruppen „Klassen“; und wenn diese Gruppen sich um den Anteil am zu verteilenden Kuchen stritten, sprach man von „Klassenkampf“.)

Es gibt jedoch immer noch einige Unbelehrbare, die, um die Köpfe der Leute zu verwirren und ihnen die Gehirne zu vernebeln (um die wahren Gegebenheiten zu verschleiern), das genau umgekehrt formulieren, also die Arbeiter „Arbeitnehmer“ nennen (obwohl sie gar nichts nehmen, sondern ihre Arbeitskraft geben) und die Kapitalisten „Arbeitgeber“ (diese geben nichts, sondern nehmen die Ware Arbeitskraft, um mit dieser Profit zu machen, indem sie die Produktionsmittel zu Verfügung stellen.) O welche Toren!

Was war noch mal der Profit, liebe Kinder? Richtig! Ihr habt nicht dem dämlichen affirmativen Gefasel bei Wikipedia geglaubt, sondern selbst nachgedacht! Brav! Nur die menschliche Arbeitskraft schafft einen gesellschaftlichen Wert. Was sonst? Ein Wert fällt nicht vom Himmel. Der Kapitalist verkauft die Waren, die seine Arbeiter hergestellt haben. Sein Profit ist die Differenz zwischen dem wahren Wert des Produktes und dem, was er den Arbeitern vorenthält. Wär es anders, würde der Kapitalist ja verhungern (der Besitzer der Produktionsmittel), zahlte er den gesamten Erlös der Waren an die aus, die die darin enthaltenen Werte geschaffen haben.

Ein gelehrter Mann hat das in einem Vortrag 1865 so zusammengefasst: „Der Wert einer Ware ist bestimmt durch das in ihr enthaltne Gesamtarbeitsquantum. Aber ein Teil dieses Arbeitsquantums ist in einem Wert vergegenständlicht, wofür in Form des Arbeitslohns ein Äquivalent, bezahlt, ein Teil jedoch in einem Wert, wofür kein Äquivalent bezahlt worden ist. Ein Teil der in der Ware enthaltnen Arbeit ist bezahlte Arbeit; ein Teil ist unbezahlte Arbeit.“

Der Kapitalismus, liebe Kinder, funktioniert bekanntlich so, dass denen da unten immer mehr weggenommen wird und die Reichen immer reicher werden – und das weltweit. Eine riesige Propaganda-Maschinerie wird gebraucht, um die wahren Verhältnisse zu verschleinern. So ist es bekanntlich auch mit der Verehrung höherer Wesen – welch ein Aufwand wird betrieben, um die Menschen glauben zu machen, es gäbe „Götter“ und andere Formen des Aberglaubens!

Ein Nachrichtenmagazin schrieb heute: „Die deutsche Wirtschaft boomt – und auch das Geldvermögen der Bundesbürger wächst rasant. Die Verluste aus der Finanzkrise sind laut einer DIW-Studie inzwischen komplett ausgeglichen. Davon profitieren besonders die Reichen: Noch nie gab es hierzulande so viele Vermögensmillionäre. (…) Die negativen Folgen der weltweiten Finanzkrise sind bewältigt – jedenfalls für die Reichen.“ Der Lateiner sagt dazu: Quod erat demonstrandum.