Schwindler und Propheten

Ein sehr interessantes Interview hat der SPIEGEL veröffentlicht. Ex-Bundesbank-Chef Karl Otto Pöhl erklärt, wem das „Hilfspaket“ der Bundesregierung – angeblich zu Gunsten Griechenlands – in Wahrheit nütze: „Es ging darum, die deutschen, vor allem aber die französischen Banken vor Abschreibungen zu bewahren. Französischen Bankaktien sind am Tag, als das Paket verabschiedet wurde, um bis zu 24 Prozent gestiegen. Daran sieht man, worum es wirklich geht, nämlich um die Rettung der Banken und der reichen Griechen.

Karl Marx hätte es nicht besser formulieren könnten, wozu Regierungen im Kapitalismus dienen. Eines verstehe ich nicht – bei Wikipedia lese ich über den Banker: „Im Jahr 2005 trat Pöhl aus der SPD aus. Als Grund gab er unter anderem an, dass sich die Partei in den letzten Jahrzehnten vor allem wirtschaftspolitisch zu sehr nach links orientiert habe.“ Linker als das, was Pöhl im Interview sagt, kann man gar nicht sein – er hätte auch aus dem „Kapital“ vorlesen können.

Dort heisst es: „Die dem Kreditsystem immanenten doppelseitigen Charaktere: einerseits die Triebfeder der kapitalistischen Produktion, Bereicherung durch Ausbeutung fremder Arbeit, zum reinsten und kolossalsten Spiel- und Schwindelsystem zu entwickeln und die Zahl der den gesellschaftlichen Reichtum ausbeutenden Wenigen immer mehr zu beschränken; andrerseits aber die Übergangsform zu einer neuen Produktionsweise zu bilden, – diese Doppelseitigkeit ist es, die den Hauptverkündern des Kredits (…) ihren angenehmen Mischcharakter von Schwindler und Prophet gibt.“