Stilleben mit Wikipedia, Drogen, Laptop und Humboldt

Stilleben

Weiß überhaupt jemand unter fünfzig, was ein Stilleben ist? Früher nahm man für diese Kunstform zum Beispiel Totenköpfe oder Blumen und fügte bildlich zusammen, was scheinbar nicht zusammengehört. Wäre ich Lehrer, würde ich die Schüler mit meinem Foto quälen: „Verfassen Sie (Oberstufe!) eine Bildinterpretation, eine Erörterung oder einen Erlebnisbericht“ (sorry, „Bildinterpretation“ und „Erlebnisbericht“ hat Wikipedia gelöscht, „Erörterung“ jedoch nicht. Nicht relevant. Gut zu wissen, dass Wikipedia jetzt auch Curricula vereinfacht – an die Lehrer weitersagen!).

Ich stand nur zu lange vor dem Getränkeregal im Supermarkt meines Vertrauens. Haben die Wessis auch so leckeres Bier, das so preiswert ist? Wir sind hier nur 100 Kilometer von Polen entfernt, und das osteuropäische Bier erobert die Kneipen wie Attila die Steppe. Tyskie (ich kann deren Website nicht öffnen) ist ohnehin hier im südlichen Richard-Kiez schon Standard. Danach kommt gleich Lech. (Vorurteil erhärtet: Polen können keine Websites bauen.)

Das böhmische Březňák (ja, gibt es in meiner Stammkneipe! Ich lebe in Böhmisch-Rixdorf!) kostet nur 59 Cent pro Flasche. Das tschechische Staropramen (ja, ich bin 19 Jahre alt und darf Bier ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten ansehen! Tschechen können auch keine Websites bauen…) kenne ich noch nicht.

Da steht doch noch eine Flasche? Ja, die kostete nur 1,99 Euro und enthält Nüwáng-Pflaumenwein. Lecker, besonders mit Kaffee und wenn man gerade die Bachelor-Arbeit eines Freundes Korrektur liest.

Was ist auf dem Laptop zu sehen? Darauf kommt ihr nie: ein Foto, das ich vor rund zehn Jahren geschossen habe. Dämmert es? Wo war ich damals? Richtig. Um welchen großen Fluss könnte es sich also handeln? Immer an Humboldt denken! Richtig: Auf meinem Laptop sind die berühmten (bei Gringos und Humboldt-Kennern) Raudales („Wasserfälle“) des Orinoco als Hintergrundbild, und das Bild habe ich hier in südwestlicher Richtung gemacht. Ich stand ganz allein auf dem Berg, umgeben von ärmlichen Hütten, und war schier überwältigt von der Schönheit des Anblicks. Die Sonne brannte aber so unbarmherzig, dass ich mich auf den Boden setzen musste, weil ich dachte, ich würde gleich ohnmächtig werden.

Die Kaffeetasse? Die gehörte meinem verstorbene Großvater, ist extra groß und mehrere Jahrzehnte alt und hat alle Spülmaschinen ohne Blessuren überstanden. Jetzt wird sie nur noch per Hand gewaschen.

Das alles war jetzt total unwichtig und ist ein tpisches Wochenend-Blog. Vergesst nicht den URL des ausgedruckten Textes unter dem Bier zu finden.