Journalismus Open Source oder: Der Volkssturm der Holzmedien schlägt zurück

Auch wieder jemand, der nicht weiß, was Online-Journalismus ist. FAZ-Herausgeber Werner D’Inka laut Rhein Zeitung:

„Zweifellos ist der klassische Journalismus ein einseitiger Informationsfluss, indem wir für unser Publikum das aussuchen, von dem wir glauben, es sei wichtig und berichtenswert. Ich finde es auch nicht anstößig, wenn gesagt wird, der traditionelle Journalismus sei hierarchisch. Natürlich ist er das – so wie jede kreative Leistung hierarchisch ist. Auch Theater und Konzerte sind hierarchisch, und niemand käme vermutlich ernsthaft auf die Idee, die Musik ‚demokratisieren‘ zu wollen – es sei denn, er hielte Karaoke für eine besondere zivilisatorische Errungenschaft und für irgendwie authentischer als Beethoven. Selbst ein Friseurbesuch hat etwas Hierarchisches, denn der Friseur, bei dem ich gestern war, hat etwas gelernt, das ich nicht kann. Und ich weiß nicht, ob es die Menschheit sehr viel weiterbrächte, wenn wir uns alle gegenseitig die Haare schnitten. Genau das aber ist das Credo der Blogoshpäre: Professionelle Handwerksnormen seien nichts als Anmaßung, nichts als die Selbstlegitimation einer Berufskaste, die ihr Publikum bevormunde. Und eigentlich seien sie die besseren, die authentischeren Journalisten, frei von redaktionellen Zwängen, nur der Wahrheit und der Freiheit verpflichtet.

Ja, Internet-Blogs können durchaus eine Bereicherung sein, und viele sind originell und anregend. Eine besonders authentische Form des Journalismus sind sie freilich nicht. Die meisten Blogger, die sich als Graswurzel-Journalisten verstehen, überlassen die Recherchearbeit lieber den Mainstream-Medien und erregen sich über deren Fehler, wie Michael Haller von der Universität Leipzig zu recht konstatiert. Die besten und geistreichsten Blogger sind so etwas wie Kolumnisten, die oft originelle Sichtweisen vertreten, die sich aber nicht mit der Mühe ernsthafter Nachrichtenarbeit plagen und stattdessen das abschöpfen, was Zeitungsredaktionen kostenlos ins Netz stellen.“

So argumentiert der Volkssturm der Holzmedien. Zeitungsredaktionen publizieren nur gedrucktes Papier „im Netz“. Dafür brauchte ich kein Internet. Wer stellte denn das so genannte Enthauptungsvideo „ins Netz“? Da kommen wir der Frage schon näher, was „hierarchisch“ für die Holzmedien meint – nichts anderes als eine altertümliche paternalistishe Attitude, die der ähnelt, die die deutschen Jugendschutzwarte pflegen. Und wer hat beim Thema „Online-Durchsuchung“ komplett versagt? Der traditionelle, angeblich der Wahrheit (der Wahrheit, nicht der Public Relations des Innenministeriums!) verpflichtete traditionelle Journalismus.

Blogger und Journalismus – das war noch nie ein Widerspruch. Ein Blogger muss sich mehr anstrengen, um so viele Leute für sich und seine Meinung zu interessieren, als jemand, der quasi-verbeamtet in einer (Medien-)Anstalt sitzt, sich auf seinen bezahlten Urlaub verlassen kann und das Usenet nicht von einem Telefonkabel unterscheiden kann.

Auch Blogger sind hierarchisch: Niemand würde sie lesen, wenn man die Inhalte auch selbst fände. Blogs sind aber demokaratischer und ehrlicher, haben also einen Mehrwert gegenüber den Holzmedien. Diese sprechen den Lesern die Medienkompetenz ab, indem sie ihre Quellen verschweigen („auf einer islamistisischen Website“). Jene legen ihre Quellen offen – Journalismus Open Source. Nur das hat Zukunft.