Erschröcklich: Neonazis nutzen immer öfter das Internet

So beginnen E-Mail großer deutscher Medien an mich, die um ein Hintergrundgespräch bitten: „Sehr geehrter Herr Burks, Die Bundeszentrale fÃŒr politische Bildung veröffentlicht kommende Woche den Jahresbericht von jugendschutz.net zum Thema „Rechtsextreme im Internet“ und weist auf einen erschreckenden Anstieg rechtsextremer Seiten hin.“ (Alles im Original und selbstredend unverschlüsselt.)

Bevor ich auch nur ein Wort gesagt habe, bin ich also schon auf 180. Aber da es sich um ein etwas Erschröckliches handelt, muss hiesigerseits auch politisch, semantisch, wenn nicht gar philosophisch-moraltheologisch kommentiert werden. Natürlich betreben die Jugenschutzwarte und Zensurfreunde von jugendschutz.net Propaganda. Es geht um Lobbyismus und um Geld. nicht um Inhalte. Und selbstredend ist die PR-Meldung, Neonazis nutzten immer öfter das Internet, sinnfreies Gefasel ohne irgendeinen Informationswert. Wir haben das seit ungefähr 1994 mindestens 4991 Mal gehört. Aber warum das kleine Wort „erschreckend“, das den suggestiven Halb-Komparativ umschlängelt („Anstieg“)? Es fällt mir schwer, mich in die Gedankenwelt dieser schmallippigen Fanatiker hineinzuversetzen, die in ihrer eigenen Traum- und Scheinwelt leben, in der ihrer Meinung nach die Zensur noch hilft. Wer erschrickt, hat es etwas nicht erwartet. Aber da alle Welt immer öfter das Internet nutzt ( außer den weniger extremen Rechten wie Schäuble und von der Leyen), wundert es nicht, das auch die kackbraunen Kameraden das tun. Erschröcklich ist das nciht, und schlechte Werbung zudem, weil uninteressant und eine total ausgeleierte und abgenudelte Phrase.

ich habe mit der Kollegin dann doch kurz telefoniert und gewann den Eindrock, dass meine doch etwas zynische Meinung zum Thema nicht Mainstream-Kompatibel ist und dem normalen Publikum, das das Altgergebrachte und Gewohnte hören und sehen will, nicht zugemutet werden kann, weil es erschröcklich wirkte, wenn jemand sagte: Es wird immer alles besser, weil die Neonazis gegenüber dem Internet auf verlorenem Posten stehen – zu viele gute und wahre Meinungen nur einen Mausklick entfernt von der braunen Kacke. Das wäre zwar wahr, aber die Jugendschutzwarte könnten mit der Wahrheit eben keine Staatsknete abzocken.