Linkfeindlichkeit

Medienlese über die Öffentlich-Rechtlichen: „Links mitten im Text sind ohnehin unerwünscht und werden kurzerhand vom CMS abgeblockt: Links gehören wenn, dann geordnet als Liste ans Ende des Beitrags. Die Redakteure dafür zu bashen, ist sinnlos: Sie können so etwas nicht selbst entscheiden und auch keine Fotos zahlen, die von jemand anders als einer der regulären Agenturen bezogen werden.“




Mythos „Neu entdeckte Indianerstämme“ [Update]

Indios

Mit großem Interesse las ich einen Bericht in Spiegel online: „Neuentdeckter Indianerstamm“. Mitarbeiter der brasilianischen „Indianerbehörde“ Funai haben ein zurückgezogen lebendes Volk entdeckt, das offenbar keinen Kontakt zur so genannten Zivilisation hat. Ich verstand zwar nicht, was „neu entdeckt“ heißt, da ich kein „alt entdeckt“ kenne, aber vermutlich ist das die normale Sprachschluderei wie „neu renoviert“.

In Deutschland gibt es keinen Online-Journalismus, der diesen Namen verdient, daher musste ich mir die meisten Links zunächst selbst zusammensuchen. Zuerst suchte ich nach Jose Carlos Meirelles und las ein paar internationale Berichte, um das mitzubekommen, das deutsche Medien beim Abschreiben vergessen haben oder nicht erwähnen, weil Links auf andere Websites als Teufelswerk gelten.

Wenn man sich zum Beispiel über die Kayapó informieren will, ist einer der ersten Links von SIL International, „Partners in Language Development“, aka „Summer Institut of Linguistcs„. Mit denen hatte ich schon persönlichen Kontakt – das ist eine ultrareaktionäre evangelikale Missionarsvereinigung, die unter dem Vorwand der Sprachforschung in der ganzen Welt Bibeln in der jeweiligen Sprache verbreitet. Wehe, die kämen zu den „neuentdeckten“ Indios – in kurzer Zeit würden diese Hosen und Büstenhalter tragen, wie die Kayapó (mittleres Bild) und vermutlich bals europäischen Touristen als „Naturvolk“ vorgeführt. „Natürlich“ ist ohnehin eine Fiktion und politisch ungefähr so herablassend wie „frei laufende Indianer und Hühner“.

Indios

Die Fotos wurden von Survival International publiziert, dort steht auch die Original-Geschichte, und dort erfährt man auch mehr über die Gründe, warum zahlreiche Völker nichts mit dem Rest der Welt zu tun haben wollen: „Over one hundred tribes around the world choose to reject contact with outsiders. They are the most vulnerable peoples on the planet. Many of them are living on the run, fleeing invasions of their land by colonists, loggers, oil crews and cattle ranchers. They have often seen their friends and families die at the hands of outsiders, in unreported massacres or epidemics.“

Völker, die noch nie mit anderen Kontakt hatten, gibt es nicht. Wer das behauptete, könnte das auch nicht beweisen. Ich war vor zehn Jahren bei den venezolanischen Guahibo, die auch in meinem historischen Roman Die Konquistadoren auftauchen. Die ersten Weißen, die den Guahibo begegneten, waren die spanischen und deutschen Eroberer im 15. Jahrhundert. Alexander von Humboldt hat ebenfalls über sie berichtet (unten die kursiven Zitate).

Aus meiner Reportage vom 19.9.97 im Berliner Tagesspiegel: „Der gottverlassene Landstrich“ über das Grenzgebiet Venezuela-Kolumbien nördlich des Rio Meta (vgl. unteres Foto)

„Am Ortsrand leben knapp hundert Guahibos, eng zusammengedrängt unter einem Wellblechdach und umgeben von Müllbergen. Die Guahibos sind Nomaden, die Mehrzahl stammt aus Kolumbien. Sie nennen ihre Wohnstätte garpón, „großes Haus“, und erhalten Sozialhilfe; einige Männer sprechen spanisch und verdingen sich für ein Almosen als Gelegenheitsarbeiter auf den umliegenden Farmen. Das gibt böses Blut: der Wahlkampf steht vor der Tür, und Lokalpolitiker haben Parolen ausgegeben, die frei übersetzt lauten: „Guahibos raus!“ und: „Arbeitsplätze zuerst für Einheimische!“ Pater Christobal ist Pole und aus Ostpreußen gebürtig. Sein klimatisierter Amtssitz nimmt die ganze Breite der Plaza Bolivar von Elorza ein. Als öffentliche Person könne er zwar nicht immer laut sagen, was er denke, aber seine kirchliche Autorität geltend machen. „Vor fünfzehn Jahren haben Viehzüchter und ihre Handlanger ein Massaker an den Guahibos verübt“, erzählt er, „es gab siebzehn Tote, auch Frauen und Kinder. Einige Überlebende hausen im garpón. Sie haben heute noch Angst. Die Schuldigen waren bekannt, wurden aber nicht bestraft.“

Man erfährt, daß der örtliche Automechaniker Roberto Para vor einigen Jahren eine Anthropologin aus Paris zu den nomadisierenden Guahibos gefahren hat, die irgendwo in der Savanne leben. Bis zum Rio Meta, der Grenze zu Kolumbien, sind es rund 200 Kilometer, aber es gibt in diesem gottverlassenen Landstrich nur zwei aufgegebene Gehöfte. Die kolumbianische Guerilla macht das Gebiet unsicher, attackiert die venezolanischen Grenzposten und erhebt bei nächtlichen Überfällen von den Viehzüchtern „Kriegssteuern“.

Fünf Stunden mit dem rüttelnden Jeep durch die Savanne. Der Boden zeigte überall, wo er von der Vegetation entbößt war, eine Temperatur von 48 bis 50 Grad. Die Ebenen ringsum schienen zum Himmel anzusteigen, und die weite unermeßliche Einöde stellte sich unseren Blicken als eine mit Tang und Meeralgen bedeckte See dar. Im Norden stehen Rauchsäulen am Himmel – die Rancher nennen das „Flurbereinigung“.

Indios

Ein schlammiger Fluß: der Rio Capanaparo. Ein alter Mann rudert den Reisenden schweigend an das andere Ufer. Wieder ein garpón. Aller Augen richten sich auf den chefe. Der erklärt in stockendem Spanisch: Das Feuer und die Viehzucht engen den Lebensraum der Guahibos immer mehr ein. Sie litten Hunger, weil sie nicht mehr jagen könnten. Die Regierung lobt sich im Ausland für ihre gut gemeinte, das heißt paternalistische Indianerpolitik. Sie bietet den Nomaden an, gratis in Reihenhaussiedlungen wohnen zu können wie die katholischen und assimilierten Indianer am Orinoco. Dort wären sie geschützt vor Übergriffen sowohl der kolumbianischen Guerilla als auch der Viehzüchter. Doch sie wollen nicht.

Kein Stamm ist schwerer seßhaft zu machen als die Guahibos. Lieber leben sie von faulen Fischen, Tausendfüßen und Würmern, als daß sie ein kleines Stück Land bebauen. Wir fanden daselbst sechs von noch nicht katechisierten Guahibos bewohnte Häuser. Sie unterschieden sich in nichts von den wilden Indianern. Ihre ziemlich großen schwarzen Augen verrieten mehr Lebendigkeit als die der Indianer in den übrigen Missionen…Mehrere hatten einen Bart; sie schienen stolz darauf, faßten uns am Kinn und gaben uns durch Zeichen zu verstehen, sie seien wie wir.

Die ersten Weißen, die die Guahibos kennenlernten, waren Deutsche – im 16. Jahrhundert. Die Konquistadoren Georg Hohermuth von Speyer und Friedrich von Hutten zogen 1535 im Auftrag der Welser von Coro an der Küste nach Süden, bis in das Quellgebiet des Guaviare im heutigen Kolumbien. Mehrere hundert deutsche und spanische Landsknechte durchstreiften monatelang die Savanne, ausgemergelt vor Hunger und vergeblich auf der Suche nach einem Paß in die Anden, in das Land der Muisca, zum legendären El Dorado. Die Muisca zahlten mit Gold für die Kinder der Guahibos, erfuhren sie.

„Fiengent ain Cassicquen oder Obersten, ßo sagt, er wer auff der andern Seitten des Birgs gewest, gab uns groß Zeittung von Reichtumb. Vermochten aber mit den Pfferden nit hynuber…“ berichtet der fränkische Edelmann Philipp von Hutten am 30. Oktober 1538 aus Coro an den kaiserlichen Rat Matthias Zimmermann in einem der ersten Briefe, den ein Deutscher aus Südamerika geschrieben hat.“

[Update] Links überprüft am 23.07.2016




gpfTOR4 online

German Privcy Foundation proudly presents: Der 4. Tor-Server ist online (gpfTOR4). Voraussichtlich ab Montag wird er schon unter den Top 10 weltweit sein.




Böse Worte auf „Achse des Guten“

DerWesten: „Vor zehn Jahren machte sie als ‚Colt-Lady‘ Schlagzeilen, als sie im Freilichtmuseum um sich schoss – und Besucher erschrocken in Deckung gingen. Inzwischen hat sich Tanja Krienen (51) auf den bekannten Spiegel-Journalisten Henryk M. Broder eingeschossen – und ihn gestern juristisch niedergestreckt. Am Dortmunder Landgericht ging nach 19 Monaten ein Zivilprozess zu Ende, der dem prominenten Publizisten, Kolumnisten, Islamkritiker und Buchautor (‚Hurra, wir kapitulieren‘) nicht zur Ehre gereichte. Er wurde verurteilt (‚bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise sechs Monate Ordnungshaft‘) bestimmte ehrenrührige Äußerungen über Tanja Krienen zu unterlassen und zudem von Richterin Stefanie Zohren-Böhme auch scharf angegangen: Sie bezeichnete das prozessuale Taktieren von Edelfeder Broder und seinen Anwälten als ‚Gerichts-Farce‘. (…)

Vgl. auch Stefan Niggemeier: „Henryk M. Broders Kastrationsängste“




Social Media in Plain English

Social Media in Plain English – This video focuses on basics of social media: new technology that makes everyone a producer and tools that give everyone a chance to have a say.




Wovon Schäuble noch träumt

Screenshot NRDh

Parodie eines Telekom-Werbespotes von NDR – Extra3: “Wovon Schäuble noch träumt, ist bei uns schon Wirklichkeit!“




„Mein Kampf“ bald in der Buchhandlung?

Rheinische Post: „Gift für die Demokratie – oder einfach nur ein schlechtes Buch? In Deutschland wird diskutiert, ob Hitlers Bekenntnisschrift neu herausgegeben werden sollte. Ein Plädoyer für eine wissenschaftliche Edition. (…) Historiker haben deshalb eine kommentierte Neuausgabe angeregt.(…) Der Zentralrat der Juden ist für eine kommentierte Neuausgabe, der Publizist und Historiker Rafael Seligmann fordert gar völlige Freigabe. Auch wenn prominente Juden für eine Edition eintreten – der Freistaat Bayern lehnt ab. Begründung: Respekt vor den Opfern des Holocaust. Außerdem hat sich der Fachbereichsleiter Printmedien der Bundeszentrale für politische Bildung gegen die Pläne ausgesprochen. Hans-Georg Golz, ebenfalls Historiker, zweifelt am Sinn einer Neuedition. Er frage sich, was man damit erreichen wolle, sagte Golz im Deutschlandfunk. So ein Argument aus Wissenschaftlermund überrascht. Denn welchen Nutzen eine Arbeit hat, erweist sich oft erst im Nachhinein. Und wenn die Wissenschaft wirklich der Wahrheitssuche verpflichtet ist, wie jeder Studienanfänger lernt, dann ist eine Edition von „Mein Kampf“ geradezu Historikerpflicht. Auch wenn und gerade weil es kein Buch wie jedes andere ist.“ (…)




Mit begrenztem Nutzwert

Ein Artikel von mir in der Jüdischen Allgemeinen (29.05.2008): „Fast 300 Seiten umfasst der Verfassungsschutzbericht 2007. Doch vieles bleibt im Vagen „




Kurze Einführung in Anon-Dienste für Schäuble

Karsten hat eine „Kurze Einführung in Anon-Dienste für Ermittlungsbehörden“ verfasst.




Tölchen: Immer arbeiten ist doof

Ajax vom Teufelslauch

Tölchen aka Ajax vom Teufelslauch möchte lieber mit Herrchen spielen und spazieren gehen und findet es doof, dass Herrchen immer arbeiten und schreiben muss.




Einfach und kostenlos – so ist Linux

Ein Artikel von mir in der Netzeitung: „Die Open-Source-Gemeinde trifft sich in Berlin zum Linux-Tag. Burkhard Schröder fragt: Muss man als Nicht-Nerd auch dorthin gehen? Und braucht man Linux dringender als einen sprechenden Kühlschrank?“ [Kommentare]

Im Original-Manuskript begann mein Text so: „Die Open-Source-Gemeinde pilgert nach Berlin zum Linux-Tag in die Messehallen. Muss man als Nicht-Computerexperte, Nicht-Geek und Nicht-Nerd mitpilgern? Braucht man Linux dringender als einen Zweitwagen, einen sprechenden Kühlschrank und ein intelligentes Wasserbett?“

Am Schluss des Artikels fehlt ein „n“, – es muss natürlich „Platten“ heißen.




Telekom | Der Fisch stinkt vom Kopf

Handelsblatt.com: „Telekom-Datenspion packt aus: ‚Auftrag von oben‘ – Der Chef des von der Telekom engagierten Recherchediensts Network.deutschland GmbH in Berlin hat eingeräumt, über Monate hinweg systematisch hunderttausende Verbindungsdaten ausgewertet zu haben, um telefonische Kontakte zwischen Journalisten und Mitarbeitern des Unternehmens nachweisen zu können. ‚Der Auftrag kam von ganz oben und ist mit dem Telekom-Vorstand abgestimmt worden‘, sagte Firmenchef Ralph Kühn dem ‚Handelsblatt‘.

Ich habe eben gelesen, dass im aktuellen Tagesspiegel eine Gegendarstellung auf der ersten Seite steht von einer Firma, die das nicht gewesen sein will. Der Tagesspiegel hatte das Handelsblatt zitiert. Auf der Website steht nichts davon. Ich habe nur Network Deutschland GmbH (HRB 65247) gefunden – eine Detektei. Das würde immerhin passen. Aber wie gesagt: Keine Gewähr. Ich will nicht für den Handeslregisterauszug online 4,50 Euro bezahlen. Das können andere tun – die, die unfähig sind, einen Link zu setzen.

Schön auch Spiegel online: „Telekom schleuste Maulwurf bei ‚Capital‘ ein“.

Nachtrag: FTD.de: „Die Deutsche Telekom hat bereits im Jahr 2000 Spitzelaufträge erteilt, um Informanten aus dem Konzern und missliebige Journalisten zu identifizieren. Die Methoden gingen dabei nach Informationen von ‚Capital‘ und der FTD weit über das für die Jahre 2005 und 2006 bekannte Auswerten von Telefonverbindungen hinaus. (…) beauftragte der Dienstleister einen Subunternehmer, die Desa Investigation & Risk Protection, ebenfalls aus Berlin. (…) Die Firma wirbt damit, dass die Mitarbeiter ‚bei Polizei- und Sicherheitsbehörden ausgebildete Spezialisten‘ sind. Ausgebildet wurden die beiden Firmengründer Klaus-Dieter B. und Frank Hendrik J. in der DDR. Ihr Spezialgebiet war die Sicherung von DDR-Botschaften im Ausland.“

Wieso merken die das eigentlich erst jetzt? Wo wurden die Firmengründer ausgebildet? Harhar. Da bekommt „Stasi.2.0“ eine ganz neue Bedeutung.




Artgerechte Gasthaltung

Gasthaltung

Gesehen vor dem Yorckschlösschen.




Javascript abschalten!

Screenshot

28.05.2008, 19.59 Uhr.

Ich sag’s ja: Javascript sollte per default ausgestellt sein. Ausgestellt, hört ihr? Nicht erlaubt, verboten, gar nicht möglich, wehe, wenn doch! Heise Security hat einen wunderbaren Artikel samt Demo publiziert: „Passwortklau für Dummies … oder warum Cross Site Scripting wirklich ein Problem ist.“ [Vgl. auch heise.de: „Cross Site Scripting vereint Schäuble und Die Linke“.]

Demo Login

Gib Dein Passwort ein, DAU!

Username:
Passwort:




Santana & Clapton – Jingo

Musik-Tipp of the day: Santana und Eric Clapton spielen Jingo.




Tölchen wieder fit

Ajax vom Teufelslauch

Tölchen aka Ajax vom Teufelslauch ist wieder fit und war heute zum ersten Mal wieder länger draußen, muss sein Bein aber noch ein wenig schonen.




Augstein kauft Freitag

FAZ.net: Die in Berlin erscheinende Wochenzeitung Freitag ist gestern von dem Journalisten und Verleger Jakob Augstein erworben worden. „Der ‚Freitag‘ hat eine bewegte Geschichte. Hervorgegangen ist das Blatt 1990 aus der Fusion der westdeutschen ‚Volkszeitung‘ und des ostdeutschen ‚Sonntag‘. Die ‚Volkszeitung‘ wiederum war erst kurz zuvor aus dem DKP-Blatt ‚Deutsche Volkszeitung‘ erwachsen, der ‚Sonntag‘ hingegen war das Blatt des DDR-Kulturbundes. Die Ost-West-Verbindung spiegelte sich sowohl in der Redaktionsbesetzung als auch im Inhalt wider, der ‚Freitag‘ wollte nicht weniger als die erste echte gesamtdeutsche linke Zeitung sein.“

Im Impressum steht die Geschichte ein wenig anders: „Gründungsjahr 1990. Hervorgegangen aus dem ‚Sonntag‘, Ostberlin, gegründet 1946 vom Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, und der ‚Volkszeitung‘, ehemals ‚Deutsche Volkszeitung‘, gegründet 1953 in Düsseldorf von Reichskanzler a. D. Dr. Joseph Wirth, und der ‚Tat‘, gegründet 1950 in Frankfurt/M. von der VVN.“

Nachtrag: Interview in der Jungen Welt.




Ghost Train

Ghost train

Credits und Copyright: Alex Friedrich.




It’s a feature, not a bug

Ein Artikel von mir auf Telepolis: „Die Telekom ließ zwischen 2005 und 2006 mehrere hunderttausend Festnetz- und Mobilfunk-Verbindungsdatensätze von wichtigen über die Telekom berichtenden deutschen Journalisten und deren privaten Kontaktpersonen ausforschen. Für die Gegner der Vorratsdatenspeicherung ist die Spionageaffäre eine Steilvorlage. Nachdem sich der erste Rauch verzogen hat und man ungefähr weiß, was geschehen ist, sind drei Lehren zu ziehen: Wo immer es interessante Daten gibt, werden sie auch ausspioniert. Datenmissbrauch is a feature, not a bug. Deshalb wird die Angelegenheit keine nennenswerte Konsequenzen haben und sich auch wiederholen.“




Kapitalismus, reloaded

Lafontaine auf dem Parteitag der „Linken“: „Aufgrund der von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen zu verantwortenden verheerenden Arbeitsmarktgesetzgebung ist der Niedriglohnsektor in diesem Jahr der größte unter den OECD-Staaten. (…) Im Jahr 2005 lagen wir noch hinter den Vereinigten Staaten. Heute liegen wir beim Niedriglohnsektor an der Spitze unter allen OECD-Staaten. Fast jeder vierte Beschäftigte arbeitet zu einem Lohn von 15.000 Euro jährlich oder darunter. Das ist nach der Definition der Niedriglohnsektor. Und wer einen Monatslohn von 1000 Euro hat, darf im Alter mit einer Armutsrente von 400 Euro rechnen. Wenn es nichts anderes gäbe als das – dass heute eine Verkäuferin, die 1000 Euro verdient, nur eine Rente von 400 Euro zu erwarten hat, in Dänemark bei dem selben Lohn eine Rente von 1200 Euro, also das Dreifache (…) Die Lohnquote, also der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen, ist seit dem Jahr 2000 von 72 Prozent auf nunmehr 64 Prozent gefallen. Das sagt im Grunde genommen alles! Ohne diese Talfahrt der Lohnquote hätten die Beschäftigten 135 Milliarden Euro mehr Lohn. Staat und Sozialkasse würden davon rund die Hälfte als Steuern und Abgaben einnehmen. Man sieht also, wie ein zu langsames Wachsen der Löhne, und das haben wir seit 20 Jahren, die strukturelle Situation eines Staates und einer Gesellschaft total verändern kann. 2,5 Millionen Kinder leben in Armut. Die negative soziale Auslese unseres dreigliedrigen Schulsystems ist erschreckend. Und nach wie vor gilt in unserer reichen Gesellschaft: Weil du arm bist, musst du früher sterben.“