Sexuell explizite und aufreizende feuchte Inhalte unter besondere Berücksichtigung der Idee des gefühlten sozialen Aufstiegs und des Schmutzes im Auge des Betrachters

Feuchtgebiete

<p align=leftPressemitteiling der Majestic Film Verleih GmbH (via Pornoanwalt):
So wurde der Trailer zum Kinofilm „Feuchtbebiete“ „leichtsinnigerweise von der FSK ab 12 Jahren freigegeben“ von Facebook, Google & YouTube wegen „sexuell expliziter und aufreizender Inhalte“ als nicht jugendfrei von ihren Plattformen verbannt bzw. für werbliche Nutzungen gesperrt.

Das soll keine Werbung für den Film sein. Wer von einem „Skandal-Bestseller“ spricht, hat genau die calvinistische Attitude der Zensoren und Jugendschutzwarte, die jede Andeutung von Sexualität aus der Öffentlichkeit verbannen wollen. Für die einen ist nackte Haut sittenwidrig“ und „entwicklungshemmend“, und für die anderen ist nackte Haut ein „Skandal“, aus dem man Geld macht.

Vielleicht sind die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser auch an meiner ganz privaten Theorie zum Thema interessiert. Ich denke schon seit längerem darüber nach, warum Perioden der politischen Restauration und Reaktion auch immer mit Prüderie einhergehen. Hier ein Zitat meiner Lieblingsethnologin Mary Douglas („Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigung und Tabu. Berlin 1985):

Die Grundlagen politischer Macht sind meistens instabil. (…) Entsprechend kann die ideale gesellschaftliche Ordnung dadurch geschützt werden, daß den Übertetern dieser Ordnung Gefahren angedroht werden. Dieser Gefahrenglaube ermöglichst es den Menschen, andere durch Drohung zu etwas zu nötigen.

Über die vermeintlichen „Gefahren“ durch das andere Geschlecht und durch Sex:
Es wäre nicht plausibel anzunehmen, sie [die Vorstellungen] sagten etwas über die tatsächlichen Beziehungen zwischen den Geschlechtern aus. Bei vielen dieser Vorstellungen erscheint es mir sinnvoller, sie als Symbole der Beziehung zwischen verschiedenen Teilen der Gesellschaft zu interpretieren, als Konstrukte, die die hierarchische oder symmetrische Ordnung des umfassenden sozialen Systems widerspiegeln.

Das bedeutet: Die zumeist unausgesprochenen Regeln und Normen einer Gesellschaft, wie mit Sex oder Bildern desselben umzugehen sei, beschreiben das Verhältnis der Geschlechter, das aber wiederum symbolisch das System der politischen Macht darstellt. (So kann man auch den Feminismus à la Alice Schwarzer aka PorNO interpretieren.)

Anders gesagt: Je mehr die verschiedenen Klassen der Gesellschaft unter Druck stehen, um so mehr ist es nötig, das „Verhalten“ der Menschen zu reglementieren, um sozialen Abstieg symbolisch zu vermeiden. Die Renaissance der „Benimmcodes“ in Deutschland wäre ein Beispiel. Zum Verhalten gehört auch der Umgang mit Sex und dessen Abbildungen. Ganz vereinfacht: Je größer die Furcht, sozial abzusteigen oder von Aufsteigern bedrängt zu werden, um so wichtiger wird Prüderie.

Prüde ist aber nie die herrschende Klasse, die lacht nur über Verhaltensvorschriften. Prüde ist immer die Mittelschicht, die schon immer irrig der Illusion huldigte, „Benehmen“ und „Erziehung“ oder „Moral“ seien Garanten, den eigenen sozialen Status abzusichern oder gar aufzusteigen. Diejenigen, die früher Heime für gefallene Mädchen betrieben, widmen sich heute dem „Jugendschutz“ und zensieren nackte Haut in den Medien.

Wikipedia zu Mary Douglas: „Schmutz ist nach Douglas nichts Absolutes, sondern liegt im Auge des Betrachters“. Quod erat demonstrandum.