Zensur findet statt

Lesenswerter Artikel in der Jungle World: „Buchhändler müssen nicht zensieren – Eine Reihe von Verfahren gegen die Geschäftsführer linker Buch- und Infoläden in Berlin wurde in der vorigen Woche eingestellt. Die Buchläden »M99«, »Schwarze Risse« und »Oh 21« hatten im vergangenen Jahr mehrfach Besuch von der Polizei, die verschiedene Ausgaben der Interim beschlagnahmte. Auch wegen der Zeitschrift Prisma und eines antimilitaristischen Flugblatts wurden die Buchläden durchsucht, in einigen Fällen wurden dabei auch die Computer mitgenommen. Neu war an den Durchsuchungsbeschlüssen, dass seit Mitte vorigen Jahres nicht mehr gegen ‚unbekannt‘, also gegen die Hersteller der Zeitungen und Flugblätter, sondern gegen die Geschäftsführer der Buchhandlungen ermittelt wurde. Sie sollen mit dem Auslegen der Schriften zu Straftaten aufgerufen und gegen das Waffengesetz verstoßen haben. Dieses Vorgehen der Staatsanwaltschaft läuft der bisherigen Rechtsprechung zuwider.“

Noch einmal zum Mitschreiben: Die Berliner Staatsanwaltschaft wollte, dass Buchhändler die Bücher, die sie verkaufen, vorher lesen, um Verbotenes dann zensieren zu können. Im Ernst! Das ist das Deutschland von heute!

Diese Nachricht wird natürlich in den Mainstream-Medien und in der regimetreuen Presse nicht auftauchen, da es eine Lobby gegen Zensur hierzulande nur als Spurenelement gibt. Eine Mehrheit der Deutschen ist für die Zensur des Internet und für die real gar nicht existierende Durchsuchung ihrer privaten Rechner seitens der Obrigkeit. Wir leben in einem – das demokratische Bewusstsein betreffend – politischen Entwicklungsland.

By the way: Die Entschädigung, die mir im letzten Jahr per Gericht zugesprochen wurde wegen der Beschlagnahme meines Rechners und wegen der Länge des Verfahrens, das von der Staatsanwaltschaft laut Urteil „rechtstaatswidrig“ verzögert wurde, habe ich immer noch nicht bekommen. Wie man sieht, hat die Staatsanwaltschaft offenbar „Besseres“ zu tun.

(Vgl. auch burks.de vom 9.3.2011)