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 Beruf: Internet-Blockwart Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln

BeitragVerfasst am: 28.03.2003, 00:01 Antworten mit ZitatNach oben

Das Oberverwaltungsgreicht Münster hat jetzt bestätigt, dass regionale Provider Websites sperren sollen. Quod erat demonstrandum: die Realität gelangt erst mit zehn Jahren Verspätung in die Justizgebäude. Das haben Lehrpläne deutscher Schulen und Köpfe deutscher Richter gemeinsam. Und niemanden wird überraschen, dass die Justiz bei Thema "Sperrung sittlich gefährdender Websites" so argumentiert, dass jeder technisch versierte Schüler erkennt: Die Richter können das Usenet garantiert nicht vom IRC unterscheiden. Macht nichts. Es geht ohnehin nur um symbolische Politik: das Internet der deutschen Leitkultur anzupassen und für jeden Mausklick zahlreiche Ausführungsverordnungen und Durchführungsbestimmungen festzulegen.

Es fällt schwer, zu diesem Thema noch einen Kommentar zu schreiben, dessen erste Zeilen den wohlwollenden Leser und die geneigte Leserin nicht gleich sich gähnend abwenden lassen. Nur einen kleine Prognose: die Zensur wird interessant und lustig werden. Vermutlich kann ein findiger Anwalt demnächst argumentieren, dass diese Verfügung große und internationale Provider wie AOL unzulässig bevorzugt, da diese nichts sperren und deren Kunden unstrittig ein attraktives, weil vollständiges Angebot erhalten. Er könnte auch spaßig werden, wenn jemand richtig sagt, dass man Websites gar nicht sperren kann und wenn jemand das verlange, solle er auch sagen wie, um denjenigen kläglich scheitern zu sehen. Wer IP-Adressen oder ganze IP-Blöcke den deutschen Surfern vorenthält, blockiert auch Angebote, an denen nichts auszusetzen ist.

Der Heise-Newticker schreibt: (www.heise.de/newsticker/data/jk-19.03.03-002/):

Zitat:
Und auch wenn die Sperrung durch Internetnutzer umgangen werden könne, sei sie technisch machbar und ein "Schritt in die richtige Richtung". Dem relativ geringen Aufwand für die Antragstellerin stünden schwerwiegende Rechtsgutbeeinträchtigungen durch die beiden Internetangebote gegenüber, meinten die Richter des Oberverwaltungsgerichts.
"Rechtsgutbeeinträchtigungen" - schade, dass Kurt Tucholsky diesen urdeutschen Begriff nicht mehr kommentieren kann. Die Richter haben übrigens - das muss gesagt werden - nicht darüber entschieden, ob zensiert werden darf, sondern nur, ob die Provider, um die in es NRW geht, bis zur endgültigen Entscheidung das tun müssen, was der Oberzensor Büssow angeordnet hat.

Und selbstredend - wir sind in Deutschland - ist die Angelegenheit ein Pilotprojekt, das Internet (gemeint ist: das WWW, nicht das "Internet") als ganzes zensieren zu wollen. Dann wird es richtig spannend, weil das nicht funktionieren wird, die Lehrer aber die Kenntnisse, wie man Zensur umgeht, entweder nicht haben - was wahrscheinlich ist - und wenn doch, nicht weitergeben dürfen. Deutschen Lehrern wird die Lehre der Medienkompetenz verboten. Wissen ist Macht - immer noch. Im Deutschland der Zukunft gilt: Nichts wissen macht nichts. Die Medientheorie, man dürfe das Böse nicht zeigen, die Botschaft sei identisch mit der Realität, die die Botschaft abbildet, passt natürlich. Man kann erwarten, dass die Landesregierung NRW demnächst den Rhein auspeitschen lässt, wenn ein Schiff untergegangen ist.

Wie geht es weiter? Demnächst werden wir ein preußisches, ein bayrisches, ein westfälisches und noch andere Internette haben, je nachdem, wie die jeweiligen Zensoren der Länder mit ihrer Arbeit nachkommen. In Nordrhein-Westfalen wird das Internet ohnehin umbenannt - in Disneyland-NRWTM. Ein neuer Beruf verspricht den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken: Internet-Blockwart. Eine Qualifikation ist nicht nötig, es reicht, Theologie studiert, Orthopädiemechanik gelernt oder als "Jugendschützer" gearbeitet zu haben. Der Internet-Blockwart hat die Aufgabe, Bürgerinnen und Bürger zu melden, die Feindsender sehen - wie rotten.com zum Beispiel, die Beschlagnahme deren Rechner durchzuführen und böse Websites zu verbieten. Der Beruf "Internet-Blockwart" wird wegen der vielen Auslandsaufenthalte, die Fortbildung betreffend, sehr abwechslungsreich sein. In welchem Job - ausser beim Militär - kommt man schon nach Nordkorea, China, Afghanistan und Saudi-Arabien?
28.03.2003
© BurkS
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