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Am 16. Juni meldete das Tageblatt in Stade: "Krummendeich: Auto zerschellt am Baum. Fahrerin wird sehr schwer verletzt." Ich bekam die Nachricht wenige Tage später und war eschüttert. Die Fahrerin war eine gute Freundin von mir. Mehr als zehntausend Menschen in Deutschland kennen die junge Frau auch, aber unter einen anderem Namen: Sie ist "Nergiz", die "Heldin" meines Buches Heroin - Sucht ohne Ausweg?, das 1993 (!) im Rowohlt-Verlag erschien. "Nergiz" hat mit dem Thema nichts mehr zu tun und war mit ihrem Auto auf dem Weg zu ihrer Arbeit bei einem Unternehmen in der Nähe von Glückstadt.

Ich bin weder abergläubisch noch lese ich Horoskope noch glaube ich an höhere und niedere Wesen. Aber "Glückstadt" traf hier in der Tat zu: "Nergiz" hatte alle (!) Rippen gebrochen, zahllose Trümmerbüche der Beine und Arme, eine schwere Kopfverletzung. Offenbar war zufällig eine Kompanie Schutzengel (oder wie man diese niederen Wesen nennt) unterwegs, oder die Vorsehung oder andere Schicksalsmächte, die es bekanntlich auch nicht gibt, hatten ihre Hände im Spiel: Nergiz hat wie durch ein Wunder überlebt, wohl auch, weil die Feuerwehr zufällig nur wenige Minuten vom Unfallort entfernt war.

Die Ärzte in einer Unfallklinik in Bremerhaven, in die sie per Hubschrauber gebracht wurde, kämpften lange um ihr Leben; sie lag mehrere Wochen im künstlichen Koma.

Heute habe ich sie mit dem Auto im Unfallkrankenhaus in Berlin-Marzahn wieder einmal besucht. (Das Bild habe ich während der Fahrt in Lichtenberg gemacht.) "Nergiz" hat schreckliche Narben, die vielleicht irgendwann wieder besser aussehen werden, kann ihre Beine noch nicht bewegen, aber schon im Rollstuhl fahren. Vielleicht wird sie nie wieder richtig laufen können, weil einer ihrer Knöchel nur noch ein Trümmerhaufen war. Ihr Zustand hat sich aber schon gebessert. Zwei Monate war "Nergiz" todkrank, jetzt raucht sie wieder, Gott sei Dank.

Uns verbindet eine tiefe Freundschaft seit 15 Jahren; ich habe Nergiz

Sie während meiner damaligen Recherchen kennengelernt - sie war damals erst 16 und hatte schon alles das hinter sich, was Christiane F. in ihrem Bestseller geschildert hat. Ich habe "Nergiz" zwei Mal das Leben gerettet. Und das ist eigentlich Stoff für mindestens einen 600-Seiten-Roman. Irgendwie wäre es total ungerecht, wenn "Nergiz" jetzt bei einem Autounfall ums Leben gekommen wäre, da sie in den letzten Jahren demionstriert hat, dass es bei dem Thema meines damaligen Buches doch einen Ausweg gab und gibt. Als ich mit ihr heute auf einem kleinen Balkon des Krankenahuses saß, sie neben mir im Rollstuhl, gab mir das das Gefühl, dass das Gute doch manchmal siegt, wenn auch auf schrecklich gewundenen Umwegen.

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