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"Virtuelle Front" heißt ein Artikel im aktuellen Spiegel (S. 26f.). "In einem vertraulichen Bericht zeichnet das BKA ein depremierendes Bild von der Polizeiüberwachung im Internet: Das Verbrechen grassiert, die Ermittler sind fast chancenlos." Ach ja? Ich darf die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser zu diesem schönen Anlass kurz nerven mit einem Zitat aus meinem Lieblingsartikel aus der Süddeutschen: "Den meisten Computernutzern ist es nicht klar: Aber wenn sie im Internet surfen, können Verfassungsschützer oder Polizei online bei ihnen zu Hause auf die Festplatte zugreifen und nachschauen, ob sie strafbare Inhalte dort lagern - zum Beispiel Kinderpornographie oder auch Anleitungen zum Bombenbau."

Jetzt mixen wir diese beiden Artikel zusammen und übersetzen sie in gemeinverständliches Deutsch. Ich bin kein Verschwörungstheoretiker und gehe daher davon aus, dass die aktuelle Artikel im Spiegel nicht lanciert worden ist, obwohl der zu erwartende Satz am Schluss das nahelegt: ""Das BKA fordert nun, die Zahl der Internet-Fahnder aufzustocken und weitere Dienststellen einzurichten." Trommeln gehört nun mal zum Handwerk.

Was aber ist die Botschaft? Man kann nichts tun. Man ist ganz ohnmächtig. Allüberall Kinderpornografen, Terroristen, Bombenbauanleitungen - das Böse schlechthin. Und die Bösen haben auch gar keine Angst mehr vor Online-Durchsuchungen, weil die nach der Lektüre von spiggel.de natürlich wissen, dass das ein frommes Märchen ist. "Polizeipraktiker" hätten "still kapituliert". Man beschäftige sich ohnehin nur noch mit Kinderpornografie, bei der ein gewisser Verfolgungsdruck aufgebaut worden sei. "Bei ihrer Verbrecherjagd gleichen die Ermittler eine Schnecke, die eines rasende Büffelherde verfolgen soll."

"Allein im Internet-Dienst IRC listet

der interne BKA-Bericht 820 Netze mit jeweils bis zu 120.000 verschiednene Chat-Kanälen auf. Jeder einzelne von ihnen hat bis zu 1200 Teilnehmer." Diese Statistik hätte ich denen auch in ein paar Minunten zusammensuchen können, und bei mir wäre das nicht nur für den Dienstgebrauch.

Nach gewaltverherrlichen Computerspielen soll gefahndet werden, nach Bombenbauanleitungen, und anderen medienhype- und aktentauglichen Themen. Worüber wird noch gejammert? Die Täter sitzen im Ausland. In Europa gebe zu unterschiedliche Rechtssysteme, in Holland sei erlaubt, was hierzulande schon verboten sei.

Ganz schlecht ist offenbar : "Denn nach einem rechtskräftigen Urteil aus dem Jahr 2006 speichern die Internet-Anbieter die Verbindungsdaten gar nicht mehr oder nur noch für wenige Tage." Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung soll das wieder ändern; das BKA fordert "aus kriminalistischer Sicht" Speicherung für ein Jahr. Undsoweiter.

Nach der Lektüre fragte ich mich: So what? Wie kann man diese Agitprop "aus kriminalistischer Sicht" einfach so abdrucken, ohne deren Risiken und Nebenwirkungen zu erwähnen? "Nach Plänen von CDU, CSU und SPD soll ab 2008 nachvollziehbar werden, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Anonymisierungsdienste sollen verboten werden."

Der Spiegel hat also Einsicht gehabt ein ein geheimes Papier beim BKA gehabt - "Nur für den Dienstgebrauch". Wer hat ihm das gegeben - und vor allem warum? Soclche Deals laufen oft nach dem Muster ab: Ich gebe dir etwas, und du tust etwas für mich. Das muss nicht so ein, aber hier sieht es so aus. Wir zeigen dir etwas Geheimes, und du schreibst etwas, was suggeriert, dass die Schnüffler unbedingt mehr Dienststellen, mehre Internet-Fahnder und mehr Online-Durchsuchungen bekommen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und das noch als guten und unabhängigen Journalismus bezeichnet.

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