Die aufmerksamen Stammleserinnen und intelligenten Stammleser werden es sofort gemerkt haben: Ab sofort gibt es in dem kleinen familien- und frauenfreundlichen Forum spiggel.de eine neue Rubrik: SecondLife-Tagebuch. Übermorgen hat der Spiegel dem Thema sogar eine Titelgeschichte gewidmet. In den nächsten Tagen kommt auch wieder etwas von mir auf Telepolis - aber gewohnt kritisch und die kulturellen Risiken und Nebenwirkungen beachtend.
So, what is going on there? Während meines allabendlichen virtuellen Spaziergangs wurde ich das Chatten schnell leid. Das alles kenne ich schon seit mehr als zehn Jahren, zum Beispiel aus WorldsAway - du meine Güte, das ist schon zehn Jahre her!. Da fühlt man sich als Veteran. Für eine kurze Zeit macht es als Hetero Spaß, die superknappen Textilien einiger Avatarinnen anzuschauen. Und man merkt, dass das grobpixelige Outfit einem Newbie alias einem Greenhorn zusteht, aber nicht jemandem wie mir, der schon online und Avatar war, als Windows 3.1 als Speerspitze des technischen Fortschritts galt und diejenigen, die heute SecondLife bevölkern, noch im Sandkasten spielten.
Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (10 Bilder). (In Originalgröße nur für registrierte Nutzer des Forums. Username und Passwort finden Sie - wie gewohnt - hier.) Ich habe mich also so verhalten, wie das die Kulturanthopologen , Soziologen und Psychologen, falls sie keine Dummschwätzer sind, bestätigen: Will man an einer Gruppe teilnehmen, muss man sich der anpassen, auch was die Ikonografie angeht. Und die sozialen Hierarchien oder das Prestige - Erfahrung ist Element desselben - äußerlich demonstrieren.
Ich habe also das getan, was ich im realen Leben nie tur: Ich war Shopping. Um es kurz zu machen: Neue Augen, neuer und hübsch muskulöser Körper, ein paar Marken-T-Shirts (schwarzer Stern auf rotem Grund: Was sagt uns das politisch?), eine Jeans. Das sah schon mal adrett aus. Braue Haut hatte ich schon, erinnert mich an meine Südamerika-Reisen. Ich wollte auch eine Frisur, die meiner real existierenden wenigstens entfernt ähnelt. Das war schwierig: In den Shops dominiert das klassischee Männer-Outfit, wie man es von Models in Men's Health, Cosmopolitan oder aus der Schwulenszene kennt. Das gefiel mir nicht.
Dann kam mir die rettende Idee: Ich tippe im Suchen-Menü "Rasta" ein. Siehe da, es gibt in SecondLife einen Laden, der die passenden Accessoires führt. Er war gähnend leer - wie übrigens die meisten Läden und Shopping-Malls in SecondLife. Dort habe ich mir einen sehr netten Rasta-Zopf gekauft (vgl. Bild unten links). Mal sehen, was die virtuelle Damenwelt jetzt dazu sagt. Allerdings habe ich mein LindenDollar-Konto total geplündert. Das Shoppen hat mich einen ganzen realen Dollar gekostet. |