Vor knapp zwei Jahren, im November 2004, habe ich hier ein Blog verfasst über einen Spaziergang auf dem Gelände des ehemaligen Lehrter Güterbahnhofs in Berlin-Kreuzberg. Ich schrieb damals: "Der morbide Charme der Idylle erinnert an die großen Reportagen Klaus Bednarz' über russische Eisenbahnen. Das Außergewöhnliche findet sich im Detail: überwucherte Schienen, Geleise, die im Nichts enden, ein Raum im zweiten Stock eines Gebäudes, das vielleicht ein Stellwerk [Google maps] war und den man nur mit einer hoch gehaltenen Kamera inspizieren kann. So viele Stellwerke? Was haben die dort gemacht? Züge beobachtet? Zwischensprints zu den Weichen eingelegt, um die noch rechtzeitig zu stellen? Oder waren die Räume zum Relaxen für Rangierer - mit der bahnüblichen Aussicht auf zahllose Gleise? Ein Zimmer sieht aus, als hätte jemand es in wilder Flucht verlassen."

Vor ein paar Tagen war ich wieder in der Runie des Stellwerks, in gleich dreifacher angenehmer weiblicher Begleitung. Mittlerweile gibt es weder Scheiben noch heile Fenster. Irgendwann werden die nächtlichen Vandalen vermutlich auch noch die Mauern einreißen.

Vor zwei Jahren schien jemand in einem der Zimmer kampiert zu haben. Zwischenzeitlich, im Spätsommer 2005, hatten Bauarbeiter das Gebäude verriegelt und mit einer schweren Platte verschraubt und verrammelt. Aber so etwas hält in Kreuzberg nicht lange und wird wohl auch als sportliche Herausforderung gesehen. Die Überreste des "Hausrats", die der Vagabund oder wer auch immer zurückgelassen hat, sind bis auf ein paar Textilien geschrumpft, aber noch zu erkennen.

Im April 2004 war ich zum ersten Mal in dem Gemäuer, auch noch einmal im Juli diesen Jahres. Ich bin gespannt, wie das Stellwerk in einem Jahr aussieht. Die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser werden sicher ausreichend informiert werden. (Die ersten beiden Bilder der oberen Reihe zeigen die Yorckbrücken.)

BURKS ONLINE 24.10.2006
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