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Auf der Website des VBJ heißt es: "...beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft zahlreiche Dokumentenordner und Datenträger. Nicht nur gegen den Journalisten Schirra wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet: auch gegen "Cicero"-Chefredakteur Wolfram Weimar und den Auslandschef der Schweizer Zeitung "SonntagsBlick", Johannes von Dohnanyi, der Schirra das Dokument gemailt hatte." Was lehrt uns das? Der Chefredakteur heißt Weimer, und die Stadt in Thüringen Weimar. Man sollte nicht so streng sein - das sind Petitessen.
Dohnanyi mailte. Wie? Natürlich, wie es sich für brave deutsche Untertanen gehört, unverschlüsselt, damit auch jeder Schlapphut mitlesen kann. Vermutlich sogar als Word-Attachment, damit beim Empfänger gleich ein paar Makroviren eingeschleppt werden.
Die Cicero-Redaktion hatte sich um ihre Sicherheit nicht gesorgt: Heikle Dokumente nicht auf externen Festplatten, etwa mit Truecrypt verschlüsselt, kein gesicherter E-Mail-Verkehr - gar nichts. Kein Misstrauen gegenüber der Obrigkeit. Ich sagte es schon: Treudeutsche Journalisten eben. Sie haben ja nichts zu verbergen. Und wenn dann jemand alles hoppsnimmt, fließen die Krokodilstränen. Man hat auch keine Lehren gezogen: Kontakt ist - wie gehabt - nur per Postkarte erwünscht.
Hören wir, was der Anwalt Prof. Dr. Johannes Weberling den JournalistInnen zum Thema "brisante Information" empfiehlt: "Der erste Weg sollte immer zum Chefredakteur führen, zudem ist ein kompetenter Anwalt seines Vertrauens hinzuziehen. Darüber hinaus braucht der Journalist auch starke Nerven, um zum Beispiel Einschüchterungsversuche unbeschadet überstehen zu können. "Gehen Sie im Zweifelsfall nicht allein oder auf anderen Wegen nach Hause", rät Weberling. Journalisten müssen sich zudem bewusst sein, dass Telefongespräche abgehört werden können. "Schalten Sie grundsätzlich ihr Handy aus, wenn es bei Treffen um brisante Informationen geht", empfiehlt Weberling. Ganz klar auch: Brisantes Material sollte weder zu Hause noch in der Redaktion deponiert werden."
Verzeihung, aber ich musste herzlich lachen, als ich diesen Unfug las. Hat jemand live widersprochen? Das wird man nie erfahren, weil Erlebnis- und Besinnungsaufsätze auf Vereinsseiten nie die dunkle Seite betrachten, sondern nur immer das vermeintlich Gute, Schöne und Wahre, und selbstredend bar jeder Selbstkritik.
Gut, geschenkt: Der "erste Weg", wenn man ein Problemchen hat, führt in Deutschland zum Vorgesetzten. Man muss immer fragen, was man tun soll. Zuviel Eigeninitiative bedeutet Chaos. Ordnung ist das halbe Leben. Anschließend ruft man also einen inkompetenten Anwalt an, dem man nicht vertraut.
Nachdem ich diesen weisen Rat las, habe ich mir spontan auch starke Nerven zugelegt. Die kann man brauchen, und es schadet nicht. Jetzt bin ich gerüstet gegen alle Versuche, mich zu nerven oder gar zu bedrohen, und die das versuchen, werden kläglich scheitern. Aber ich stolpere noch über ein Contradictio in adiecto: Wenn ich starke Nerven habe, kann ich auch allein nach Hause gehen, sogar im Dunkeln über Friedhöfe. Gilt der Rat, nicht allein zu gehen und besser eine junge, hübsche Kollegin mitzunehmen, jetzt für die, die schlechte Nerven haben? Oder ist das eine Maßnahme, die zur Sicherheit auf die starken Nerven draufgesattelt wird?
Man muss wissen, dass Telefongespräche abgehört werden können. Gut, dass wir darüber geredet haben. Wir nutzen jetzt alle nur noch Voice over IP oder Skype, so wie man es in der Kanzlei des Professors Weberling vormacht. Man darf nach dem sicherheitstechnisch höchst interessanten Vortrag davon ausgehen, dass der Professor und Rechtsanwalt mit gutem Beispiel vorangeht und seine Mails asymmetrisch und kryptisch verschlüsselt. Man hat ja etwas zu verbergen.
Man soll also sein Handy ausschalten, wenn man mit Informanten über Heikles redet. Vermutlich erörterte man während der Veranstaltung detailliert die Funktionsweise von IMSI-Catchern. Löblich! Wer als Journalist das Handy benutzt, um Informationen zu gewinnen, die die Quelle gefährden könnten, der würde, wenn ich das bestimmen könnte, mit einem Stein an den Füßen in den nächsten See geworfen. Man kann nur alle Menschen, die mit Journalisten zu tun haben, auffordern, sich zu informieren, ob diese ihre Informanten ausreichend schützen. Wer seine E-Mails nicht bei Bedarf verschlüsseln kann, versteht ohnehin nichts vom Schutz der Privatsphäre und von investigativer Recherche.
Brisantes Material sollte also weder zu Hause noch in der Redaktion aufbewahrt werden? Auch das ist, mit Verlaub, schlicht Blödsinn. Man merkt: Der Redner ist noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen: Mobile Festplatten mit "Fingerprint Access Control", File Encryption Tools oder schlicht eine PGP Whole Disk Encryption mit PGP - und vieles andere mehr. Und wenn so eine Festplatte beschlagnahmt wird, kann die Polizei nichts damit anfangen.
Dann hörte auch das unerträgliche Gejammere auf über fehlende öffentliche Aufschreie und "mangelnde Solidarisierung". Der deutsche Mainstream-Diskurs ist schon hysterisch genug; man braucht nicht noch mehr Aufschreie. Da lobe ich mir den Otto Schily: Dem ging das Gesülze, wie böse er sei, an einem Körperteil vorbei, der hier nicht näher bezeichnet werden soll. Richtig so.
Aber in einem Punkt hat der Professor Recht: "Seiner Meinung nach ist das Problembewusstsein bei den Kolleginnen und Kollegen nicht hoch genug." Man sollte sich nur immer zuerst an die eigene Nase fassen.
Die Fotos zeigen berühmte deutsche Journalisten - aus Brandenburg (Märkische Gärtnerzeitung), Berlin (RBB) und Baden-Württemberg (irgendeine Lokalzeitung) mit starken Nerven, die nach verrichtetem investigativem Tagwerk allein (!) nach Hause gehen. Fotos: H. U. Sarenstreich©
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