KOSMOLOGIE UND MINERALOGIE Gigantischer EinschlagVon Burkhard Schröder Der Mond ist viereinhalb Milliarden Jahre alt. Der "Informationsdienst Wissenschaft" berichtet: "Ein Forscherteam des Instituts für Mineralogie Universität Münster mit Klaus Mezger und Thorsten Kleine (jetzt ETH Zürich), der Universität Köln mit Herbert Palme und der Universität Oxford mit Alex Halliday hat für die nun präsentierten Resultate Metalle aus Mondproben verschiedener Apollo-Missionen untersucht. In diesen Metallen wurden kleinste Mengen des Elements Wolfram untersucht. Die neuen hoch-präzisen Messungen zeigen, dass eine bestimmte Art von Wolfram - das Isotop Wolfram-182 - in Mondgesteinen unterschiedlich häufig vorkommt. Diese Unterschiede werden von den Forschern benutzt, um das Alter des Mondes zu berechnen."
By the way: Die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser werden hier nicht mit den gewohnt linkfreien Artikeln in Spiegel online, dem Handelsblatt . der Netzeitung behelligt, die zum Thema berichten. Letztere hat - o Wunder! - immerhin Links zu anderen Medien eingebaut. Wer selber sucht, wird fündig: Die ETH Zürich, an die einer der beteiligten Forscher gewechselt ist, bietet mit Abstand den informativsten Artikel, sogar mit E-Mail-Adresse des Autors Christoph Meier. Davon können sich deutsche Medien zahlreiche Scheiben abschneiden.
"Die neuen, hoch präzisen Messungen zeigen, dass das Isotop Wolfram-182 in Mondgesteinen unterschiedlich häufig vorkommt. Wolfram-182 ist teilweise durch den radioaktiven Zerfall von Hafnium-182 entstanden. Dieses Hafnium-182 war ein sehr instabiles Isotop und ist, für geologische Zeiträume sehr schnell, innerhalb der ersten 60 Millionen Jahren unseres Sonnensystems komplett zerfallen. Unterschiede in der Häufigkeit von Wolfram-182 in den Mondgesteinen weisen daher darauf hin, dass es ausreichende Mengen des radioaktiven Mutterisotops Hafnium-182 gab. Findet man keinen Unterschied in der Häufigkeit von Wolfram-182, müssen die Gesteine mehr als 60 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems entstanden sein. Gibt es jedoch Variationen in Wolfram-182, dann kann deren Entstehung eingegrenzt und eine genaue Altersbestimmung durchgeführt werden: je grösser die Unterschiede in der Häufigkeit von Wolfram-182, desto länger muss die Entstehung zurückliegen.
Die Resultate der Forschergruppe belegen nun erstmals, dass Mondgesteine unterschiedliche Mengen Wolfram-182 enthalten, das durch den Zerfall von Hafnium-182 gebildet wurde. Aus diesen Unterschieden berechneten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, dass der Mond vor 4527±10 Millionen Jahren entstanden sein muss. Dies entspricht 30 bis 50 Millionen Jahren nach Entstehung des Sonnensystems. "
Übrigens, liebe deutsche "Online"-Journalisten! Wie hier schon erwähnt, zeigen uns die Österreicher vom Science ORF.at, wie es geht: Dort gibt es neben dem informativen Artikel einen Link zum Original-Abstract in Science und ein interaktives Forum. Das ist wirklich online.
Man könnte auch noch andere Artikel anführen: Vor drei Jahren veröffentlichte CNN einen Artikel: Der metallene Kern der Erde sei vor 4,5 Milliarden Jahren entstanden. Das hatte unter anderem der Münsteraner Wissenschaftler Thorsten Kleine, der auch jetzt beteiligt war, in Kooperationen mit Kolleginnen und Kollegen herausgefunden.
"'Generally speaking this means that all of the planets, not just the earth, formed much faster tahn wie had assumed" Kleine said. The refined figures yielded a precise date - 4.530 billion years ago - that marks Earth's official status as a planet', he said."
Aha. Nach einer kurzen Online-Recherche stellt sich also heraus, dass die Meldung vom Alter des Mondes, die soeben durch die deutschen Medien hechelt, so neu und originell gar nicht ist. Die Fakten sind seit drei Jahren bekannt. Nur die Methode, sie zu verifizieren, ist jetzt ein wenig variiert worden. Und die Schlagzeile ist ganz falsch: Mond und Erde sind gleich alt. Noch einmal die Web-Zeitung der ETH Zürich:
"Die Theorie der Entstehung des Mondes durch eine Kollision - auch bekannt unter dem Namen 'Giant Impact' - ist seit fast 30 Jahren in der Fachwelt bekannt. Dabei stellt man sich vor, dass die Trümmer der Kollision eine Scheibe um die Erde bildeten, woraus sich der Mond formte. Dieser war dabei aufgrund der grossen Kollisionsenergie ursprünglich geschmolzen. Nach den neuen Ergebnissen mit den grossen Unterschieden beim Wolfram-182 muss aber der sogenannte Magmaozean auf dem Mond sehr schnell, in weniger als 20 Millionen Jahren, komplett erstarrt sein. Die in 'Science' vorgestellten Ergebnisse liefern somit weitere Belege für die Hypothese des Giant Impacts und geben auch der Erde ein sicheres Geburtsdatum."
Schon 2001 veröffentlichte Space.com einen Artikel, der sich dem "Gigantischen Einschlag" ausführlich widmete, kombiniert mit einer wunderbaren Linksammlung über den Mond und seine Entstehung. In ferner Zukunft, wenn die deutschen online-Medien begriffen haben sollten, was Online-Journalismus ist, wird so etwas vermutlich auch hierzulande zu finden sein. |