Die Sowjets sind immer noch da

Von Burkhard Schröder

Es ist ein Anachronismus. Das sowjetische (!) Ehrenmal in der Nähe des Brandenburger Tors passt nicht ins postmoderne Ambiente des neuen Regierungsviertels, nicht zum Kommerz, ist viel zu militaristisch, zu streng, zu mahnend - und die Inschrift dreht den Kalten Kriegern und Totalitarismus-Theoretikern noch heute den Magen um: "Ewiger Ruhm den Helden, die im Kampf gegen die faschistischen deutschen Invasoren für die Freiheit und die Unabhängigkeit der Sowjetunion gefallen sind."

So soll es sein. Auch wenn Stalin zahlreiche seiner Helden später hat umbringen lassen. Das Denkmal erinnert an sie, ob es den Herrschenden passt oder nicht. Jede Wette: Unsere deutschen weltanschaulichen Stahlhelmer würden das Monument am liebsteb schleifen lassen. So nah am Schaufenster der Nation, so nah am Regierungsviertel an den Untergang der deutschen Nation erinnert zu werden, so trotzig dem kollektiven Gedenk-Mainstream an den üblichen Kranzabwurfstellen zu widerstehen - das hat was.

Auf der Rückseite des Ehrenmals ist eine Tür mit einem Eisengitter davor. Im Halbdunkel sieht man eine Wendeltreppe, die nach oben verschwindet. Der Putz blättert ab, auf der Treppe liegen Staub und Schutt, als hätte sie seit zehn Jahren niemand mehr betreten: Als fürchteten die Deutschen sich vor dem Inneren, vor den verschlossenen Akten der Geschichte, die sich plötzlich öffnen könnten und dem Betrachter ins Gesicht blasen: 20 Millionen Tote in der Sowjetunion! Dafür sind die faschistischen deutschen Invasoren verantwortlich - Eure Väter und Großväter.

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BURKS ONLINE 02.09.2005
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