WAS MACHT EIGENTLICH DIE SPD? Kanzler Lafontaine?Von Burkhard Schröder
Zugegeben: Die Überschrift ist ein wenig reißerisch. Und da die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser vermutlich auf den Betreff des jeweiligen Blogs stieren und nur bei den exakten Zeichenketten "Sex" und "nackt" automatisch anklicken, muss ich, um Aufmerksamkeit zu erregen (sic), manchmal zu unlauteren Mitteln greifen. Aber so ganz abwegig ist es nicht. Die Welt schreibt ganz richtig: "SPD beraubt sich aller Koalitionsoptionen". Genauer: Die Sozialdemokraten wollen mit niemandem mehr koalieren. Also genau das Gegenteil italienischer Verhältnisse. Es ist irgendwie wie im DJV: Man zieht sich in die Trotzecke zurück und will am liebsten alle unbequemen Debatten eindämmen, wie Reuters berichtet. Das ist doch zum Totlachen, mit Verlaub, und erinnert irgendwie an jemanden, der aus Angst vor dem Tod Selbstmord begeht.
Die FAZ lässt den Grünen Fritz Kuhn und zahllose andere Politiker zu Wort kommen, die alle von sich geben, was nicht gehe und warum wer nicht mit wem könne. Das nennt man in Deutschland "Politik". Vermutlich ist wieder mal der Protestantismus schuld: Dort zählen immer nur die Befindlichkeiten, die zarte, verletztliche, betroffene Seele. Man sollte mal eine Lichterkette anzünden. Vielleicht leuchtet das heim, sich ab und zu auch mal den Sachfragen zu widmen Es kömmt nämlich gar nicht darauf an, wie Karl Marx sinngemäß zu bemerken pflegte, die Welt und die Koalitionsfrage zu interpretieren, sondern die Politik zu verändern. Wie mir neulich eine schöne Polin bei Wodka und Bier (die Stammleserinnen und Stammleser wissen, wer gemeint ist) mit kessem Augenaufschlag sagte: Die deutschen Männer reden viel zu viel.
Eine Option wurde bisher noch gar nicht verhandelt. Da der Autor dieser unmaßgeblichen Zeilen, wäre er denn Politiker, mit jedem koalieren würde, diente das der Sache und wäre der Koalitionär bereit, obzwar links-, rechts- oder mittig extrem, ein gemeinsames Programm zu akzeptieren, hier eine ganz neue Idee: Rot-Rot-Grün-Gelb. Eine große Koalition mal ganz anders.
Die FDP steht bekanntlich für das Bankgeheimnis und die Steuerberater- und Bürgerrechte, aus niederen Motiven, versteht sich. Der Rest sind altbekannte und sinnfreie Textbausteine wie: Eine wirtschaftsfreundliche Politik sei immer zugleich auch eine arbeitnehmerfreundliche Politik. Das kennen wir schon: Eine Feudalherren-freundliche Politik ist auch immer eine bauernfreundliche Politik. Eine Sklavenhalter-freundliche Politik ist auch immer eine sklavenfreundliche Politik: Übrigens: Gibt es irgendeine Partei, die sich für die Wiedereinführung des öffentlichen Auspeitschens von Politikern einsetzt, bei erwiesener Debilität in Kombination mit dummdreistem Zynismus? Die könnte man wählen.
Die Grünen stehen für gar nichts mehr, außer für eine vernünftige Drogenpolitik. Bürgerrechte? Außer Ströbele (ja, meine Erststimme ist Dir sicher!) nichts gewesen. Bei ihrem eigentlichen Thema Immigration haben sie sich jeden Schneid abkaufen lassen und verharren weitgehend im Multikulti-Gefasel der siebziger Jahre. Liebe Juden, liebe Neger, liebe ausländische Mitbürger. Und dann wäre da noch die Wer-hat-uns-verraten-Sozialdemokraten. Zörgiebel, Noske et al. Wir Berliner sind ohnehin mit einer bis ins Mark korrupten SPD-Filzokratie geschlagen, die auch nicht dadurch besser wird, dass die CDU moralisch noch verkommener ist.
Aber wir schweifen ab. Schröder will nur Chef sein, sonst nichts, Müntefering genauso (er hofft ja, den Kanzler zu beerben), Lafontaine will nicht mit Schröder. Aber kann die SPD so selbstmörderisch sein, an der 30-Prozent-Marke entlangschrammend, eine Koalition mit der CDU einzugehen - ohne ihr Zugpferd Schröder? Eine Koalition des Mittelmaßes, mit faden Figuren ohne ernst zu nehmende politische Biografie und mit dem Charisma eines Aldi-Filialleiters. Dann bekämen Lafontaine und Gysi beim nächsten Mal mehr als die SPD und zwängen die doch, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
By the way: Ich habe mir den Streamtuner installiert und höre online wunderbar leichten und eleganten Smooth Jazz aus New York, positive vibrations in the city, gut zum nächtlichen Monologisieren und Plaudern mit unbekannten Surfern. Whow. Kurz herumzappen. Radio Jamaica: "You know the situation: people have the right to defend themselves..." Yeah. RastafarI. That's cool. Radio TamTam Senegal. Genau so. RockPop 88,9 Colombia, Bogotá. Vivan las mujeres y la Cumbia de Colombia! Indie Alternative. Russian Dance. Polskie Radio. PunkSkaRock. Und wieder zurück zu Soft Smooth. Der Rhythmus, bei dem jeder mitmuss. Tamtam. Tschick. Tschik. Tamtam.
Genug des Palaverns. Die beste Methode, die Bösen und Mediokren aus dem Feld zu schlagen, ist immer der beherzte Angriff. Man darf den Gegner nicht zur Ruhe kommen lassen, man muss hier ein Buschfeuer anzünden, dort ein Bömbchen hochgehen lassen, hier einen Knallkörper loslassen, dort ein Stöckchen in die Speichen werfen. Immer die Peitsche schwingen und die Pfeifen vor sich her treiben. (Die Musik bringt mich wirklich gut drauf. Ich wollte, wenn ich mich recht erinnere, doch in den nächsten Tagen ein neues Dossier über den DJV Berlin auflegen?!)
Wo war doch mal gleich der rote Faden? SPD 27 Prozent, Grüne zehn Prozent, Linkspartei elf Prozent, FDP sechs Prozent. Reicht doch. Beckstein, Merkel, Stoiber, Glos, Koch und wie die anderen, mit Verlaub, Arschgesichter (schreibt die Titanic) heißen - sollen sie doch auf den Oppositionsbänken brutalstmöglich versauern, solange sie uns nicht verraten, wer die Spender Helmut Kohls sind.
Ich bin übrigens umgeschwenkt auf die Online Reggae Radio Station mit DonFX. Ummtata Ummtata. Ummtata. Nur so kann man aushalten, nächtens über Politik in Deutschland nachzudenken. Und jetzt allen Nachtschwärmern eine gute Nacht! |