ARCHÄOLOGEN ENTDECKEN PENIS AUS STEIN Penis-PuzzleVon Burkhard Schröder Die Überschriften sagen schon genug: "Eiszeit-Erotik" (Spiegel online), "Das beste Stück in 14 Teilen" (Focus/Bill Gates), " Ein Phallus zum Zuschlagen?" (Der Standard), "28 000 Jahre alten Phallus aus Stein ausgegraben" (nachrichten.ch, St. Gallen). Nur zu Erinnerung: spiggel.de berichtete im August 2003 über einen ähnlich aufregenden Fall: "Der Riesenpenis von Zschernitz".
Die deutschen Jugendschutzwarte haben bekanntlich verboten, das von der Evolution vorgesehene männliche Teil zur Fortpflanzung und verwandten Verrichtungen live abzubilden, wenn der Winkel größer als 90 Grad ist. So genau weiß man das nicht. Und warum, ist auch nicht bekannt. Aber deutsche Journalisten sind eben Warmduscher und Weicheier und kneifen lieber und prophylaktisch den Genannten ein, statt die Grenzen auszutesten und staatsbürgerliche Aufklärung in bildlicher Form zu betreiben. No Penis please, we are Calvinists. Wir machen also aus den Meldungen einen richtigen hübschen Artikel, wie es sich für Online-Journalismus geziemt.
Die Österreicher zeigen den Deutschen, wie man das Internet nutzt. Der Standard präsentiert nicht nur eine Dame, die das gute alte Stück in Händen hält (aber warum mit Handschuhen? Har, har), sondern empfehlen auch Links: Zum Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren und zu eiszeitkunst.de, made by Landratsamt Alb-Donau-Kreis in Ulm. Chapeau, liebe KollegInnen aus den Alpenländern: Kein deutsches Medium war dazu in der Lage. Und keiner der gut bezahlten und rundum vollversorgten Redakteure hat es für nötig befunden, die Pressemeldung der Universität Tübingen zu verlinken. Der Standard: "Die insgesamt 14 Einzelteile aus dem "Hohle Fels", die inzwischen zusammengefügt wurden, lagen über eine Fläche von etwa einem Quadratmeter verstreut und wurden innerhalb von acht Jahren ausgegraben." Oha: Acht Jahre haben die Wissenschaftler also gebraucht, um das Penis-Puzzle wieder zusammenzusetzen.
Wir möchten auch mehr über den Fundort wissen, den Hohlen Felsen bei Schelklingen. BBC online hat darüber schon ausführlich berichtet. Die Website der Museumsgesellschaft Schelklingen - Verein für Heimatgeschichte e.V. - zeigt andere Fundstücke aus den Gravettienschichten: "Die Zusammensetzung des [gefundenen] Inventars belegt eine intensive Steinbearbeitung, in der alle Phasen der Silexverarbeitung dokumentiert sind. Das Werkzeugspektrum beinhaltet u. a. Rückenmesser, Stichel, Gravettespitzen und den unteren Teil einer Font-Robert-Spitze." Diese Spitze kennen offenbar nur Archäologen, ich habe nur eine Website gefunden, die das Wort annähernd erklärt.
Kritisch bliebe zusammenzufassen: Alle deutsche Medien "drucken" im WWW nur Artikel, die genau so gut auch auf Papier stehen könnten. Dann kann man sich das Internet auch schenken, meine Damen und Herren! Linkfreie oder nur zu sich selbst verlinkende, also im Luhmannschen Sinne selbstreferntielle "Internet-Seiten", wie der DAU das zu nennen pflegt, lassen die wohlwollenden Leserinnen und die geneigten Leser irgendwann zu solch exotisch-extremistischen Männer- und familienfreundlichen Foren wie spiggel.de abwandern. Aber das bedauern wir hiesigerseits gar nicht.
Der investigative Fotoreporter H.U. Sarenstreich verglich im Auftrag von spiggel.de einen modernen Penis mit dem 28000 Jahre alten Modell und stellte eine frappierende Ähnlichkeit fest. In der oben erwähnten Höhle (Bild Mitte) begegnete er einem Urmenschen (nur 89 Grad!). Der stellte sich aber nach kurzer Zeit als Halluzination heraus. Die Erscheinung war vermutlich den Ausdünstungen des Gesteins geschuldet, da der Kollege Sarenstreich den psychotrophen Substanzen abhold ist. |