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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln
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Verfasst am:
08.05.2005, 14:04 |
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| HAUSMITTEILUNG | | Aktuell | 08. Mai 2005 |
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| | | | DAS BILD DES TAGES | | Berlin-Kreuzberg, An der Lohmühleninsel | | |
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| HAUSMITTEILUNG Ich weiß, was ich gestern getan habeVon Burkhard Schröder | | Samstag früh um acht am Kudamm - eine ungewohnte Erfahrung. Das Kranzler-Eck sieht jetzt auch postmodern aus.
Flug nach München, bei Stefan Parrisius sollte ich etwas zu den berühmt-berüchtigten kackbraunen Kameraden sagen. Antenne Bayern ist der gößte private Radiosender ebendort und kann sich, weil er beim Volk mächtig ist, sogar Politik und - kommt diese zum Zuge - einen großen Wortanteil leisten. "Themen, die bewegen - Parrisius bringt sie auf den Punkt: Politik, Gesellschaft, Umwelt." Sex bewegt, fehlt aber leider (obwohl ich doch RechtSEXtremismus-Experte bin).
Der Flughafen München im Erdinger Moos ist der einzige Flughafen der Welt, der nur aus der Luft zu erreichen ist - so spotten die Münchener. 50 Minuten - Zeit genug, um ausnahmesweise Zeitungen auf Papier zu lesen. "Richter halten die NPD vom Mahnmal fern", schreibt der Tagesspiegel. Artikel, die den Textbaustein "Zeichen setzen" enthalten, lese ich aber nicht weiter. Wie Deniz Yücel während der Podiumsdiskussion zum 8. Mai richtig sagte: Neonazis gehören unter das Brandenburger Tor, nur dort sind sie historisch korrekt angesiedelt. Außerdem haben die Richter kein Urteil gesprochen, sondern nur etwas im einen Verfahren beschlossen, in dem es um den Erlass einer Einstweiligen Verfügung ging. Aber es hört niemand genau hin.
Die FAz schreibt einen Artikel über das "vergessene KZ" in Moringen - ein "Lager für verwahrloste Jugendliche". "Blockführer D hat sich jeden Abend vor Einschluß davon zu überzeugen, daß die Bettnässer ihre Penisklammern angelegt haben." Ulrike Meinhof hat ihr Buch Bambule über die Zustände in "Verwahranstalten" vor dem Hintergrund dieser historischen Erfahrung geschrieben.
Der Tagesspiegel: "1000 Jugendliche randalieren in Dresden". Diese fest gefügte Metapher kennen wir seit dem neolithikum. Warum tun die das nur? Und warum will das wer wissen? die Antwort liegt in der Wortwahl: "Angriffe von Störern". Was stören die denn? Das geordnete Konsumieren? Unddas ungestörte Beobachten seitens der Obrigkeit? Immerhin ging auch eine Überwachungskamera zu Bruch. Störer: das ist doch DDR-Sprech? 1000 Diversanten, Volksschädlinge, negativ-dekadente Persönlichkeiten? Sollte der Autor Matthias Schlegel ein Ossi sein? Indizien dafür sind da...
Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (6 Bilder). (In Originalgröße nur für registrierte Nutzer des Forums. Username und Passwort finden Sie - wie gewohnt - hier.) Was haben wir noch? einen Artikel: "Liberale setzen auf Schutz von Privatheit und Bürgerrechten." Darüber muss ich nachdenken. Otto Schily geriert sich mittlerweile schlimmer als jeder CSU-Innenminister. "Auch das seit einigen Wochen geltende Gesetz, mit dem staatliche Stellen unter gewissen Voraussetzungen Zugriff auf Bankkonten von Steuerzahlern haben, wird im Antrag als 'Abbau von Privatheit und Bürgerrechten' gegeißelt. In dem unter Führung der Innen- und Rechtspolitikerin Angela Freimuth erarbeiteten Antrag heißt es: 'Freiheit und Eigentum der Bürger zu schützen, betrachten Liberale als ihre vornehmste Aufgabe.' Überraschend setzten die Jungen Liberalen in einem Änderungsantrag auch ein Nein zum großen Lauschangriff durch." Wenn ihr so weitermacht und wenn Schily nicht gestoppt wird, dann gerate ich in Versuchung, im nächsten Jahr zum ersten Mal in meinem Leben mit meiner Erststimme FDP zu wählen, auch wenn das eine Partei der Kleinbourgeoisie mit dem Selbstverständnis des Großkapitals ist und ich Westerwelle und Gerhardt nicht ausstehen kann.
Live auf Sendung. Jemand aus der Beckstein-Riege als Diskutant. Die üblichen Textbausteine: Frust, Jugendliche, Ausländerfeindlichkeit, "schon in der Familie", der Staat muss härter durchgreifen, melden, durchführen, verbieten, Verfassungsschutz. Demonstrationsfreiheit, aber.... Sattsam gehört und wie gewohnt sinnfrei. Eine rationale Diskussion über die Ursachen von Rassismus und Antisemitismus ist nicht möglich. Man muss das hinter sich bringen. Der Moderator versucht immerhin, das Beste daraus zu machen.
Der Sender bezahlt nicht nur das Honorar, sondern auch das Taxi zurück zum Flughafen, rund 30 Euro. Es schüttet. Jede Menge Japaner, die sich gegenseitig ihre Souvenirs zeigen und alles fotografieren, was sich bewegt. Die Restaurants sind der reine Wucher. Der Start verzögert sich, weil jemand nicht erschienen ist und dessen Gepäck "aus Sicherheitsgründen" wieder ausgeladen werden muss.
Was macht man in Berlin am Abend, wenn man früh aufgestanden, erschöpft und hungrig ist und am Flughafen Tegel angekommen ist? Geheimtipp: man fährt zum Udagawa-Imbiss in der Kantstraße und genehmigt sich eine Tori Udon, eine "traditional noodle dish with chicken and vegetables in homemade broth". Ich garantiere, dass die Udagawa-Nudelsuppe die beste der Stadt ist. Andere japanische Restaurants wollten denen die Nudeln schon abkaufen, aber die Familie will das Rezept nicht herausrücken. Scharf, ultrascharf, lecker. Dazu eine Kanne grünen Tees und eine Karaffe voll heißem Sake. Damit ist der Samstag gerettet.
Auf dem Weg zum Bus komme ich an einem thailändischem Reisebüro vorbei und lese interessiert die Agitprop im Schaufenster. Aber das ist jetzt ein ganz andees Thema.
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BURKS ONLINE 08.05.2005 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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