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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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BeitragVerfasst am: 21.04.2005, 22:44 Antworten mit ZitatNach oben






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LATINOBLOG 27: BOLIVIEN 1

In den Yungas

Von Burkhard Schröder

Karte
Julius Caesar hätte geschrieben: Bolivien in seiner Gesamtheit zerfällt in drei Teile. Im Westen die schneebedeckten Gipfel der Anden, umgeben vom Altiplano, dem Hochland. Im Osten die Llanos, die weiten Ebenen bis hin nach Paraguay. Das nördliche Drittel bis zur Grenze mit Brasilien und dem Mato Grosso wird von tropischem Regenwald bedeckt. Zwischen dem Ostabhang der Anden und dem Ostbolivianischen Bergland erstrecken sich die Yungas in einer Höhe zwischen 1.200 und 1.800 Meter - mit angenehmem subtropischen Klima.

Wir waren schon zwei Monate in Bolivien und hatten den Westen und Süden erkundet. Es war die Ära des Präsidenten Hernán Siles Suazo, eine unruhige Zeit mit galoppierender Inflation und Straßenschlachten. In der Hauptstadt La Paz demonstrierten täglich die militanten Bergleute, die mineros. Meine Reisebegleiterin und ich waren uns einig: wir mussten da raus, es wurde zu heikel. Alle Flüge wurden gestrichen, Busse fuhren nicht mehr oder wurden bestreikt. Für Lateinamerika gilt aber: es gibt immer eine Lösung.

Die Einheimischen rieten uns, früh am Morgen an einem kleinen Markt am nördlichen Rand von La Paz nach einem Pickup zu suchen, um in die Yungas zu gelangen und von dort weiter in die große Tiefebene des Rio Beni. Rund 800 Kilometer weiter im Norden lockte ein geheimnisvoller Fluss, der Rio Madre de Dios, der "Muttergottesfluss". Wenige Jahre vorher war ich mit einem Freund von La Paz auf abenteuerliche Weise den Rio Mamore aufwärts gereist und hatte bei Guajará-Mirim die Grenze nach Brasilien überquert, um von dort aus nach Manaus zum Amazonas zu gelangen. Jetzt aber wollten wir über den Rio Beni in den Pando-Dschungel, dessen Verkehrsader, der Rio Madre de Dios, ihn von Westen nach Osten durchströmt. Kautschuksammler und Goldsucher sollte es dort geben. Und die Gegend sei garantiert völlig frei von Touristen. Wir hoffen, irgendwie die Grenze nach Peru überqueren zu können. Wenn wir geahnt hätten, dass wir acht Wochen unterwegs sein würden, um rund 1000 Kilometer zurückzulegen, auf kleinen Urwalddampfern, umschwärmt von Myriaden von Moskitos....
Santa Ana de Alto Beni

Bald ratterten wir auf einem kleinen LKW die Passstraßen rauf und wieder hinunter, in halsbrecherischen Serpentinen. Die Fahrt dauert rund einen Tag, bei einem Höhenunterschied von fast 4000 Metern - und man durchquert alle Klimazonen Südamerikas. Wie soll jemand das beschreiben? Unser erstes Ziel war Caranavi, ein staubiger Ort wie im Wilden Westen, mit nur einer Hauptstraße. Aus meinem Reisetagebuch: "Vor Caranavi klettert ein Mann auf unseren LKW, der kontrolliert, ob der Fahrer nicht zuviel Fahrgeld von uns verlangt hat. Caranavi besteht nur aus einer Hauptstraße und einem hübschen Platz in einer Seitengasse. Es gibt jede Menge Läden und alojamentos, billige Unterkünfte. Wir handeln stundenlang um Moskitonetze und versorgen uns mit Benzin für den Kocher. Abends am Fluss, den Sonnenuntergang zu genießen."

Der ganze nächste Tag vergeht mit der Suche nach einem LKW oder Pickup, der uns weiter zum Rio Beni bringen soll. Niemand weiß etwas Genaues, aber wir lernen den halben Ort kennen. Hier ist der Ausgangspunkt für zahllose Siedler aus den Anden, die im Urwald ihr Glück suchen wollen. Wir sind die einzigen Ausländer, und natürlich sagt uns irgendwann jemand Bescheid, jetzt sei ein Jeep da, der genau dorthin fahre, wo wir hin wollten. Wir fahren in die Nacht hinein. Ein Dutzend Reisende kauert auf der Ladefläche. Alle diskutieren, wo wir beiden Gringos aussteigen müssten. Leider werden sie sich nicht einig, weil sich niemand so recht auskennt, und mir schwant nichts Gutes. Morgens kurz vor Sonnenaufgang meint der Fahrer, wir sollten absteigen. Es gibt nur eine Hütte, offenbar ein Polizeiposten. Hier sei Santa Ana de Alto Beni. Aber die zwei Männer sind freundlich und genauso verschlafen wie wir. Dann klettert die Sonne über den Horizont, und wir stehen auf einer Bücke über den Rio Beni (vgl. Bild oben), mitten im Dschungel. "Ihr müsst nur noch rund zehn Kilometer laufen bis zum Hafen, wo die Schiffe nach Norden in den Pando ablegen", sagt der Polizist. Unsere Rucksäcke wiegen 20 Kilo, und tagsüber wird er rund 40 Grad heiß im Tiefland. Also einfach los, bevor die Sonne unerträglich wird. Und wir kommen noch vor Mittag nach Puerto Linares, einem Straßendorf mit ein paar Dutzend Holzhäusern. Eine Hütte direkt am Fluss ist leer, dort schlagen wir unser Lager auf. Ohne Hängematte ist man hier verloren und würde vermutlich von den Ameisen aufgefressen.

Bergleute in La PazCaranaviFluss in den Yungas
Puerto Linares am Rio BeniPuerto Linares am Rio BeniPuerto Linares am Rio Beni
Rio BeniRio BeniRio Beni
RurrenabaqueRurrenabaqueReyes

Die Gegend ist auch ethnologisch interessant, hier wohnen die nördlichen Nachbarn der Aymara und der Inkas, die Mosetenes. Aber davon wussten wir damals nichts. Das wahre Reisen besteht darin, drei Fragen zu beantworten und zu nichts sonst Zeit zu haben: Wo bekomme ich etwas zu Essen und zu Trinken? Wo Karteübernachte ich? Wie komme ich hier wieder weg?

Wir blieben eine Woche in dem Nest stecken, es gab kein Schiff. No hay. Und als eines kam, wurden wir von der Passagierliste gestrichen und ein Soldat richtete die Waffe auf mich, als ich mit dem Kapitän deswegen aneinandergeriet. Später habe ich begriffen, worum es ging; sie schmuggelten offenbar Drogen oder andere Dinge, von denen wir nichts mitbekommen sollte. Wir verhandelten stundenlang, und ich versicherte dem Besitzer des Schiffchens, ich würde irgendeinen Weg finden, um ihm die Hölle heiß zu machen, falls er uns nicht mitnähme. Die schmierigen Herrschaften schworen zahlreiche Eide bei allem, was ihnen heilig war (das war vermutlich nicht viel), es würde bald noch ein Boot kommen. So geschah es.

Der Rio Beni hat in den Ausläufern der Yungas nur wenig Tiefgang, und unser Boot schrammte ständig auf Grund. Raus mit den Passagieren ins nur hüfthohe Wasser und schieben, was das Zeug hält! Schifffahrt als Selbsthilfegruppe. Nachts schliefen wir auf Sandbänken. Die anderen "Passagiere" sahen neidisch auf unseren Benzinofen, wenn wir uns eine heiße Suppe vor dem Schlafengehen kochten. Dafür warfen sie Dynamit ins Wasser - eine recht unökologische Art zu fischen. In der Nacht wachte ich jede halbe Stunde auf, weil ich befürchtete, sie würden einfach ablegen und uns mitten auf dem Fluss zurücklassen. Aber das trauten sie sich wohl nicht.

Rurrenabaque - der erste Ort im Tiefland. Wir hatten damals keine genaue Karten und mussten uns immer alles erfragen. Man sagte uns, Schiffe führen so gut wie nie, es sei fast schon Trockenzeit und der Wasserstand des Flusses zu niedrig. Wir sollten in den nächsten Ort fahren, Reyes. Dort gebe es einen Rio BeniMilitärflughafen. Vielleicht würden uns die Soldaten weiter nach Norden mitnehmen. Nach Reyes brauchten wir nur einen halben Tag. Aber dann war die Welt mit Brettern zugenagelt. Der Flughafen war da, eine Graspiste, aber Flugzeuge waren nicht zu sehen. Das wahre Reisen besteht also darin zu warten, ob etwas geschieht.

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