POLITIK | | Aktuell | 20. Februar 2005 |
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DIE MEDIEN UND DIE SEHR BRAUNEN KAMERADEN Zehn Fehler im Umgang mit der NPDVon Burkhard Schröder |
Wie kann man den verzweifelten Journalistinnen und Journalisten helfen, die fragen, wie mit den ultrabraunen Kameraden medial umzugehen sei? Ganz einfach: ganz einfache Regeln beachten. Und wenn man dann noch etwas zu sagen hat: "Oh, damit kommt man weit!" schrieb Karl Kraus. Aber kaum jemand wird diese Tipps befolgen: wer über den berühmt-berüchtigten Extremismus von rechts berichtet, vertritt immer eine politische Meinung. Und davon lässt sich niemand abbringen.
1. Neonazis sind keine Extremisten.
Der "Extremismus"-Diskurs bestimmt den medialen Mainstream seit dem Kalten Krieg. "Extrem" ist etwas mehr als normal. "Rechtsextrem" hieße: rechts, nur ein bisschen mehr. Also so völkisch wie die Konservativen, aber militant. Die Legende vom "Extremismus" ist die "Lebenslüge der Republik: sie suggieriert, die erste deutsche Demokratie, die Weimarer Republik, sei von den "Radikalen", den Nazis und den Kommunisten, gemeinsam zerstört worden. In Wahrheit haben die Nationalkonservativen, die Vorläufer der Christdemokraten, die Weimarer Republik den Nazis ausgeliefert.
Wer Neonazis meint, aber von "Extremisten" redet, hat im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst oder keinen gehabt - und setzt Antifaschisten und Neonazis gleich. Nichts anderes sagt die Totalitarismus-Doktrin aus. Und der hängt mindestens die CDU an.
2. Neonazis sind keine Skinheads.
Die mediale Leitkultur verpackt Rassismus und Antisemitismus in das Kostum eines "Jugendproblems". Seit 20 Jahren reden die Medien über "Skinheads" und kolpfen das Stereotyp fest, "das" würde sich mit den Jahren auswachsen. Plötzlich, nach den Wahlerfolgen der NPD, merkt man, dass die Kameraden keine Skinheads mehr sein.
Die Gesellschaft transportiert ihren Diskurs über Rassismus und Neonazismus in der Hülle der Skinhead- und Gewalt-Metapher. Der mediale Focus, der sich auf die Ikonografie richtet, fällt auf die Lüge per Symbolik herein. Der Skinhead spielt für die heute rechte Alltagskultur eine ähnliche Rolle wie der Soldat als Fundus für Kostüm- und Körperphantasien in den ersten drei Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts. Die Skinheads heute sind für die rechte Szene das, was die Freikorps und der militärische Dresscode für das faschistische Milieu der zwanziger Jahre bedeuteten. Der Faschismus in den Zeiten der NSDAP benutzte das Militärische als vom Volk und in der Alltagskultur positiv besetzte Kodierung; heute lösen Rebellion, Rock und Pop, die Zeichensysteme jugendlicher Subkulturen zwiespältige öffentliche Emotionen aus, sind aber immer, als kulturelles Experiment, Symbol für die Zukunft.
3. Neonazis haben nichts gegen Ausländer.
Der "Ausländer-Diskurs" ist der zentrale Topos des rassistischen Konsenses zwischen Neonazis und Gutmenschen. Alle Einwanderer werden durch ihn zu "Nicht-Deutschen" gemacht, auch die Afrodeutschen, so, wie es alle Völkischen und andere Rassisten gern hätten. Wer Neonazis zum Thema "Ausländer" befragen will, outet sich nicht nur als Idiot, sondern selbst als jemand, der völkisch denkt. Rassisten interessieren sich nicht für Staatsbürgerschaften.
4. Neonazis sind keine "Jugendlichen".
Wer über "jugendliche Neonazis reden will, entpolitisiert das Thema. Das ist in Deutschland die Regel. Antisemitismus und Rassismus werden somit an Pfarrer, Sozialpädagogen und andere Berufsjugendliche delegiert. Die These, Rassismus sei ein Jugendproblem, besagt gleichzeitig, man könne ihn wie eine Kranheit durch Aufklärung heilen bzw. beseitigen. Rassismus ist jedoch ein positives Versprechen und im Kapitalismus immer eine politische und weltanschauliche Option, also keine Frage der Moral. Appelle an die Vernunft nützen rein gar nichts.
5. Neonazis hören nicht auf Argumente.
Eine Diskussion mit Antisemiten oder Rassisten ist fruchtlos. Genauso wenig kann man einen Verehrer höherer Wesen davon überzeugen, dass eben dieselben überhaupt nicht existieren. Die politische Meinung besteht aus dem so genannten "gesunden Menschenverstand", und der ist schlicht die Summe aller Vorurteile, die man sich vor dem 16. Lebensjahr zusammengesucht hat (Albert Einstein). Wer nicht weiß, wie Antisemitismus entsteht, kann auch nicht über ihn aufklären. Aber wer weiß das?
6. Neonazis sind keine Neonazis.
Wer über Neonazis oder mit ihnen reden will, sollte sich zunächst darüber Gedanken machen, ob sich das völkische Verständnis dessen, was die deutsche Nation ausmache, bei den bürgerlichen Konservativen von dem, was die NPD sagt, unterscheidet. Meine These - das wissen die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser schon: Nein, es gibt keinen Unterschied. Deutschland wird seit den so genannten "Freiheitskriegen" Anfanag des 19. Jahrhunderts von der fiktiven Ide einer "Kultur" definiert, die angeblich seine Identität bestimmen soll. Zu Deutschland gehört auf jeden Fall der christliche Antijudaismus dazu - als Basis des modernen Antisemitismus. Nicht die Neonazis sind das Problem, sondern die deutschen roots, die den Schoß, aus dem das kroch, immer noch fruchtbar sein lassen.
7. Arbeit macht nicht Rassismus-frei.
Der öffentliche Diskurs ist magisch, weil er Arbeitslosigkeit mit Rassismus und Antisemitismus verknüpft. Es gibt zwar keine empirischen Fakten, dass zwischen dem Aufkommen von Neonazis und Arbeitslosigkeit auch nur der geringste Zusammenhang besteht, aber um so unbeirrbarer wird das in den Medien behauptet, und oft mit dummdreistem Unterton. Warum sollte jemand Juden oder Farbige hassen, weil er nicht mehr arbeiten darf?
Wer auch nur einmal den Begriff "Arbeitslosigkeit" erwähnt, wenn es um die sehr braunen Kameraden geht, outet sich damit als Dummkopf und könnte gleich zum Esoteriker oder Astrologen umschulen.
8. Vermeiden sie protestantische Symbolik.
Der hysterische Hype "gegen Rechts", der in konjunkturellen Schüben wiederkehrt, hat zahllose Stilblüten hervorgebracht: Udo Lindenberg gegen rechts, Hupen gegen rechts, Reden gegen rechts, Trommeln gegen rechts, Symbole und heilige Tücher gegen rechts, Körperteile bzw. Gesichter zeigen gegen rechts - das alles ist primitive Magie, eine Art Geisterbeschwörung, die stilsicher in öffentlichen Verbrennungen mündet, aber auch nur symbolisch, in Form von Lichterzügen und Fackelketten. Magie wirkt nur bei denen, die daran glauben. "Gesicht zeigen gegen Rechts" ist nichts anderes als ein Regen- oder Fruchtbarkeitstanz - er schadet nicht, nützt rein gar nichts, aber macht den Gesichtzeigern und Tänzern gute Laune.
9. Die Guten sind nicht automatisch gut.
Zwischen gut und gut gemeint liegen oft Welten. Ob die zahllosen riegerungsamtlichen Initiativen oder andere Projekte "gegen Rechts" irgendeinen messbaren Erfolg haben, ließe sich nur beweisen, wenn man etwa fünf Jahre auf alle diese Initiativen verzichte. Vermutlich gäbe es danach weder mehr noch weniger Neonazis oder NPD-Mitglieder als vorher. Entimon, Civitas, Xenos, Bündnis für Demokratie und Toleranz - habe sie irgendetwas bewirkt oder wäre es ohne sie noch schlimmer?
10. Wer kein Ziel hat, kann nichts erreichen.
Wer über Neonazis oder den berühmt-berüchtigten "Rechtsextremismus" fabuliert, sollte vorher überlegen, was hinten herauskommen soll. Die Neonazis als solche entlarven? Vor wem? Dem nicht automatisch geneigten Publikum beweisen, dass die Kameraden doof, gewalttätig, sittlich gefährdend sind? Und was wäre, wenn? Ihre Klientel wählt sie vielleicht gerade deshalb.
Die Medien haben keinen volkspädagogischen Auftrag. Sie sollen nicht mahnen, warnen und das gut Gemeinte fördern. Sie sollen schlicht informieren. Das heisst: die Realität so gut als möglich abbilden, in Kurzform, dass der gemeinhin begriffsstutzige Rezipient nicht allzuviel kognitiven Aufwand betreiben muss.
Informieren bedeutet: Gesetze, die Einwanderer zu Menschen zweiter Klasse machen oder sie anderweitig diskriminieren, sind genau so ekelhaft die Neonazis. Umgekehrt: Menschen mit Zottelfrisur, brauner Haut und positive vibrations beim Trommeln müssen nicht automatisch liebe ausländische Mitbürger sein - es könnte sich auch um afrodeutsche Charakterschweine handeln.
Mit dem "gegen Rechts-Sein" ist es wie mit der Philosophie: die richtigen Fragen sind schon die Antworten.
Bilder: Neonazis bei einem Aufmarsch in Erfurt, Quelle: aag.antifa.net
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