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Burkhard Schr�ders [Burks] Forum - f�r Kosmopoliten und Kaltduscher
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln
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Verfasst am:
14.11.2004, 22:51 |
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| AUS ALLER WELT | | Aktuell | 14. November 2004 |
| | | TOURISTEN, AUFGEMERKT! Unerbetener Besuch im StellwerkVon Burkhard Schröder |
Wie hier schon mehrfach erörtert, ist Kreuzberg ein vor allem romantischer Ort. Vorausgesetzt, man ist Lokalchauvinist, kennt die stillen und verschwiegenen Ecken und schlägt sich gern seitwärts ins Gebüsch. Ein Sonntag im November: kühl und klar wie die Brise auf eine Hallig. Und da der Lieblingsfreundin nach einem Spaziergang ist, inspiziert man gemeinsam die Bahnruinen auf dem Areal südlich des U-Bahnhofs Gleisdreieck.
Der morbide Charme der Idylle erinnert an die großen Reportagen Klaus Bednarz' über russische Eisenbahnen. Das Außergewöhnliche findet sich im Detail: überwucherte Schienen, Geleise, die im Nichts enden, ein Raum im zweiten Stock eines Gebäudes, das vielleicht ein Stellwerk war und den man nur mit einer hoch gehaltenen Kamera inspizieren kann. So viele Stellwerke? Was haben die dort gemacht? Züge beobachtet? Zwischensprints zu den Weichen eingelegt, um die noch rechtzeitig zu stellen? Oder waren die Räume zum Relaxen für Rangierer - mit der bahnüblichen Aussicht auf zahllose Gleise? Ein Zimmer sieht aus, als hätte jemand es in wilder Flucht verlassen.
Die neue Trasse der Lehrter Stadtbahn schneidet streng und kalt durch die Birkenwäldchen wie eine asphaltierte Transamazonica: das Gesträuch ringsum hat im Gegensatz zum Urwald keine Chance, sein Terrain zurückzuerobern und verkümmert zum Schienenbegleitgrün (- eines der wenigen Worte, für die es bei Google bis zum Erscheinen dieses kleinen Artikels nur einen Treffer gab.)
Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (9 Bilder). (In Originalgröße nur für registrierte Nutzer des Forums. Username und Passwort finden Sie - wie gewohnt - hier.)Noch ein Stellwerk: aber die Jalousien sind zugezogen. Das war beim letzten Besuch anders?! Alle Türen zugeschweißt. Ein kleines Fenster hat keine Scheiben mehr - hinein! Stille wie im Krimi. Ist hier jemand? Unter dem früheren Raum mit den Schaltanlagen hat sich jemand in einem kleinen Zimmer ein Zuhause eingerichtet. Eine Toilette existiert, aber ohne Spülung. Was braucht der obdachlose Mensch? Eine Matratze, einen Rucksack, eine große Flasche Wasser, Besteck, ein zweites Hemd, Badelatschen. Welches Schicksal verbirgt sich hier? Der Mensch, der hier lebt, wird nie erfahren, dass sein provisorisches Heim im Internet zu bewundern ist. Und irgendwann kommt vermutlich der Caterpillar und macht sowieso alles platt.
Lieblingsfreundin sammelt wilde Blumen und praktiziert Ikebana. Kaffee, Kuchen. Dann ab. Wie bloggt man über einen Sonntag, an dem außer angenehmen sozialen Geräuschen nicht viel geschehen ist? Da ist ja noch das Internet: mein Kultradio Tropicana 102,9 Fm aus Bogotá, Kolumbien. La Rumba caliente - der Rhythmus, bei dem jeder mit muss. Son las quatro quarenta y seiz. Das hilft über jeden deutschen November hinweg.
------------------------------------------------------------------------------------BURKS ONLINE 14.11.2004 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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