Zwei russische Websites, "Kompromat" ("kompromittierndes Material") und "Utro", haben Videos vom Krieg in Tschetschenien online gestellt. Sie stammen angeblich von Rebellen, die getötet oder gefangen genommen wurden und denen man das Material abgenommen hat. Auf den fünf Videos werden Morde vor laufender Kamera gezeigt, und, wie es heute zur Gewohnheit geworden zu sein scheint, auch eine Enthauptung. Zur Erklärung heisst es: "The e-newspaper "Ytro" and the Center of Foreign Military Information and Communication of the Ministry of Defence of Russia have represented their new project - a series of documentary films about events in the Chechen republic. The "Ytro" newspaper was informed, that these short films are based exclusively on the real facts." Die Filme sind also Propaganda aus russischer Sicht.
Was ist der Unterschied zwischen Videos im Internet und "traditioneller" journalistischer Berichterstattung? Wenn die russische Regierung ihre Sicht hätte darlegen wollen, hätte sie Dokumentarfilme in hoher Qualität herstellen lassen können, anstatt gepixelte Mini-Filme, auf denen Details nur schlecht zu erkennen sind, über Mittelsmänner an die Betreiber sympathisierender Websites zu verteilen. Der Unterschied liegt in der vermeintlichen Authentizität.
Der Trend ist unverkennbar: Wenn Terroristen, Mörder oder auch Rebellen, Revoluzzer oder Fanatiker selbst Grauen erregende Bilder publizieren, reizt das die Surferinnen und Surfer mehr, als pädagogisch wertvolle Medienberichte, die sich anmaßen, die Zuschauer nur mit einem Abklatsch der Realität zu behelligen. Das Publikum will Brot und Spiele, Gladiatorenkämpfe live im Stadion. Die deutschen Medien führen ohnehin nur ein Rückzugsgefecht gegen das Internet. Wer meint, Journalismus bedeute, etwas vorzuenthalten und das damit zu begründen, die Rezipienten seien sittlich gefährdet, steht auf verlorenem Posten. Albern und heuchlerisch ist es allemal.
Natürlich sagen Enthauptungsvideos genau so wenig oder viel über die Wirklichkeit aus wie die Barbara-Salesch-Gerichtsshow über die deutsche Justiz. Man gewöhnt sich ohnehin an alles. Ein intellektuell ansprechender Horror-Film gruselt allemal mehr und sollte Kindern ebensowenig gezeigt werden wie ein Mord live.
Man kann nur begrüßen, dass es diese Art Videos gibt. Der Krieg wird von den Medien nicht mehr in seiner ganzen Grausamkeit gezeigt. Die Bilder des spanischen Malers Goya über die Schrecken des Krieges würden heute die Selbstzensur deutscher Medien gar nicht mehr passieren. Pädagogisch viel nützlicher wäre es, wenn jeder, der das Wort Krieg in irgendeiner Form auch nur hört, und sei es auch mit dem affirmativen Anhängsel "gegen den Terror", gleich würgen und erbrechen müsste, weil ihm Bilder von herausgequollenden Därmen, zerfetzten Kinder, gefolterten Gefangenen, enthauptete Soldaten in den Sinn kommen. Das ist der Krieg, und nur das Internet zeigt ihn, wie er wirklich ist.
Video 1 (Real-Audio-Format, Datei vol1.ram, 6.8 Mb, 11:37) "Die Werwölfe" Video 2 (vol2.ram, 8.1 Mb, 13:53) "Land des Todes"
Video 3 (vol3.ram, 2.1 Mb, 3:35) "Die Banditen"
Video 4 (vol4.ram, 1.6 Mb, 2:48) "Hinterhalte"
Video 5 (vol5.ram, 445 Kb, 0:44) "Minen"
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BURKS ONLINE 10.09.2004
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