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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln
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Verfasst am:
01.09.2004, 20:25 |
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| MEDIEN | | Aktuell | 01. September 2004 |
| | | SPIGGEL.DE-DOSSIER: DJV IN DER KRISE | | | Teil 1: "Hyperventilierende Freizeit-Stalinisten" (Hans-Werner Conen, 26.06.2004)
Teil 2: "Fremdwort Solidarität" (Burkhard Schröder, 27.06.2004)
Teil 3: "Der moderne Herrenmensch liebt Versager" (Hans-Werner Conen, 13.07.2004)
Teil 4: "Kindergarten für Erwachsene" (Jörg Wachsmuth, 14.07.2004)
Teil 5: "Hornberger Schießen, reloaded" (Burkhard Schröder, 21.07.2004)
Teil 6: "Die wichtigsten Fragen und Antworten" (Burkhard Schröder, 01.08.2004)
Teil 7: "Unaufhaltsamer Aufstieg zum Arbeiterführer" (Hans-Werner Conen, 02.08.2004)
Teil 8: "Verein Berliner Journalisten auf der Siegerstraße" (Hans-Werner Conen, 07.08.2004) | |
| | | | DAS BILD DES TAGES | | Während der Revolution in Nicaragua 1979 | | |
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| GRÄUEL-VIDEO IM INTERNET Warum sollte man Morde online zeigen?Von Burkhard Schröder |
Im Irak sind elf Nepalesen grausam umgebracht worden. Die TAZ spricht von einer "Neuen Dimension der Gewalt im Irak". Und natürlich ist ein Video, dass die Tat im Detail zeigt, im Internet vorhanden. Die Diskussion: "Darf man das Video zeigen?" wurde hier schon geführt. Bernd Pickert hat in der TAZ vom 13. Mai gefragt: "Was geschieht mit uns, warum wollen wir so etwas sehen?" Noch einmal: die Videos, um die es hier geht, will in Wahrheit niemand sehen - sie bringen keinen Erkenntnisfortschritt und haben höchstens einen dokumentarischen Wert für Historiker. Es geht darum, ob Medien sich anmaßen, die Rezipienten bevormunden zu wollen. Journalisten dürfen angeblich alles sehen und käuen es dem Publikum pädagogisch wertvoll wieder - in kleinen, verdaulichen Happen, weil sie meinen, weniger sittlich gefährdet zu sein als der Rest der Welt. Noch schlimmer: in diesem Fall tun sie nur so, als ob sie ein Herrschaftswissen hätten. Sie schreiben oft nur voneinander ab: wer "im Internet" sagt und keinen Link als Beweis angibt, sollte schlicht das Maul halten, mit Verlaub.
Die Tagesschau berichtet: "Zwölf im Irak entführte Nepalesen sind ermordet worden. Das geht aus einer Erklärung der islamistischen Entführer-Gruppe Ansar al Sunna hervor, die im Internet veröffentlicht wurde. Auf einem Video war zu sehen, wie einem Mann die Kehle durchgeschnitten wird. Elf weitere wurden mit Kopfschüssen getötet." "Im Internet" wurde also etwas veröffentlicht. Die Frage muss man stellen dürfen: glauben wir der Tagesschau und zahlreichen anderen Medien?
Die Erklärung der Gruppe "Ansar al Sunnah" wurde auf einer Website publiziert, die in Houston, Texas, USA, gehostet wird. Der URL ftp://ribaat.org/videos/New2.WMV funktionierte nur kurz. Im Forum der Website ansarnet.ws - wurde der Link von einem Sympathisanten gepostet. Motto der Seite: "Correct your information about Islam, the Misunderstood Religion". Mit dem Islam haben die Morde jedoch so wenig oder viel zu tun wie die Massenmorde in Kapuchea unter der Herrschaft Pol Pots mit dem Kommunismus von Karl Marx etwas zu tun hatten - rein gar nichts.
Rudolf Balmer kommentiert für die Berner Zeitung "Der Bund": " Dabei zeigt jetzt der Fall der zwölf Nepalesen, die offenbar ohne jede Chance des «Freikaufs» umgebracht wurden, dass dieser Terror nichts mit Frömmigkeit, aber alles mit Fremdenhass zu tun hat. " "Fremdenhass"? Darum geht es überhaupt nicht. "Den Fremden" gibt es nicht, er wird im gesellschaftlichen oder Gruppendiskurs zu einem solchen gemacht. Die Iraker haben nichts gegen Nepalesen, genausowenig wie Tadschiken etwas gegen Chilenen haben. Die Morde sind schlicht ein Instrument des politischen Terrors, reine Willkür, völlig amoralisch und mit nichts zu begründen.
Ich vermute, dass spiggel.de das einzige deutschsprachige Medium ist, das die medienkompetenzen Surferinnen und Surfern selbst entscheiden lässt, wie er oder sie mit Videos umgehen, die mindestens Übelkeit erregen. Und natürlich hat auch niemand die Website der "Ansar al Sunnah" verlinkt. Unsere so genannten Online-Medien setzen voraus, dass die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser alles glauben, was ihnen vorgesetzt wird. Diese paternalistische Haltung passt eher in die fünziger Jahre und zu Förster-im-Silberwald"-Filmen als in das 21. Jahrhundert und zum Zeitalter des Internet.
Die Frage ist also nicht, ob man das Video verbreiten soll, sondern: Wer entscheidet das? Meine Antwort: nicht die Medien, sondern die Rezipienten. Die Medien bieten Informationen, sie haben die Pflicht, nichts wegzulassen oder zu verschweigen, sondern vollständig die Fakten, das Für und Wider, anzubieten. Aber es wird noch lang dauern, bis sich das in Deutschland herumgesprochen hat.
nepal_killing.wmv, ca. 3,3 MB. Nur für registrierte NutzerInnen. Username und Passwort zum Download finden Sie nach der Registrierung hier.
Warnung! Das Video ist extrem grausam und Ekel erregend - selbst ich hatte Mühe, es anzusehen.
Dank an Aaron Weisbud von Internet Haganah, der mir das Video zur Verfügung gestellt hat.
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