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POLIT-LAIEN MELDEN SICH ZU WORT Raus mit Oskar Lafontaine?Von Burkhard Schröder |
Ja, der Oskar Lafontaine ist eben ein Polit-Profi. Wenn er etwas sagt, kann man davon ausgehen, dass er sich etwas dabei denkt. Seine (kostenpflichtige) Botschaft: Wenn sich nichts ändere in der SPD, würde er ab 2006 eine andere Initiative unterstützen. Er hat nicht gesagt welche, und er hat auch nicht gesagt, dass er die SPD verlassen wird. Und er hat auch nicht gesagt, dass er vor der nächsten Bundestagswahl gegen die SPD auftreten werde.
Im Original hört sich das so an: "Wenn Schröder seine gescheiterte Politik bis zur nächten Bundestagswahl fortsetzt, wird es neue linke Gruppierung geben mit dem Ziel, den Sozialabbau rückgängig zu machen. Diese Gruppierung wird dann von mir unterstützt werden." Das haben natürlich die meisten geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser nur überflogen und nicht genau gelesen. Lafontaine sagt: wenn die SPD bei der nächsten Wahl verlöre, hätte er auch nichts mehr zu verlieren. Dann wird er eine andere "Gruppierung" unterstützen. Die schon bestehenden Gruppen, der Verein "Wahlinitiative" und die "Wahlinitiative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit" haben sich vermutlich zu früh gefreut.
Nun kommen die Polit-Laien zu Wort. Zum Beispiel Hans-Peter Kemper, Sprecher der mitgliederstarken nordrhein-westfälischen Landesgruppe der SPD im Bundestag. Der sagte der Welt, wenn Lafontaine nicht von allein gehe, müsse er ausgeschlossen werden. Als Advocatus diaboli gegen die Welt als Wille und Vorstellung schaut man in der Satzung alias Schiedsordnung der SPD nach.
In § 4 Absatz 1 des Organisationsstatutes heisst es: "Die Mitgliedschaft endet durch Tod, Austritt oder Auschluss." In § 6 Absatz 1: "Unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der SPD ist die gleichzeitige Mitgliedschaft in einer anderen politischen Partei. [...] Entsprechendes gilt für Vereinigungen, die gegen die SPD wirken." Der Vorstand entscheidet, mit wem und was es unvereinbar ist, wenn man der SPD angehören will. § 35 Absatz 1 sagt etwas zum Parteiordnungsverfahren aus: nur mit einem solchen Verfahren kann jemand ausgeschlossen werden. Und dann muss man noch die Schiedsordnung studieren. Man braucht ungefähr eine Woche, um sie im Detail zu verstehen und zu behalten. Zum Glück muss alles schriftlich vorgehen, in fünffacher Ausfertigung, wie es sich für die deutsche Leitkultur gehört.
Sehr geehrter Genosse Kemper: wer fordert, jemanden aus einer Partei auszuschließen, der nicht ausgetreten ist und auch nicht in eine andere eingetreten, hat sich nicht informiert. Das ist äusserst schwierig und wird vor Gericht mit allergrößter Wahrscheinlichkeit scheitern, vorausgesetzt, derjenige setzt sich zur Wehr. Daher ist es heisse Luft, wenn jemand so etwas fordert. Oder dumm. Eben passend für Dampfplauderer und Polit-Laien. Profis reden anders. Zum Beispiel so:
"Die SPD ist eine politische Idee. Ich halte es mit Léon Blum, der sagte: Le socialisme cèst une morale, also frei übersetzt: Das Bekenntnis zum Sozialismus ist eine sittliche Entscheidung." Wohl gesprochen und frei übersetzt: Wir Sozialisten sind die Guten, und die anderen sind die Bösen. Und damit hat Oskar natürlich Recht.
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BURKS ONLINE 09.08.2004 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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