Wann endlich kommt Penthesilea?! Das fragt jeder männliche Kinobesucher, der auf starke Frauen steht. Aber Penthesilea kommt nicht nach Troja, sie wurde einfach wegeskamotiert. Homer würde sich im Grabe umdrehen. Stattdessen wechselt Patroklos homophile Blicke mit Achilles. Und dessen Mutter sagt Achilles, wo es langgeht zu Ruhm, Ehre und Unsterblichkeit. Ein Film über eine Männerfreundschaft oder ein Schwulenfilm, nur dass keine Hobbits auftauchen, die anderen kleinen Männern sehnsüchtig nachblicken.
Die sagenhafte Königin der Amazonen wäre doch eine passende Partnerin für Brad Pitt, womöglich dargestellt durch Sigourney Weaver. Make love, then make war. Bei Homer bringt Achilles Penthesilea um, weil die mit ihren Kriegerinnen auf Seiten der belagerten Stadt Troja in den Kampf eingreift. Welch ein Drama hätte man daraus machen können! Und warum, fragt der Hetero, müssen Frauen dumm aussehen, Sklavinnen und Krankenschwestern spielen und penetrant herumheulen? Hat sich die Welt des Sandalenfilms seit Ben Hur nicht verändert?
Wer sich in antiker Mythologie auskennt, wird sich im Film "Troy" ("Troja") gruseln. Es stimmt so gut wie nichts mit der literarischen Vorlage überein, ausser dem Namen der Stadt und der Personen. Der Abspann gibt schüchtern zu, dass der Plot von Homer "inspiriert" worden sei. Mehr aber auch nicht. Lassen wir Hollywood aber die dichterische Freiheit wie auch Homer, der von Ereignissen erzählt, die 400 Jahre vor seiner Zeit stattgefunden haben sollen.
Ein bisschen Nörgeln sei erlaubt. Wie die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser schon ahnen, habe ich mir den Film - in angenehmer weiblicher Begleitung - angesehen. Die Textilien - viel zu kurze Röckchen für Männer und unerotische lange Gewänder für die Damen - sind ungefähr griechisch-römisch, die Schiffe aus dem letzten Wikingerfilm übriggeblieben, die Architektur nicht hethitisch, was den historischen Tatsachen angemessener gewesen wäre, und die Myrmidonen des Achilles rennen gegen die Küste an, als läge die in der Normandie. Gute Action, aber Charaktere wie im Comic Strip.
Das aber ist ein Kompliment, denn bei Homer ist es nicht anders. Epische Helden haben keinen psychologischen Tiefgang, sondern sind Charaktermasken mit zwei oder drei möglichen emotionalen Zuständen. Es ist alles ganz simpel: mächtige Männer kämpfen um mehr Macht. Und andere kämpfen, um unsterblich zu sein. Es geht irgendwie darum, wer den Größten oder die Schönste hat. Der zentrale Satz des Films erklärt alle Kriege dieser Welt: "Krieg ist, wenn junge Männer sterben und alte Männer reden."
Wer Hardcore liebt, muss Homer im Orignal lesen - natürlich die berühmte Übersetzung Johann Heinrich Voss' aus dem Jahre 1781. Und richtig betont - in Hexametern! Die altgriechischen Sänger konnten das Epos auswenig, ein Vortrag dauert fast zwei Tage.
Tobend begann nun nahes Gefecht, und es hallte der Schlachtruf.
Aias der Heldensohn des Telamon streckte zuerst nun
Einen Freund des Sarpedon, den hochbeherzten Epikles,
Mit scharfzackigem Marmor gefällt, der drinnen der Mauer
Groß an der Brustwehr lag, der oberste. Schwerlich vielleicht wohl
Trüg' ihn mit beiden Händen ein Mann, auch in blühender Jugend,
Wie nun Sterbliche sind; doch er schleuderte, hoch ihn erhebend,
Brach ihm des Helms viergipfliges Erz, und zerknirschte zugleich ihm
Alle Gebeine des Haupts; und schnell, wie ein Taucher von Ansehn,
Schoss er vom ragenden Turm, und der Geist verließ die Gebeine.
Teukros traf den Glaukos, Hippolochos' edlen Erzeugten,
Mit dem Geschoss, da stürmend der Mauer Höh' er hinanstieg,
Wo er ihn sah entblößen den Arm, und hemmte die Streitlust.
Schnell von der Mauer entsprang er geheim, dass nicht ein Achaier,
Wenn er die Wund' erblickte, mit stolzer Red' ihn verhöhnte.
Schmerz durchdrang dem Sarpedon die Brust, als Glaukos hinwegging,
Gleich nachdem er es merkte; doch nicht vergaß er des Kampfes;
Sondern er traf Alkmaon, des Thestors Sohn, mit der Lanze
Stoß, und entriss ihm den Schaft; da taumelt' er, folgend der Lanze,
Vorwärts, und ihn umklirrte das Erz der prangenden Rüstung.
Doch Sarpedon mit großer Gewalt anfassend die Brustwehr
Zog, und umher nachfolgend entstürzte sie; aber von oben
Ward die Mauer entblößt, und öffnete vielen den Zugang.
Aias sofort und Teukros begegneten: der mit dem Pfeile
Traf ihm das Riemengehenk, das hell um den Busen ihm strahlte,
Am ringsdeckenden Schild'; allein Zeus wehrte dem Schicksal
Seines Sohns, dass nicht bei den äußersten Schiffen er hinsank.
Aias stach nun den Schild anlaufend ihm; aber hindurch drang
Schmetternd die eherne Lanz', und erschütterte jenen im Angriff.
Weg von der Brustwehr zuckt' er ein weniges; doch nicht gänzlich
Wich er, dieweil sein Herz noch erwartete Ruhm zu gewinnen.
Laut ermahnt' er gewandt der Lykier göttliche Heerschar:
Lykier, o wie vergesset ihr doch des stürmenden Mutes!
Petersen als guter Deutscher legt am Schluss eines Films alles gern in Schutt und Asche, wenn gerade kein Meer da ist, in dem ein Boot absaufen kann. Den Plot für seinen nächsten Film möchte ich ihm hiermit wärmstens empfehlen - das Drehbuch ist nur 800 Jahre alt. Aber gemetzelt wird noch mehr als in "Kampf um Troja", und es bleiben noch weniger am Schluss übrig. Und an starken Frauen herrscht kein Mangel. Wir warten drauf: "Kriemhilds Rache" by Wolfgang Petersen, inspired by the Nibelungenlied.
Die Abbildung Mitte zeigt eine Amazonenkriegerin mit den Waffen einer Frau...
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BURKS ONLINE 18.05.2004 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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