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 [Dossier] Niedergang streng nach Vorschrift Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
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BeitragVerfasst am: 06.03.2004, 01:23 Antworten mit ZitatNach oben





MEDIEN
Aktuell06. März 2004
BURKS' FORUM
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SPIGGEL.DE-DOSSIER I
Dossier: Diskussion über die provokanten Thesen eines DJV-Mitglieds aus Baden-Württemberg
Teil I: "Haben Journalisten-Gewerkschaften noch eine Zukunft?" (21.01.2004, Hans Werner Conen)
Teil II: "Solidarität ist eine Waffe - 12 Thesen für eine starke Gewerkschaft" (31.01.2004, Burkhard Schröder)
Teil III: "Konsens ist Nonsens - anything goes" (09.02.2004, Hans Werner Conen)
Teil IV. "Treu und fördernd" (10.02.2004, Thomas Schelberg)
Teil V. "Den neo-liberalen Teufel austreiben"
Teil VI. "Niedergang streng nach Vorschrift" (06.03.2004, Hans-Werner Conen)
Teil VII. "Ausschluss eines "Arbeiterführers"? (23.05.2004, Hans Werner Conen)
Teil VIII. "Maulheldentum älterer Herren" (18.06.2004, Offener Brief Hans Werner Conens an Michael Konken)
Teil IX. "Jüngschtes Gericht" (25.03.2005, Burkhard Schröder)
SPIGGEL.DE-DOSSIER II
Unter Journalisten 1
Unter Journalisten 2
Unter Journalisten 3
Unter Journalisten 4
Unter
Journalisten 5

Unter
Journalisten 6

- Dossier: Querelen im DJV - Landesverband Berlin.
Vgl. www.recherchegruppe.tk
MEINE ARTIKEL

Ausgewählte Artikel in deutschen und internationalen Print- und Online-Medien von 1990 bis heute
MEDIEN-ARTIKEL AUF SPIGGEL.DE
Chinesisches Internetposting gesucht
Repressalien gegen Sekten-Mitglieder in der VR China
Wir basteln uns eine Terrorismus-Meldung
Die Anschläge in der Türkei
Sex, Landser und Rosamunde Pilcher
Will das Publikum keine seriösen Informationen?
Wir sind alle Illuminaten
Verschwörungstheorien im Internet
FOCUS Online - die Mutter aller Quellen
...und immer an das Urheberrecht denken!
Pimmel auf Busen
Über die russische Mädchen-Band Tatu
MEINE BÜCHER (AUSWAHL)
Aussteiger
Wege aus der rechten Szene [2003]
Nazis sind Pop
2000, erweiterte Neuauflage 2004
Tron - Tod eines Hackers
1999, Linksammlung und Dokumente
Heroin - Sucht ohne Ausweg?
1993, Online-Ausgabe (download), Links
DAS BILD DES TAGES
Barrikaden in Masaya während der Revolution in Nicaragua 1979
WETTER
Nieuw Nickerie (Surinam)
Qulaybiyah (Tunesien)
Norah Head (Leuchtturm) (Australien)
Pjöngjang (Nordkorea)
Barcelona (Catalunia)
One Hundred Fifty Mile House (Kanada)
Bagdad (Irak)
Schrobenhausen (Deutschland)

HABEN JOURNALISTEN-GEWERKSCHAFTEN EINE ZUKUNFT? TEIL VI

Wie Journalisten-Funktionäre am 68er-Stammtisch die Zukunft verpennen

Von Hans Werner Conen

[Zwölf Thesen des Journalisten Hans Werner Conen sorgten für Unmut und auch Unverständnis im DJV Baden-Württemberg. Dort ist Conen Mitglied - ihm droht wegen der Thesen (!) ein Ausschluss. Ich (B.S.) teile seine Meinung nicht, würde aber, um einen berühmten Satz Voltaires zu verwenden, mich dafür totschlagen lassen, dass er sie sagen und verbreiten darf. Auf spiggel.de erschienen bisher: Die Thesen Hans Werner Conens: "...und die Freiheit um jeden Preis!" (21.01.2004), Erwiderung von Burkhard Schröder: "Solidarität ist eine Waffe" (31.01.2004), Erwiderung von Hans Werner Conen: "Konsens ist Nonsens - anything goes" (09.02.2004). Eine offizielle Stellungsnahme des DJV Baden-Württemberg: "Treu und fördernd". Erwiderung von Hans Werner Conen: "Wie der berühmte Arbeiterführer Karl Geibel einmal den neo-liberalen Teufel austrieb" (24.02.2004)]

Ende (als Gewerkschaft) oder Wende (zum Service-Unternehmen)?

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wird über kurz oder lang seine Eigenschaft als tariffähige Gewerkschaft i.S.v. § 2 Abs. 1 TVG verlieren. Erfolgversprechende Mittel der Abwehr dieser Entwicklung sind nicht ersichtlich. Statt sich im aussichtslosen Kampf gegen das Unausweichliche zu verschleißen, sollte der DJV den Wandel aktiv selbst gestalten, solange er noch die Kraft dazu hat. Doch die verbandseigenen Großmogule, die sich und den Mitgliedern vormachen, man könne "Gewerkschaft und Berufsverband zugleich" sein, verschließen ganz fest die Augen vor der Wirklichkeit. Das kann nicht gutgehen.

Eine Arbeitnehmervereinigung muß nach der vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestimmte Voraussetzungen mindestens erfüllen, um tariffähig und Gewerkschaft zu sein. Schon heute erfüllt der DJV verschiedene dieser Voraussetzungen eindeutig nicht, bei anderen ist die Erfüllung zweifelhaft. Aufgrund der absehbaren Entwicklung des DJV wird den Bedingungen für Tariffähigkeit und Gewerkschaftseigenschaft in Zukunft immer weniger genüge getan.

Tariffähig kann nur eine Arbeitnehmervereinigung ("Koalition" i.S.v. Art. 9 Abs. 3 GG) sein, deren satzungsmäßige Aufgabe die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder als Arbeitnehmer ist. Es kommt also auf das Rechtsverhältnis an, in dem ein Beruf ausgeübt wird, und nicht auf die Art des Berufs. Kriterium für die Aufnahme in den Verband ist die Hauptberuflichkeit der journalistischen Tätigkeit, nicht die Arbeitnehmereigenschaft. Der DJV ist schon nach seiner Satzung keine Arbeitnehmervereinigung.

Eine Arbeitnehmervereinigung und Gewerkschaft muss auch tatsächlich aus Arbeitnehmern bestehen und darf jedenfalls nicht zahlenmäßig überwiegend Nicht-Arbeitnehmer zu Mitgliedern haben. Die Mitgliedschaft des DJV besteht aber schon seit längerem großenteils aus freien Journalisten, also regelmäßig selbständigen Unternehmern. Der DJV ist somit auch tatsächlich ein Berufsverband, der neben anderen auch Arbeitnehmer zu Mitgliedern hat. Es ist zumindest zweifelhaft, ob dies für den Gewerkschaftsstatus genügt.

Tariffähigkeit setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung "Gegnerfreiheit" voraus. Gegnerfreiheit bedeutet: Personelle und finanzielle Unabhängigkeit vom "sozialen Gegenspieler", also z.B. von Unternehmern bzw. Arbeitgebern. Unter den Gewerkschaftsmitgliedern dürfen folglich nicht solche sein, die gegenläufige soziale Interessen haben, z.B. weil sie Arbeitgeber sind.

Rechtlich ungeklärt ist, welche Folgen es für die Tariffähigkeit einer Gewerkschaft hat, wenn die Mehrheit der Mitglieder Nicht-Arbeitnehmer sind, diese die Gewerkschaft überwiegend finanzieren und durch ihre Überzahl deren Politik bestimmen (können). Zwar sind Selbständige als Unternehmer nicht automatisch auch Arbeitgeber, doch spricht eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür, daß dies in vielen Fällen so ist. Im übrigen liegt auf der Hand, daß Freie Journalisten und Journalisten mit Arbeitsvertrag per se "soziale Gegenspieler" sind, die gegenläufige Interessen haben, weil von Arbeitgebern an Festangestellte gezahlte Gehälter die für Freie Journalisten zur Verfügung stehende Honorarsumme reduzieren und umgekehrt. Eine Organisation aber, die "soziale Gegenspieler" in ihren Reihen hat, ist nicht gegnerfrei.

Die Rechtsprechung fordert von Arbeitnehmervereinigungen, die tariffähig und Gewerkschaft sein wollen, Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler ("Mächtigkeit"). Die Durchsetzungskraft ist zunächst an der Mitgliederstärke und ihrer Streuung im satzungsmäßigen Organisationsbereich zu messen. Im Falle des DJV ist nur auf die Mitglieder abzustellen, die Arbeitnehmer sind; bundesweit dürfte es sich um ca. 15.000 Personen handeln. Bezogen auf die Beschäftigten in der Medienindustrie sind demnach weniger als fünf Prozent davon im DJV organisiert. Angesichts solcher Zahlenverhältnisse hat die Rechtsprechung schon in mehreren Fällen die Gewerkschaftseigenschaft verneint ("Keine Repräsentativität").

Die Tatsache, daß der DJV Tarifverträge abschließt, ist für sich noch kein Indiz für Mächtigkeit. Es kommt auf die tatsächliche Durchsetzung an. Diese kann aber eine Arbeitnehmervereinigung mit nur wenigen Mitgliedern regelmäßig nicht gewährleisten. Der DJV beklagt selbst immer weitreichendere Abweichungen von bestehenden Tarifverträgen und sieht "das Tarifsystem vor der Auflösung" (lt. Hauptgeschäftführer Engeroff). Die Tarifrunde 2003/2004 für Zeitungsredakteure, die eine klare "Minus-Runde" war, hat gezeigt, daß der DJV zwar noch vereinzelt Streikaktionen organisieren kann, diese aber die Arbeitgeber nicht mehr unter Druck setzen können; trotz monatelanger Streiks ist keine einzige Zeitungsausgabe ausgefallen. "Mächtigkeit" sieht anders aus.

Tariffähigkeit und Gewerkschaftseigenschaft des DJV scheitern vermutlich daran, dass der Verband nicht "mächtig" im Sinne der Rechtsprechung ist. Die Rechtsprechung fordert von Arbeitnehmervereinigungen, die tariffähig und Gewerkschaft sein wollen, eine ausreichende Leistungsfähigkeit der Organisation. Der DJV erfüllt als Organisation nicht die Aufgaben, die von einer tariffähigen Gewerkschaft erwartet werden. So verfügt der DJV nicht über hinreichend Fachpersonal zur Analyse und Bewertung wirtschaftlicher Zusammenhänge; ebensowenig gibt es genug Fachkräfte zur Durchführung und Überwachung der Anwendung von Tarifverträgen. Die geringe Zahl der hauptamtlichen Funktionäre des DJV (im Landesverband Baden-Württemberg sind das der Geschäftsführer und die Ehefrau des Vorsitzenden) genügt den Anforderungen der Rechtsprechung bei weitem nicht.

Die Entscheidung über die Gewerkschaftseigenschaft des DJV trifft das Arbeitsgericht im Beschlussverfahren, in dem von Amts wegen die relevanten Sachverhalte ermittelt werden müssen, wobei den DJV eine umfangreiche Mitwirkungs- und Darlegungspflicht trifft. In der - mutmaßlich - wichtigen Frage, wieviele Mitglieder der DJV in welchen Organisationsbereichen hat, wird der Verband kaum belastbaren Angaben machen können, weil er die Informationen wohl selbst nicht hat. Das bedeutet, dass z.B. der DJV Baden-Württemberg die Behauptung, von ihm abgeschlossene Tarifverträge umfaßten 60 Prozent seiner Mitglieder, nicht beweisen kann. Auch den Nachweis, daß die Tarifverträge tatsächlich eingehalten werden, kann der DJV offenbar nur in Einzelfällen, nicht aber flächendeckend führen. Damit verletzt er seine Mitwirkungspflicht, was zu seinen Lasten geht.

Zuständig für die Entscheidung über die Frage, ob eine Gewerkschaft i.S.v. § 2 Abs. 1 TVG gegeben ist, wäre das Arbeitsgericht am jeweiligen Sitz der (selbständigen) Landesverbände; für den DJV Baden-Württemberg also Stuttgart. Das dortige Arbeitsgericht hat am 12. September 2003 durch Beschluss festgestellt, daß die "Christliche Gewerkschaft Metall keine tariffähige Gewerkschaft im arbeitsrechtlichen Sinne ist." Andere Arbeitsgerichte haben zuvor schon anderen Arbeitnehmervereinigungen den Gewerkschaftsstatus abgesprochen. Dies ist regelmäßig aufgrund entsprechender Anträge von DGB-Gewerkschaften erfolgt, die so konkurrierende kleine Gewerkschaften vom Markt verdrängen und sich selbst das Monopol der Arbeitnehmervertretung verschaffen wollen.

Vor diesem Hintergrund ist die Annahme durchaus nicht fernliegend, daß z. .B. eine mit dem DJV konkurrierende Organisation über kurz oder lang bei Gericht die Feststellung beantragt, dass der DJV keine Gewerkschaft ist. Bei Würdigung der Sachverhalte und der seit Jahrzehnten sehr DGB-freundlichen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte (viele Arbeitsrichter sind DGB-Mitglieder; die in Stuttgart auch) muß der DJV damit rechnen, einen solchen Prozess zu verlieren. Und was dann?

Es ist nicht zu sehen, daß der DJV darauf eine Antwort weiß; ebensowenig gibt es offenbar auch nur im Ansatz eine Strategie, mit der auf den rapiden Ansehens- und Einflußverlust der Gewerkschaften reagiert werden soll. Bei einem Mitgliederstand von nur noch ca. 18 Prozent der Arbeitnehmerschaft sind Gewerkschaften immer bedeutungslosere Minderheitenorganisationen. Aus Jägern sind längst Gejagte geworden; kaum ist eine Auffangposition bezogen ("Bis hierher und nicht weiter!"), müssen die Gewerkschaften - inklusive DJV - sie auch schon wieder räumen.

Besonders eindrucksvoll ist die Naivität mancher "Arbeiterführer", die flammende Klassenkampf-Reden halten ("Wenn der Kapitalismus sein Profil zeigt ... , dann endet die 600-jährige Geschichte der Medien und die kurze Geschichte deutscher Demokratie.") und tönen, wegen der steigenden Mitgliederzahl im DJV gebe es keine Krise. Wenn man sich da mal nicht täuscht. Eigentlich müßten die Verbands-Granden wissen, dass die vielen neuen Mitglieder ja gerade das Problem sind, denn sie sind weit überwiegend Selbständige, während die Angestellten immer weniger werden - und eben das bringt die Noch-Gewerkschaft DJV in Existenznot.

Merke: "Alles muß sich ändern, damit es bleiben kann, wie es ist." (Guiseppe Tomasi di Lampedusa, Il Gattopardo)

Hans Werner Conen erreichen Sie unter
Telefon 0033 388 495989
Telefax 0033 388 495985
E-mail alea@wanadoo.fr
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