[NETZ]KULTUR | | Aktuell | 08. Januar 2004 |
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> OVIDS LIEBESKUNST Vieles bleibe den Männern am besten verborgenVon Publius Ovidius Naso (43 v. Chr. - 17 n. Chr.) |
Leis noch ein Wörtchen ins Ohr den unerfahrenen Schönen,
Süß nur zu duften in den Achselhöhlen - das rat ich
Und zu entfernen, was überflüssig an Haarwuchs.
Doch um Verzeihung! Mein Rat gilt ja den Töchtern von Rom
Und nicht der wilden Schar aus kaukasischen Bergen
Oder der mysischen Frau, als ungebildet bekannt.
Kaum zu erwähnen brauch ich, dass es so schicklich wie nützlich,
Morgens die Lippen zu netzen und sich die Zähne
Zu halten in tadelloser Erscheinung. Das wisst ihr.
Zart auch und weiß könnt ihr Schlauen das Antlitz euch malen
Oder mit lieblichem Rot, wenn die Natur es versagt.
Artig versteht ihr die Augenbrauen zu schwärzen
Und alle Spuren der Jahre geschickt zu verwischen.
Über die Mittel und Wege, schöner zu scheinen
Oder den Jahren zum Trotz sich zu erhalten die Jugend
Hab' ich ein Büchlein verfasst. Euch sei es empfohlen,
Blättert darin. Ihr alle, die Schönheit entbehrtet,
Lest mit Verstand! Hilfe und Trost bietet gefällig die Kunst.
Solches Geheimnis jedoch, liebliche Schöne, bewahr es,
Niemand erfahre, was Tiegel und Töpfchen enthalten
Lasse dich nie überraschen, ehe vollendet dein Werk.
Darin liegt größte Kunst, den Schein der Kunst zu vermeiden,
Geht nicht enttäuscht der zärtlich schmachtende Jüngling,
Sieht er die Schminke träufeln des Morgens vom Antlitz?
Manchem verhasst sind scharf riechende Salben, wie Ösop
- Unerfreulich, obwohl sehr kostbar und griechisch. -
Seid ihr allein, so bessert und schminket und glättet,
Unsere Blicke jedoch verschont mit dem mühsamen Aufbau.
Denkt an die Werke, die Myrons Hand so herrlich gemeisselt.
Ehe die Kunst sie gewann, waren sie steinerne Blöcke.
Jenes Geschmeid, dies Ringlein brauchte das Hämmern des Goldschmieds.
Herrlichste Wolle, so weich und reich in den Falten,
Trug sie nicht einst auf dem Rücken das schmutzige Schaf?
Roh war der Stein und grob, eh ihm Venus entstiegen,
Lockende Glieder beut er dem Blick und sinnige Haartracht.
Lass uns nur glauben, du seist noch vom Schlafe befangen,
Während du fleißig dich mühst im Dienste der Schönheit.
Willst du denn allen verkünden, woher die Wangen so weiß dir?
Schließe dein Schlafgemach zu und macht nicht kenntlich den Trug!
Vieles bleibe den Männern am besten gänzlich verborgen,
Klugheit und Vorsicht gebieten's. So lehrt die Erfahrung.
Prachtvoll erscheint dir wohl oft, was glänzt wie Gold im Theater.
Flitter nur sind es, leicht an die Bretter geheftet.
Drum ist der Zutritt zur Bühne der Menge verboten.
Lernet fürs Leben vom Spiel und schützt das Geheimnis.
Männlichem Auge gönnt nur das eine. Lasst euch bewundern,
Wenn auf den Schultern wallt am frühen Morgen das Haar
Und mit dem kostbaren Kamm die Zofe es hechelt.
Doch ich empfehle hier streng, die gute Laune zu wahren.
Sieh, dass vor deinem Zorn nicht dein Mädchen erbleiche,
Hassenswert ist uns allen die wildgewordene Megäre,
Die ihrer Zofe das Antlitz zerkratzt und die Ärmste
Sticht in den Arm, dass sie aufschreit, mit spitziger Nadel.
Höllischen Mächten weiht diese die Herrin im stillen,
Feuchtet mit Tränen und Blut schrecklich die ringelnden Locken.
An des Gemaches Schwelle aber setze den Hüter,
Hast du der Haare nur wenig, und wehre den Zutritt.
Denkt, es geschah mir einst, zu einer Schönen zu dringen,
die in der Eile für den Empfang nicht bereit war
Und über das Haupt sich verkehrt die Perücke gestülpt hat.
Möge solch Unfall nur unserer Feindin beschert sein!
Übel zu sehen ist blattloser Baum, verwüstetes Feld,
Doch ein Kahlkopf nicht minder. Verstecke geschickt ihn!
Ars amatoria ("Liebeskunst"): Lehrgedicht in drei Büchern. Buch 3 - angeblich auf das Drängen der Frauen hin verfasst - überträgt die Ratschläge, wie man die Liebe gewinnt und erhält, auf die Bedürfnisse der Leserinnen, insbesondere darauf, wie man Männer in sich verliebt macht. (alle vor 2 n. Chr. entstanden)
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