[NETZ]KULTUR | | Aktuell | 28. Dezember 2003 |
|
| |
NORDKOREA IM INTERNET Juche onlineVon Burkhard Schröder |
Juche! ist nicht etwa ein Torschrei oder ein Freudenruf angesichts eines besonders netten Weihnachtsgeschenkes oder ein Jubelruf geneigter Leserinnen und wohlwollender Leser, die das neue Outfit von spiggel.de bewundern, sondern ein Kürzel für eine Weltanschauung - die zwangsweise verordnete nordkoreanische Staatsdoktrin.
Der Berliner Tagesspiegel hat investigativ recherchiert: ein Berliner Unternehmer wird Nordkorea online bringen. " Es hat kein Internet, nicht einmal eine Länderdomain und auch keine Website. Im Informationszeitalter ist das in etwa so, als wäre das Land überhaupt nicht da." schreibt das Blatt, und natürlich ist dort kein einziger Link.
Man darf sich selbstredend nicht von Websites wie der Koreanischen Demokratische Volksrepublik in die Irre führen lassen - das sind Sektierer einer "Kommunistischen Partei", welche der zahllosen Abspaltungen voneinander auch immer. Das Thema und Nordkorea als solches wurde auch hier in unserem kleinen Familienforum schon einmal durchgehechelt. Auf Koryo Tours werden zahlreiche Links angeboten. Die Firma sitzt übrigens in China, sagt whois: "Kindly Commercial Center, 9 Jianguomenwai Dajie, Beijing".
Die offizielle Nachrichtenagentur "Central News Agency of Democratic People's Republic of Korea" verrät uns, dass der 27. December 2003 auf nordkoreanisch "Juche 92" heisst. So ganz stimmt es also nicht, das das Land keine Website besitzt. Die nordkoreanische Botschaft in Berlin hat die Telefonnummer +49 +30 229 31 89. Man könnte ja fragen, ob man dort einen nordkoreanischen Link kennt. Die Firma des Berliner Kaufmanns steht auch im Telefonbuch, dieselbe Adresse.
Übrigens: "Server und Verschlüsselungssysteme dürfen nicht nach Nordkorea exportiert werden - man könnte die Technik auch militärisch nutzen." schreibt der Tagesspiegel. Das ist garantiert Unfug. Linux komplett, PGP, SSL oder was auch immer können auch militärisch genutzt werden. Und wer will wie jemanden daran hindern, CDs und Hardware nach Pjöngjang zu schaffen? Immerhin gibt es in der nordkoreanischen Hauptstadt schon ein Internet-Cafe. Auch Privatleute können in Nordkorea Mails verschicken. Die werden aber nach Datenmenge berechnet und sind daher unerschwinglich: 1600 Kilobyte kosten 9,50 Dollar. Den Versand organisiert die Firma aus Shenyang.
Nordkoreas stählernder Charme wurde von einem Kollegen schon genüsslich beschrieben, die Kunst alias Politkitsch betreffend. Über den grossen liebreizenden gnadenreichen allumfassend wissenden Führer Kim Il Jong II gibt es genug Infos. Und wer ein wenig recherchiert, trifft auf das koreanische Korea Network Information Center. Aber die sitzen im Süden, in Seoul und dürften nicht der richtige Ansprechpartner sein. Nordkorea hat die top level domain kr, während Südkorea unter kp zu erreichen ist.
Telepolis ist wie üblich gut informiert und hat schon vor einem knappen Jahr darauf hingewiesen, dass für die root zone kein Registrar vorhanden ist. Man darf gespannt sein, wie das der Berliner Kaufmann hinkriegen will - der Server soll in Deutschland stehen. Also dann doch - wie gehabt - www.democratic-peoples-republic-of-korea.de? ---------------------------------------------------------------------------------------
BURKS ONLINE 28.12.2003 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
|